Die Geflügelhaltung im Nebenerwerb dient vielfach der Eigenversorgung, in spezialisierten Betrieben aber auch der Direktvermarktung. (c) Detlef Finger

Meist Vieh auf dem Hof

Eine Umfrage zur Nebenerwerbslandwirtschaft in Ostdeutschland, online durchgeführt und ausgewertet von der Hochschule Neubrandenburg, brachte interessante Ergebnisse zur Strukturierung dieses Betriebstyps. Teil 1 der Auswertung.

Von Prof. Dr. Theodor Fock, Christian Brechler, Hochschule Neubrandenburg, Fachbereich Agrarwirtschaft und Lebensmittelwissenschaften, Agrar- und Umweltpolitik


Nebenerwerbslandwirtschaft spielt im öffentlichen Bild von Landwirtschaft meist nur eine untergeordnete Rolle. Dabei werden 49 % aller Betriebe in Deutschland im Nebenerwerb (NE) bewirtschaftet. In den ostdeutschen Bundesländern liegt dieser Anteil bei 42 %. Seit der letzten agrarstatistischen Erhebung im Jahr 2016 ist der Anteil der NE-Betriebe bundesweit von 46 % auf 49 % leicht angestiegen.

Ihre absolute Zahl hat sich zwischen 2016 und 2020 sogar geringfügig von 127.000 auf 129.000 erhöht, während für alle anderen Betriebstypen Rückgänge zu verzeichnen waren. Bundesweit wird knapp ein Fünftel der landwirtschaftlichen Nutzfläche von NE-Betrieben bewirtschaftet, in den ostdeutschen Ländern sind es allerdings nur sieben Prozent.

„Blackbox“ Nebenerwerbslandwirtschaft in Ostdeutschland

Wie wird gewirtschaftet, wo investiert? Gibt es Hofnachfolger? Wer erledigt die Arbeit? Was sind die wichtigsten Motive für Nebenerwerbslandwirtschaft? Wo liegen künftige Herausforderungen? Viele Fragen, die die amtliche Agrarstatistik nicht immer beantworten kann. Gerade für Ostdeutschland ist die Nebenerwerbslandwirtschaft weiterhin eine „Blackbox“.

Deshalb wurde im Februar dieses Jahres eine Online-Befragung begonnen, die dank des Mitwirkens von 72 Landwirtinnen und Landwirten nun einige Antworten liefern kann. Die Bauernzeitung informierte in ihren Ausgaben 7 und 8/2021 darüber und warb für eine Beteiligung. Eigentlich sollten die Befragungen persönlich auf den Höfen durchgeführt werden, durch die pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen war dies leider nicht möglich.

NE-Betriebe: Größer als im Westen

Die befragten Betriebe stimmen vergleichsweise gut mit denen aus der amtlichen Statistik überein, wie sie sich aus der Landwirtschaftszählung 2020 ergeben. Danach sind NE-Betriebe im Osten mit durchschnittlich 36 ha größer als deutschlandweit mit 25 ha. Die Betriebe in der Befragung haben im Schnitt 27 ha Betriebsfläche, davon 16 ha Acker, zehn Hektar Grünland, 0,8 ha Dauerkultur- und Gartenland, sieben Hektar Wald.

Allerdings ist die Spanne recht groß. Sie reicht von sehr kleinen Höfen mit wenigen Hektaren bis über 200 ha. Auch in der Statistik finden sich entsprechend große NE-Betriebe, denn als Abgrenzung zum Haupterwerb gilt nicht die Betriebsgröße, sondern das Familieneinkommen. Stammt dieses überwiegend aus nicht-landwirtschaftlichen Quellen, wird der Betrieb immer als Nebenerwerb gezählt. NE-Betriebe wirtschaften zu einem hohen Anteil auf Eigentumsflächen. In der Befragung sind dies im Mittel 62 %.

Bezogen auf alle Agrarbetriebe in Ostdeutschland liegt der Eigentumsanteil nur bei 35 %. Der Unterschied dürfte darauf zurückzuführen sein, dass NE-Betriebe entweder mit ihrer Größe zufrieden sind, weil sonst die anfallende Arbeit nicht zu erledigen wäre. Aber auch der schwierige Zugang zu Flächen, vor allem die Konkurrenz größerer Betriebe, erklärt, warum relativ wenige Flächen zugepachtet werden können.

Befragungsergebnisse repräsentativ für alle ostdeutschen NE-Betriebe?

Die Antworten stammen aus allen Regionen der ostdeutschen Länder, wie Abbildung 1 verdeutlicht. Sind die Befragungsergebnisse nun repräsentativ für alle ostdeutschen NE-Betriebe? Dies lässt sich auf Grundlage der Teilnehmenden nicht feststellen, aber typisch im Sinne vieler Merkmale sind sie auf jeden Fall. Die amtliche Statistik zeigt, dass NE-Betriebe überall zu finden sind, besonders viele aber in Sachsen und Brandenburg.

