Innerfamiliäre Feldforschung

Praxispartner der Bauernzeitung in Brandenburg: Klaus Hildebrandt mit seinem Familienbetrieb. (c) Heike Mildner
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Ernte schlecht, Preise auch nicht gut – die Hildebrandts aus Letschin blicken auf das schlechteste Jahr seit Betriebsaufnahme zurück. Das hält unseren Praxispartner in Brandenburg jedoch nicht ab von einem kleinen ackerbaulichen Experiment.

Von Heike Mildner

Bei Hildebrandts in Letschin schaut man auf das schlechteste Jahr seit Betriebsaufnahme im Oktober 1991 zurück – und das nebenbei auch noch als regelmäßiger Praxispartner der Bauernzeitung. Bei Kaffee und Keksen blicken wir auf das Jahr zurück: Ernte schlecht, Preise auch nicht gut – „Lass es vorbeigehn und ein neues Jahrzehnt anfangen“, fasst Karin Hildebrandt, die im Familienbetrieb die Bücher führt, zusammen. 

Gefühl für den Boden bekommen

Auf dem Acker ist alles getan. Zuletzt ist Klaus Hildebrandt mit seinen Söhnen öfter mal mit Spaten und Bodensonde – beides bekamen beide zur bestandenen Facharbeiterprüfung – über den Acker gegangen, um nach Bodenstruktur, Wurzeltiefen und Regenwürmern Ausschau zu halten und Gefühl für den Boden zu entwickeln – etwas, was seiner Meinung nach in der Ausbildung zu kurz kommt, so Klaus Hildebrandt. Dazu kamen Versammlungen, die Agritechnica, zwei „Traktorenausflüge“ nach Berlin und jede Menge Ansitzjagden. Nun stehen mit Weihnachten ein paar ruhigere Tage an.



Das Wintergetreide gedeiht derzeit auch ohne Zutun prächtig. Mit aktuell 408 l/m2 Niederschlag hat man die Gesamtmenge des vergangenen Jahres (402 l/m2) gerade überholt. Es sieht gut aus, aber Hildebrandts sind skeptisch: „Letztes Jahr waren wir auch Herbstmeister, wenn ich mal das Vokabular vom Fußball adaptiere, und dann kommst du nicht in die Zweikämpfe rein – siehe Zuckerrübe“, nimmt es Klaus Hildebrandt  sportlich. 

Positiver Befund auf Syndrome Basses

Die Laborergebnisse, die beim letzten Praxispartnerbericht noch ausstanden, zeigten bei 14,3 % Zuckergehalt einen positiven Befund auf Syndrome Basses Richesses (SBR), das Syndrom der niedrigen Zuckergehalte (Bauernzeitung 44/2019, S. 5). Die Fläche für die nächste Zuckerrübenernte ist dennoch schon vorbereitet. Dort, wo sofort nach der Gerstenernte eine Zwischenfruchtmischung in die Schattengare gesät wurde, ist es noch immer grün, stehen noch immer die Bienenkästen von Julie Gaworskie (Bauernzeitung 35/2019, S. 5). Wie lange Hildebrandt noch auf Zuckerrüben setzen kann, ist unklar. Wie beim Raps fehlt letztlich die Beize, um dem Schädlingsdruck angemessen zu begegnen.



Körnermais: Demokratie auf dem Acker

Besonders interessant geht es auf dem 50-Hektar-Schlag zu, auf dem Körnermais geerntet wurde und demnächst Sonnenblumen der Sorte Seabird wachsen sollen. Uneins, wie die Maisstoppeln optimal bearbeitet und das Saatbett bestens vorbereitet sei, hielt 30 Jahre nach dem Mauerfall auf Hildebrandts Acker die direkte Demokratie Einzug: Das Feld wurde gedrittelt. Klaus Hildebrandt hat die Stoppeln nur einmal mit einem modifizierten Sichelmulcher (angeschweißte Ketten gegen Maiszünslerlarven) gemulcht und verlässt sich auf Regenwürmer und selbstständige Arbeit des Bodens.

Maximilian (der ältere Sohn) ist zusätzlich zum Mulchen mit der bodenangetriebene Fräse (Foto l.) über die Stoppeln gegangen und sein Bruder Sebastian setzt ganz klassisch auf die Kurzscheibenegge, um mehr Boden zu bewegen und die Verrottung zu forcieren. In der Kategorie „weniger Eisen“ – sprich geringeren Maschineneinsatz – hat der Vater schon mal die Nase vorn. Ansonsten ist alles offen: So spannend kann Landwirtschaft sein.