Mit der Hand gepflückt

Astrid Sommer nutzte im September beinahe jede regenfreie Stunde zum Pflücken der Aroniabeeren. (c) Silvia Kölbel
Agrarpraxis
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Die diesjährige, unerwartet große Ernte an Aroniabeeren – zweieinhalb Tonnen – hat Astrid Sommer überrascht. An den Herausforderungen ihres neuen Zweitjobs ist die Plauener Nebenerwerbslandwirtin gewachsen.

Von Silvia Kölbel

Als sich Astrid Sommer vor vier Jahren entschied, eine Aronia-Plantage in Plauen im sächsischen Vogtland mit 6.000 Pflanzen anzulegen, war ihr nicht bewusst, welche Lawine an Arbeit da auf sie zurollt. „Den Aufwand habe ich unterschätzt. Ich dachte, das Mähen, Ernten und Verarbeiten beschränkt sich auf wenige Wochen im Jahr und das müsste doch zu schaffen sein.“

Zu schaffen ist es auf alle Fälle, aber die Nebenerwerbslandwirtin, bis dato ohne Erfahrungen auf diesem Gebiet, muss nun deutlich mehr Zeit in ihren Nebenerwerbsbetrieb investieren als gedacht – vor allem dieses Jahr. Die Büsche lieferten erstmals einen nennenswerten Ertrag von rund 2,5 t. Diesen pflückte die 53-Jährige mit Unterstützung ihrer Familie per Hand. Bis Ende September waren alle Beeren vom Strauch.

(c) Silvia Kölbel

Schwarz glänzen die auch als Apfelbeeren bezeichneten Früchte, die botanisch gar keine Beeren sind. Die Aronia-Pfl anze gehört zu den Rosengewächsen.

Schwarz glänzen die auch als Apfelbeeren bezeichneten Früchte, die botanisch gar keine Beeren sind. Die Aronia-Pflanze gehört zu den Rosengewächsen. (c) Silvia Kölbel

Aronia-Direktsaft ist eines der wichtigsten Produkte im Sortiment.

Aronia-Direktsaft ist eines der wichtigsten Produkte im Sortiment. (c) Silvia Kölbel

(c) Silvia Kölbel

Aronia-plantage plauen: Vielfältige Produkte

Die Früchte verarbeitet Astrid Sommer, auch mit Unterstützung ihres Mannes Frank, zu verschiedenen Produkten: Direktsaft, Aroniapulver, Aroniakapseln, Trockenbeeren, Fruchtaufstriche, Likör, Salz und zwei Sorten Gin. Letzterer hat Nummern als Produktname: 08527 und 08523. „Das sind die Postleitzahlen von Plauen“, erklärt Astrid Sommer ihr kreatives Bekenntnis zu ihrer Heimatstadt.

Die Idee, Gin zu produzieren, entstand wie die meisten Produktideen im Familien- und Freundeskreis: „Wir trinken gerne Gin und so entwickelten wir zwei Sorten: eine etwas herbere mit Koriander und eine fruchtige mit Rosenblüten.“ Die Beeren verarbeitet die Landwirtin in eigenen Gewerberäumen, die sie für diese Zwecke ausgestattet hat, u. a. mit einer Saftpresse und einem Kapselautomaten.

begleitende Krebstherapie

Den Aroniabeeren wandte sich Astrid Sommer auf der Suche nach natürlichen Präparaten zur begleitenden Krebstherapie zu. Als in der Familie eine solche Erkrankung auftrat, wollte sie helfen. „Ich bin immer wieder bei den Aroniabeeren gelandet.“ Astrid Sommer, die vorher im eigenen Garten Obst und Gemüse für die Familie anbaute, war so von den Möglichkeiten des Wildobstes aus Nordamerika begeistert und überzeugt, dass sie sich sicher war, dass sich daraus ein Geschäftsmodell entwickeln lassen müsste.

Sie pachtete 1,9 ha landwirtschaftliche Fläche gegenüber einem Gewerbegebiet in Plauen, direkt neben einer gut frequentierten Bundesstraße. Dort bietet sie die Beeren während der Ernteperiode zum Selbstpflücken an und verkauft in einem kleinen Laden direkt vor Ort ihre Produkte. Mehrere Geschäfte der Umgebung nehmen ihre Aronia-Kreationen ab. Ihr kleines Geschäft „Vogtland Aronia“ versorgt sie energetisch mit einem Notstromaggregat. So kann sie das ganze Jahr über sonnabends von 9 bis 15 Uhr öffnen. Ihre Kunden sind vielfach Krebs- bzw. Bluthochdruckpatienten oder Diabetiker, aber natürlich auch Genussmenschen oder solche, die einfach etwas für ihre Gesundheit tun wollen.

