Uckermärker in Brandenburg: Eine Rasse mit Potenzial
In schwierigen Zeiten spricht vieles für den Einsatz von Uckermärkern. Davon überzeugten sich Züchter im brandenburgischen Betrieb Teickner. Zur Jahresversammlung zog die Interessengemeinschaft eine Bilanz.
Von Wolfgang Herklotz
Uckermärker gelten als sehr bodenständig. Dies betrifft nicht nur auf die Bewohner des Brandenburger Landkreises, sondern auch auf die gleichnamige Fleischrindrasse. In Kombinationskreuzung von Tieren der Rasse Fleckvieh, als Genotyp 06 bezeichnet, und der Rasse Charolais (Genotyp 07) in DDR-Zuchtbetrieben ging vor mehr als drei Jahrzehnten der Genotyp 67 hervor.
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Ückermärker Genotyp 67
Allerdings dauerte es drei Rindergenerationen bis zur vollständigen Entwicklung. Es erwies sich seinerzeit als sehr aufwendig, passende Fleckviehzuchttiere aufzutreiben. Nach der Wende bestand die Gefahr, dass der Genotyp 67 in Vergessenheit geriet, weil man ihn als Gebrauchskreuzung betrachtete und damit als nicht mehr herdbuchfähig. Es brauchte viel Engagement von Züchtern und Wissenschaftlern, bis die Rasse Uckermärker offiziell Anerkennung fand. Das war 1993 und die Benennung kein Zufall: Ihr Grundstein war im uckermärkischen Tierzuchtgut Criewen-Flemsdorf gelegt worden.
Uckermärker Rinder: Ein Produkt der Kreuzungszucht
Die Rinderrasse Uckermärker stammt aus Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Als Produkt der Kreuzungszucht entstanden mit ihnen Rinder, die sich durch hohe Tageszunahmen und gute Milchleistungen auszeichneten. mehr
Uckermärker vielfach bewährt und geschätzt
Längst hat sich die Rasse in vielen Betrieben Nordostdeutschlands und darüber hinaus bewährt. Mutterkuhhalter schätzen an den zumeist hellen bis leicht bräunlichen Tieren, dass sie in der Regel sehr gutmütig und frohwüchsig sind.
Zudem gibt es kaum Probleme beim Abkalben. Auch die Fleischqualität der Uckermärker wird von Kunden namhafter Steakhäuser und Burger-Läden geschätzt. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie derzeit spricht vieles für einen gezielten Einsatz der Rasse.
Jahresversammlung: Besuch auf dem Familienbetrieb Teickner
Davon konnten sich die Teilnehmer der jüngsten Jahresversammlung überzeugen, zu der die Interessengemeinschaft der Uckermärker Ende September nach Gumtow im brandenburgischen Landkreis Prignitz eingeladen hatte. Die Resonanz war für den Veranstalter außerordentlich bemerkenswert.
Nicht nur Dutzende Züchter und Mutterkuhhalter aus Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern reisten an, sondern auch aus Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Es gab ausreichend Gelegenheit, um Erfahrungen auszutauschen und Neues aufzunehmen. Dies wurde vor allem am Nachmittag deutlich, als ein Besuch des Familienbetriebes Teickner auf dem Programm stand.
Auf den 30er-Böden werden hier Roggen, Mais, Weizen, Gerste und Raps angebaut. „Nun haben wir auch die Weiße Lupine als wichtigen Eiweißlieferanten für unsere Rinder in die Fruchtfolge aufgenommen“, informierte Michael Teickner. Denn zum Bestand gehören aktuell 200 Mutterkühe, darunter fast 90 Uckermärker-Herdbuchkühe.
Der väterliche Betrieb hatte sich Ende der 90er-Jahre von der Milchproduktion verabschiedet. „Kaum waren die Milchkühe weg, standen schon die Mutterkühe hier“, berichtet der nun 33-Jährige, der ein Studium an der Kieler Uni absolvierte und 2013 in den Betrieb zurückkam.
Wenig später wurden die ersten Uckermärker-Herdbuchfärsen aus dem Gut Schwaneberg zugekauft. Doch schon zuvor kamen gekörte Deckbullen dieser Rasse in der Gebrauchsherde zum Einsatz. Mittlerweile gehören neben dieser vier weitere zum Unternehmen, nämlich zwei Herden für Herdbuchtiere, eine für Färsen und eine für die ausselektierten Tiere. „Wir nennen es die letzte Runde“, meint Teickner.
Kälberaufzucht: zu 99 % ohne Antibiotika
Den Mutterkühen steht ausreichend Weidefläche auf rund 150 ha, also der Hälfte des Grünlands, zur Verfügung. Die andere Hälfte wird für eine intensive Mahd genutzt. So kommen in der Rindermast neben Pellets, Mineralfutter, Weizenschrot und -stroh auch viel Grassilage zum Einsatz, überdies Maissilage.
Die Pellets werden aktuell durch die selbst angebauten und geschroteten weißen Lupinen ersetzt, sodass nur noch Mineralfutter für die Ration zugekauft werden muss. Beim Rundgang können sich die Fachbesucher von der Vitalität der Uckermärker überzeugen.
Großen Wert legen die Teickners darauf, die Kälber vier Wochen vor dem Absetzen und beim Absetzen selbst mit dem Grippeschutzmittel Bovigrip zu impfen. „Das ist ein immenser Aufwand, aber das Resultat sind gesunde Tiere“, die zu 99 % ohne Antibiotika klarkommen, betont Michael Teickner.
