Umsetzung der DüV im Freistaat: Ungewisse Aussichten

Fotomontage (c) Sabine Rübensaat
Agrarpraxis
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Schon im Vorjahr war der Ärger groß, als das sächsische Landwirtschaftsministerium die Umsetzung der Düngeverordnung (DüV) in Sachsen bekannt gab – und mit rund 130.000 ha fast 15 % der landwirtschaftlichen Fläche im Land zum roten Gebiet erklärte. Das war zwar schon einiges weniger als die 170.000 ha der Erstausweisung, aber im Vergleich zu anderen ostdeutschen Ländern immer noch viel.

Der Ärger könnte indes noch größer werden. Inzwischen wachsen die Sorgen, dass die EU-Kommission die Bundesrepublik zu noch schärferen Vorgaben zwingt. Darauf machte der Leiter des Referates Pflanzliche Erzeugnisse und landwirtschaftlicher Ressourcenschutz im Landwirtschaftsministerium, Jörg Müller von Berneck, vorige Woche bei der Winterversammlung der Interessengemeinschaft der Erzeugerzusammenschlüsse in Sachsen (IGE) in Limbach-Oberfrohna aufmerksam. Die Kommission habe Fragen und Kritik zur Umsetzung der Düngeverordnung in Sachsen, die von den Bundesländern auf Basis der durch den Bund verbindlich vorgegebenen Allgemeinverordnung erfolgte, vorgebracht. Einiges habe man klären können, etwa warum Messstellen nicht immer direkt im roten Gebiet liegen.

Bei anderen Punkten bestehe die Kritik weiter – mit wenig Aussicht auf Lösung. Moniert wurde aus Brüssel neben einer Reihe anderer Punkte, dass die Fläche der ausgewiesenen Nitratgebiete in Deutschland aufgrund der Binnendifferenzierung so stark geschrumpft sei.

Nitratwerte könnten trotz verringerter Düngung ansteigen

Zudem kritisiert sie, dass bei der Anwendung der Binnendifferenzierung von den Bundesländern unterschiedliche Verfahren angewendet wurden. Angesichts der Strafzahlungen von rund 800.000 Euro pro Tag, die der Bundesrepublik wegen des Vertragsverletzungsverfahrens drohen, rechnet Müller von Berneck damit, dass die neue Bundesregierung der EU-Kommission weit entgegenkommen wird. „Wir werden uns nächstes Jahr wahrscheinlich wieder mit dem Thema beschäftigen müssen“, sagte er.

Vertragsverletzungsverfahren wegen der Nitrat-Richtlinie werden nicht nur gegen Deutschland, sondern aktuell auch gegen Belgien, Frankreich, Italien und Spanien geführt. Völlig offen ist, ob die Einschränkungen im ersten Jahr der neuen DüV bereits zu Ergebnissen geführt haben. Die Frage sei, wie sich die zurückliegenden Trockenjahre auswirken, so der Referatsleiter. Es könne auch sein, dass die Nitratwerte trotz verringerter Düngung erst einmal ansteigen. „Natürliche Prozesse bilden sich nicht immer linear ab“, verdeutlichte Müller von Berneck. Vorgänge in der Natur ließen sich nicht per Gesetz regeln.

Nach wie vor stehen viele Details in der Kritik der Landwirte. Etwa die Emissionsmodellierung, in die nicht den Tatsachen entsprechende Annahmen einfließen, wie von Betroffenen bemängelt wird. Dass es hier erhebliche Ungenauigkeiten und Pauschalisierungen geben dürfte, ist ein Umstand, der auch im Ministerium angekommen zu sein scheint.


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Jahrelanges Verschleppen

Den Einwand, dass Gegenden zu roten Gebieten erklärt wurden, die seit Jahrzehnten der Trinkwassergewinnung dienen, ordnete Müller von Berneck jedoch ein: Die Nitratbelastungen beträfen obere Grundwasserschichten, es sei eine Frage der Zeit, bis diese in die Bereiche durchdringen, aus denen Trinkwasser gewonnen werde. Gelöst werden können diese Probleme nur, wenn für jeden Betrieb gemeinsam mit den Landwirten passende Antworten gefunden werden.

Der Referatsleiter versicherte zudem, dass der sächsische Landwirtschaftsminister für eine sachgerechte Lösung eintrete. Dass die Düngeverordnung mit großer Eile und in dieser Schärfe eingeführt wurde, sei auch Ergebnis des jahrelangen Verschleppens dieser Angelegenheit durch Bundespolitik und Verbände. Die Nitratrichtlinie existiert seit 1991, die bestehenden Probleme sind seit 1993 bekannt.

DüV: Keine Rücksicht auf geografische gegebenheiten

Als Anpassungsoptionen für betroffene Landwirte zählte Müller von Berneck unter anderem die Nutzung von Verfahren zur exakten Düngebedarfsermittlung, optimierte Technik und teilflächenspezifische Ausbringung, maximalen Zwischenfruchtanbau und die differenzierte N-Reduzierung einzelner Schläge und Fruchtarten im Nitratgebiet. Im Vordergrund müsse immer stehen, N-Austragungen zu vermeiden, um die Gefahr weiterer Verschärfungen zu vermeiden. Dass die geografischen Gegebenheiten, die hierzulande eher Trockenheit begünstigen, den sächsischen Landwirten nicht entgegenkommen, weiß man im Agrarministerium. Die DüV nimmt darauf jedoch keine Rücksicht.

Normenkontrollverfahren gegen sächsische Umsetzung der DüV

Derweil bereiten Sächsischer Landesbauernverband, Land schafft Verbindung Sachsen und der Verband Familienbetriebe Land und Forst Sachsen und Thüringen ein Normenkontrollverfahren gegen die Umsetzung der Düngeverordnung in Sachsen vor. Anfang Dezember soll der beauftragte Gutachter seine Ansätze vorstellen, danach werden wohl die Anträge vor Gericht eingehen. Aufwind dürfte die Klägergemeinschaft durch das Urteil des Greifswalder Oberverwaltungsgerichtes verspüren. Die Richter hatten am Freitag voriger Woche die Düngelandesverordnung von Mecklenburg-Vorpommern für ungültig erklärt.


© Sabine Rübensaat

Düngelandesverordnung für unwirksam erklärt

In einem „Musterverfahren“ zu mehreren Normenkontrollanträgen hat das Oberverwaltungsgericht Greifswald die Düngeverordnung von 2019 und 2020 in Mecklenburg-Vorpommern für unwirksam erklärt. Eine Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen. mehr


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