Alle NE-Betriebe wurden nach der Wende neu- oder wiedereingerichtet. Bei der Frage nach der Gründungsgeschichte zeigt sich, dass es – überraschenderweise – nicht nur in den 1990er-Jahren zu vielen Gründungen kam, sondern auch noch in den letzten Jahren (Abb. 2). Jeder fünfte Hof wurde übernommen – hier fand in den letzten Jahren bereits ein Generationswechsel statt. In diesen Fällen wurden die Betriebe von den Eltern übernommen.


Land kaufen_Feld mit Raps und Windrädern im Hintergrund
(c) Sabine Rübensaat

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Was wird produziert?

Auf dem Acker werden ganz überwiegend die üblichen Kulturen angebaut: Getreide, Raps, Mais, in einigen Fällen Kartoffeln, vereinzelt andere Ackerfutterpflanzen. In drei NE-Betrieben findet sich zudem Weinbau.

Von den Befragten wirtschaftet ein Drittel ökologisch, mehr als in der amtlichen Statistik. Tierhaltung ist weit verbreitet: Insgesamt 78 % aller NE-Betriebe halten Vieh. Die größte Bedeutung hat die Fleischrindhaltung: Nahezu die Hälfte der befragten Betriebe hält Mutterkühe, im Schnitt 15 Tiere. Immerhin 20 % der Betriebe halten Schafe (Ø 23 Tiere). Mit Mutterkühen oder Schafen lässt sich vorhandenes Grünland verwerten.

Geflügelhaltung findet sich in unterschiedlicher Form – Legehennen, Gänse, Enten, Masthähnchen – ebenfalls auf vielen Höfen. Die mittleren Tierzahlen – 29 Legehennen bzw. 23 Enten und Gänse – deuten darauf hin, dass es hier vielfach vor allem um eine Erzeugung zur Selbstversorgung und darüber hinaus in geringem Maße um Verkauf der Überschüsse geht.

Vorhandene Technik

Die Unterschiede im Technikbestand sind bei Umfrage zur Nebenerwerbslandwirtschaft groß: Einige NE-Betriebe sind komplett für alle Arbeitsgänge im Ackerbau oder der Grünlandwirtschaft mechanisiert. Sie haben dann ausreichend Schlepper, die Technik für Bodenbearbeitung, Pflanzenschutz und Düngung sowie Ernte. In vielen Fällen gibt es vor allem Technik fürs Grünland, während Arbeiten wie Mähdrusch oder Häckseln an Dienstleister ausgelagert werden.

Dann gibt es Betriebe, die über sehr wenig Technik verfügen und quasi alle Arbeiten von Dritten erledigen lassen. Im Bestand findet sich sowohl ältere Technik, teils aus DDR-Zeiten, etwa ein Mähdrescher Fortschritt E 516 bzw. 40, 50 oder 60 Jahre alte Schlepper, aber auch Maschinen, deren Anschaffung wenige Jahre zurückliegt.

Insgesamt verfügen 87 % der Befragten über einen oder mehrere eigene Traktoren. Grünlandtechnik ist zu 70 % vorhanden, Technik zur Bodenbearbeitung zu 58 %. Dagegen findet sich nur auf 15 % der Höfe eigene Erntetechnik. Weinbaubetriebe haben natürlich einen anderen Technikbestand.

Geplante Investitionen

Nahezu 70 % der Befragten der Umfrage zur Nebenerwerbslandwirtschaft planen in den kommenden Jahren weitere Investitionen. Am häufigsten vorgesehen sind solche in Technik (54 %), gefolgt von Gebäuden (40 %) und Bodenkauf (22 %) (mehrere Antworten waren möglich).

Weitere geplante Vorhaben beziehen sich auf die Vermarktung oder den Bau eines Lagers. Neue Traktoren, Kauf einer Rundballenpresse, Bau einer Halle, Umbau einer Scheune, Neubau eines Stalles für Legehennen bzw. eines Kühlraums oder das Anschaffen von Bewässerungstechnik (im Weinbau) wurden z. B. genannt.

Befragte, die keine Investitionen planen, gaben dafür als Gründe u. a. an, dass sie gerade mit dem Bau ihres Wohnhauses ausgelastet sind, abwarten, ob sich ein Hofnachfolger findet, oder wie sich die Vorschriften in Schutzgebieten auswirken werden.

spielen Externe Dienstleister eine rolle?

Letztendlich wird der Großteil der Arbeitsgänge durch die Betriebe selbst durchgeführt. Auf die Frage, ob und in welchem Umfang externen Dienstleister Arbeiten übernehmen, gaben 63 % der Befragten an, dass dies nur ein unwesentlicher Teil sei. Elf Prozent der Befragten lassen in etwa die Hälfte ihrer Arbeitsgänge erledigen, sechs Prozent nutzen gar keine externen Dienstleister.

Hingegen werden laut Umfrage zur Nebenerwerbslandwirtschaft bei 13 % wesentliche Anteile der Arbeit durch Externe übernommen und acht Prozent der Befragten gaben an, dass der größte Teil der anfallenden Arbeiten durch Dienstleister erledigt wird.

Häufige Tätigkeitsfelder externer Dienstleister sind Ernte (Mähdrusch) (46 %), Ballen pressen (30 %) und Pflanzenschutz (19 %). Düngen, Häckseln und Silieren spielen mit jeweils 17 % ebenfalls noch eine Rolle (mehrere Antworten waren möglich).