Uckermärker-Züchter: Abschied auf Raten
Seine Leidenschaft für Fleischrinder machte den Uckermärker-Züchter Peter Schollbach aus Kemmen weit über Brandenburgs Grenzen hinaus bekannt. Nun trennt er sich von einem Teil seiner Herde. mehr
Betrieb Teickner: Eigene züchterische Handschrift
Konsequentes Wiegen der Absetzer und Jährlinge gehört ebenso zum Betriebskonzept wie die detaillierte Einzeltierauswertung, um die individuellen Mast-Ergebnisse im Blick zu haben. Bei den männlichen Tieren beispielsweise wird ein Schlachtgewicht von 450 kg bei einem Schlachtalter von 18 Monaten angestrebt, eine Lebenstageszunahme ab Kalb bis zum fertigen Endmastbullen von mindestens 1.300 Gramm im Durchschnitt.
Durch den Um- und Ausbau der Ställe wurden ausreichend Kapazitäten für die Mast geschaffen, um die Tiere dann an ein namhaftes Unternehmen zu liefern, das mit Rindfleischspezialitäten wirbt.
Bei der Visite in Gumtow wird ein breiter genetischer Mix der Herden deutlich. Er resultiert aus dem Zukauf von zwei verschiedenen Abstammungen. Wie Michael Teickner versichert, strebt er eine eigene züchterische Handschrift an. Mit seinen aktuellen Herdenbullen setzt er auf bewährte, alte Genetik, zugleich aber auch auf moderne Hornloslinien mit Blick auf Fleischleistung.
Uckermärker: Zuchtgebiet erweitert
Der Herdbuchbestand an Uckermärkern liegt deutschlandweit derzeit bei exakt 3.670 Kühen und 107 Bullen (Stand: 30. September 2020). Damit ist ihre Zahl leicht rückläufig. Die meisten Tiere stehen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, in geringerer Stückzahl auch in Sachsen-Anhalt, Thüringen, Hessen und Sachsen.
„2019 wurde das Zuchtgebiet auf Schleswig-Holstein ausgedehnt, im Vorjahr auf Niedersachsen.“ Darauf verwies Volker Naschke, der am Vormittag den Jahresbericht der Interessengemeinschaft vorstellte. Beim Rückblick auf das Zuchtjahr konstatierte er, dass es in der Leistungsprüfung sowohl bei den Absetzern als auch den Jährlingen höhere Tageszunahmen gab. Diese liegen bei 1.251 g (männlich) und 1.096 g (weiblich) beziehungsweise bei 1.348 g (männlich) und 1.002 g (weiblich).
Zuversichtlich stimmen auch die Fruchtbarkeitskennzahlen. So beträgt das Erstkalbealter im Durchschnitt bei 29,5 Monaten (-0,9 % zum Vorjahr). Die Zwischenkalbezeit blieb konstant bei 371 Tagen, die Geburtsgewichte bei den männlichen Tieren waren mit 41,8 kg leicht rückläufig, bei den weiblichen stiegen sie mit 39,3 kg leicht an.
Vererber wie Norbert Pp*, Hanzo Pp, Henri PS* und Hektor Pp* konnten sich unter den Top Ten der besten Bullen nach RZF behaupten und sind noch aktiv. Die Liste der besten Kühe führen Betha pp#, Juli Pp* und Eila Pp an.
Uckermärker-Bullen: Genetische Vielfalt
Die Vermarktung von Zuchtbullen erwies sich unter den Bedingungen der Pandemie als äußerst schwierig. Dennoch konnten durch die RBB Rinderproduktion Berlin-Brandenburg GmbH 56 Bullen zu einem Durchschnittspreis von 2.798 Euro verkauft werden, bei der RinderAllianz waren es 94 Bullen zu 2.448 Euro. Bei den Online-Auktionen 2021 wechselten in Groß Kreutz alle 20 aufgetriebenen Uckermärker-Bullen ihre Besitzer, der Durchschnittspreis beug 3.610 Euro. Bei der RinderAllianz waren es 14 Bullen (3.193 Euro).
Fast 90 % aller Uckermärker sind hornlos. Das teilte Paul Bierstedt, Arbeitsgruppenleiter Fleischrindzucht, mit. Er informierte über genetische Besonderheiten, die im Zuge der SPN-Typisierung festgestellt werden. So treten bei Einzeltieren sogenannte Doppelendermutationen auf.
Zugleich kann es in einzelnen Fällen zur progressiven Ataxie kommen. „Sie ist nicht herdbuchrelevant, erfordert aber eine genaue Betrachtung der Einzeltiere“, betonte Bierstedt. Über den aktuellen Stand der Uckermärker-Vaterlinien informierte Dr. Sabine Schmidt von der RinderAllianz. Wie sie berichtete, konnten insgesamt 26 Vaterlinien erhalten werden, darunter die Linie A, von der es jedoch nur noch einen Bullen gibt. „Wir müssen unbedingt die genetische Vielfalt sichern!“
Im Anschluss wurden Mitglieder der Ständigen Arbeitsgruppe verabschiedet, darunter Peter Schollbach aus Kemmen, und neue Mitglieder gewählt. Dem zwölfköpfigen Gremium steht nun Volker Naschke aus Schenkendöbern vor.
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