Aroniabeere: kein Naschobst für Jedermann

Der Geschmack der Aroniabeere ist herb-säuerlich, weshalb sie nicht für jedermann zum Naschobst taugen. Doch da Geschmack bekanntermaßen unterschiedlich beurteilt wird, vergibt Astrid Sommer der Aroniabeere in Sachen Geschmack gute Noten: „Mir schmecken die rohen Früchte.“

Da die jungen Büsche erstmals 2019, zwei Jahre nach der Pflanzung, einen Ertrag von 1,5 t Beeren lieferten, fehlt Astrid Sommer bislang die Erfahrung zur Vermarktung größerer Mengen. Diese, hofft sie, ab diesem Jahr sammeln zu können. 2020 fiel die Ernte, bedingt durch die Trockenheit, bescheiden aus. „Ich habe anderthalb Wochen gepflückt. Dann war ich fertig. Die Beeren litten unter der Trockenheit, waren klein und vertrockneten schon am Strauch“, beschreibt sie die Probleme ihrer noch jungen Aronia-Plantage in Plauen.

Anspruchslose Pflanze

Dabei können die Wildpflanzen eigentlich gut mit widrigen Umweltbedingungen umgehen. Sie stellen wenig Ansprüche an den Boden, sind kaum anfällig gegen Krankheiten und benötigen daher keinerlei Pflanzenschutz. Auch mit Düngemitteln kann die Landwirtin sparsam umgehen. „Ich dünge lediglich im Frühjahr ein wenig Hornmehl, das genügt.“

Das gilt auch für die ertragreiche Kultursorte Nero, die Astrid Sommer gepflanzt hat. Nach dem Pflanzen zeigten die Büsche, bedingt durch die vorherige Trockenheit, in diesem Jahr erstmals ein nennenswertes Wachstum. Doch auch unerwünschte Wildpflanzen schossen dazwischen in die Höhe. „Da die Reihen noch nicht geschlossen sind, reichte Mähen nicht aus. Per Hand musste ich die Büsche freischneiden.“ Astrid Sommer hofft, dass sich in den Folgejahren die Handarbeit verringert. Ziel sei es, die Beeren eines Tages maschinell zu ernten und dafür die Büsche, die bis 2 m hoch werden können, auf 1,50 m zu begrenzen. Dem Unkrautproblem will sie durch Mulchen mit Holzhäcksel beikommen.

Anbau ist biozertifiziert

Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln kommt für Astrid Sommer ohnehin nicht infrage. Sie stellte gleich mit der Gründung ihres Betriebes „Vogtland-Aronia“ den Antrag auf Einstieg in die Ökolandwirtschaft. Dieses Jahr kann sie zum ersten Mal ihre Früchte und die daraus hergestellten Produkte mit dem europäischen Biosiegel versehen. Neben dem Unkraut bekam es die Aronia-Anbauerin in diesem Jahr mit seinem regenreichen Sommer erstmals mit Heerscharen von Schnecken zu tun. Da half nur pflücken, so viel und so schnell wie möglich. „Ein Teil der Zweige hatte sich unter dem Gewicht der Früchte auf den Boden gesenkt. Ich musste also wenigstens so viele Beeren abnehmen, dass sich die Äste wieder aufrichteten und unerreichbar für die Schnecken waren.“

60 kg Beeren schaffte Astrid Sommer pro Tag zu pflücken. Ihre Hände und auch ihre Kleidung waren danach lila eingefärbt vom Pflanzenfarbstoff Anthocyan, der ganz wesentlich den Gesundheitswert der Beeren bestimmt.

Astrid Sommer ist an den Herausforderungen, die das Bewirtschaften der Aronia-Plantage in Plauen stellt, gewachsen. Rückenbeschwerden, die sich anfänglich einstellten, wurden mit jedem Pflücktag besser, sodass sie jetzt sagt: „Das Pflücken ist eine angenehme Arbeit und ein schöner Ausgleich zu meinem Bürojob. Ich kann während des Pflückens Musik oder ein Hörbuch hören.“ Hauptberuflich ist Astrid Sommer teilzeitbeschäftigt in der Biobranche tätig.

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