Nebenerwerbslandwirtschaft: Oft Direktvermarktung

46 % der Befragten der Umfrage zur Nebenerwerbslandwirtschaft sind auch in der Direktvermarktung ihrer Produkte aktiv. Das sind deutlich mehr Betriebe als im Durchschnitt der gesamten Landwirtschaft. In knapp der Hälfte der Fälle stellt die Direktvermarktung die wesentliche oder eine wichtige Einkommensquelle dar.

In den anderen Betrieben wird damit nur ein unwesentlicher Verdienst erzielt oder nur bei Bedarf direktvermarktet. Eine Direktvermarktung findet über die gesamte Produktpalette statt. Eine größere Rolle spielen hier insbesondere Fleisch, vor allem Rindfleisch, und Eier. Aber auch Wein, Heu, Stroh und Holz wurden angegeben. Bei der Frage nach dem Eigenverbrauch finden sich dann erwartungsgemäß die gleichen Erzeugnisse.


Das Quartier der Fleckvieh-Mutterkühe am Betriebshof in Eichstedt.

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Wer auf dem Hof hilft

Wird die Landwirtschaft „nebenher“ erledigt, ist eine zentrale Frage, wie die anfallende Arbeit auf dem Hof erledigt werden kann. Außerlandwirtschaftliche Tätigkeiten und Arbeiten auf dem Betrieb sind zu koordinieren; dies bedeutet meistens eine hohe Arbeitsbelastung. Im Betrieb werden durchschnittlich 20 Stunden pro Woche gearbeitet, außerhalb kommen dann noch 38 Stunden pro Woche dazu. Ohne weitere Hilfe wäre das tägliche Geschäft wohl kaum zu schaffen, sodass in vielen Fällen ein oder mehrere Personen aus der Familie unterstützen. So arbeitet der Partner etwa in der Hälfte der Fälle täglich oder regelmäßig mit, dies trifft ebenso für die Kinder oder Eltern zu. Die anfallende Arbeit wird also auf viele Schultern verteilt und vor allem durch die Familie erledigt.

60 % der Befragten gaben an, dass sie selbst, der Partner oder beide über eine landwirtschaftliche Ausbildung verfügen. Dies kann eine Berufsausbildung oder ein Studium, in einigen Fällen auch der Besuch einer Fachschule sein. Dabei lässt sich kein eindeutiger Zusammenhang zwischen Lebensalter und landwirtschaftlicher Ausbildung feststellen. Es gibt sowohl Ältere als auch Jüngere mit oder ohne entsprechende Ausbildung. Die Befragungsteilnehmer waren im Durchschnitt 48 Jahre alt – der Jüngste 22, der Älteste über 70 Jahre.

Informationskanäle

Für Informationen werden vor allem Fachzeitschriften und der Kontakt zu Berufskollegen genutzt. Fachzeitschriften wie die Bauernzeitung oder „top agrar“ werden von 86 % der Befragten der Umfrage zur Nebenerwerbslandwirtschaft genutzt, das Gespräch unter Landwirten zu 82 %. Auch das Internet spielt als Informationsquelle erwartungsgemäß eine große Rolle (63 %), darüber hinaus Händler (26 %) und Verbände (18 %) (mehrere Antworten waren möglich).

Über agrarpolitische Themen fühlen sich die Befragten überwiegend gut bzw. sehr gut informiert (79 %). Auch der Kontakt zu Behörden wie dem Landwirtschaftsamt wird ganz überwiegend als gut oder sehr gut bewertet (69 %). 23 % bewerten die Kontakte teils als gut, teils als schlecht; nur sieben Prozent sehen diese als schlecht oder sehr schlecht an. Der oft geäußerte Unmut über zu viel Bürokratie und Auflagen beeinträchtigt offenbar die Zusammenarbeit mit den Ämtern kaum.

Umfrage zur Nebenerwerbslandwirtschaft Tabelle

Teilweise Beratung

Nur ein Teil der Befragten der Umfrage zur Nebenerwerbslandwirtschaft nimmt Beratung in Anspruch. 56 % antworteten auf diese Frage mit Ja, 44 % mit Nein. Am häufigsten ist dies die klassische Agrarberatung, wie in Mecklenburg-Vorpommern z. B. durch die LMS. Eine Beratung durch Landwirtschaftsämter, Steuerberater, den Bauernverband oder Ökoverbände werden ebenfalls genannt.

Themen sind u. a. die Antragsberatung, Fragen des Pflanzenschutzes oder die Düngebilanzierung. Einige der Befragten haben aber auch ihre prinzipielle Skepsis gegenüber Beratung geäußert („bloß keine Ratschläge von Schlaumeiern“, „nur Steuerberatung, bloß keine Betriebsberater“).


Umfrage Nebenerwerbslandwirtschaft, Mit Schleppern, und seien es ältere oder gebrauchte Maschinen, sind die meisten ostdeutschen Nebenerwerbsbetriebe ausgestattet.
(c) Detlef Finger

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