Kurze Transportwege zwischen Stall und Schlachthaus
Gefragtes Angebot: Im erzgebirgischen Sosa sorgt Fleischermeister Frank Strobelt mit seinem Betrieb für kurze Transportwege zwischen Stall und Schlachthaus. Direktvermarktende Landwirte der Region wissen das zu schätzen.
Von Silvia Kölbel
Für Fleischermeister Frank Strobelt, der sich vor zwei Jahren mit seinem gleichnamigen Schlachtbetrieb im erzgebirgischen Sosa selbstständig machte, stand schon in der ersten Klasse fest, dass er einmal Fleischer werden wollte. „Hausschlachtungen kannte ich schon als Kind. Von Anfang an hat mich das Handwerkliche an diesem Beruf interessiert“, sagt der heute 35-Jährige. Auch der Weg in die Selbstständigkeit gehörte von Anfang an zu seinem Plan. Frank Strobelts Onkel unterstützte die Pläne des jungen Mannes, integrierte auf dem 2011 neu gebauten Vierseit-Hof, der auch ein Wohnhaus und eine Ferienwohnung beinhaltet, einen Schlachtbetrieb mit Partyraum sowie einen Stall für die Tierhaltung. Nach der Berufsausbildung in Eibenstock und einigen Arbeitsjahren in einer Fleischerei in Schönheide folgte 2013 der Wechsel in den Betrieb des Onkels.
Der Junior hilft mit
Die berufsbegleitende Meisterausbildung bei der Handwerkskammer in Chemnitz war die Voraussetzung, um den Betrieb selbstständig führen zu können. „2020 konnte ich mich selbstständig machen und pachtete den Schlachtbetrieb und die Ställe von meinem Onkel. Da ich gegenüber meiner Arbeitsstelle auf dem Hof wohne, lassen sich Familien- und Berufsleben gut unter einen Hut bringen“, so Frank Strobelt, der als Vater dreier Kinder auch privat einige Aufgaben zu bewältigen hat.
Sein jüngster Sohn Martin (13) erinnert den Vater ein wenig an seine eigene Kindheit. Der Sohn ist faktisch im Schlachtbetrieb aufgewachsen, hilft gelegentlich mit und kann sich vorstellen, auch einmal diesen Beruf zu ergreifen. Die Möglichkeit, einen kompletten Betrieb pachten zu können, vereinfachte den Weg in die Selbstständigkeit. „Für einen Berufseinsteiger ist es schwer, alle Investitionen zu stemmen“, weiß Frank Strobelt die Unterstützung seines Onkels zu schätzen. Die hohen Investitionskosten seien auch der Grund, warum es nur wenige kleine Schlachtstätten gibt.
Gefragte Schlachtstätte
Die von Frank Strobelts Onkel gebaute und ab 2013 zunächst auch betriebene Schlachtstätte im Erzgebirge rannte bei den Tierhaltern offene Türen ein. Wichtigster Geschäftspartner ist seit fünf Jahren der Direktvermarktungsbetrieb von Jörg Nestler aus Rittersgrün. „Wir lassen hier fast wöchentlich Rinder, Schweine, Schafe sowie Ziegen schlachten und verarbeiten“, berichtet der Landwirt. Es sei ein echter Glücksfall, dass es in knapp 20 km Entfernung einen solchen Betrieb gebe und die Tiere nur kurze Transportwege zu bewältigen hätten.
Doch nicht nur diese praktischen Erwägungen zählen. Jörg Nestler sagt: „Zwischen uns stimmt auch die Chemie. Das trifft auch auf unsere Kinder zu, die einmal den Hof übernehmen wollen und etwa im gleichen Alter sind, wie der junge Fleischermeister.“
Kreative Zusammenarbeit mit regionalen Direktvermarktern
Einen kleinen Schlachtbetrieb in der Nähe zu haben, bringt dem Landwirtschaftsbetrieb Nestler weitere Vorteile: „Wir können unsere Tiere komplett aufarbeiten lassen. Das dient der Wertschöpfung in unserem Unternehmen.“
Die Zusammenarbeit geht weit über das Schlachten und Verarbeiten hinaus. Jörg Nestler sagt: „Ich bin beim Wursten sehr kreativ, probiere viele neue Rezepte aus und gehe damit zu Frank Strobelt, der meine Ideen umsetzt. Auf diese Weise haben wir schon viele Auszeichnungen und Preise gewonnen, so unter anderem bei der größten europäischen Spezialmesse für bäuerliche Direktvermarktung, die ,Ab Hof‘ im österreichischen Wieselburg. Daran hat Fleischermeister Frank Strobelt einen nicht unerheblichen Anteil.“
Das Kompliment gibt der Fleischer zurück. Dank der Zusammenarbeit mit Nestlers stehe seine Existenz auf sicheren Beinen. Auch die Sommerschlachtung sei mit diesem Partner, der ganzjährig Saison hat, gesichert. Kleinere Landwirte und Hobbyhalter nutzen dagegen vorwiegend das Winterhalbjahr für die Schlachtung.
mit Goldmedaille prämierte Wurstprodukte
Den Großteil seines Einkommens erwirtschaftet der kleine Schlachtbetrieb trotzdem im Winter. Angeregt durch Jörg Nestler beteiligte sich Frank Strobelt auch schon mit eigenen Wurstkreationen am Wettbewerb in Wieselburg. So reichte er eine aus dem Fleisch der Heidschnucken von Jörg Nestler kreierte Salami ein, sowie eine Rindersalami aus dem Fleisch der eigenen Tiere. Beide Wurstprodukte erhielten bei der Prämierung 2019 eine Goldmedaille, ebenso 2020 eine Cabanossi und eine Wildsalami.
Auch wenn für den Schlachtbetrieb die Goldmedaillen als Vermarktungshilfe nicht zwingend nötig sind, schätzt Frank Strobelt den Wettbewerb: „Es ist ein gutes Gefühl, wenn man weiß, wo man steht, und es ist schön zu wissen, dass die Wurst aus dem Erzgebirge auch in anderen Regionen gut ankommt.“
Die Verarbeitung von Wild stelle allerdings eine Ausnahme dar, denn: „Das ist nicht planbar und passt daher nicht in den Arbeitsablauf“, so Strobelt.
Fleischer mit Kochausbildung
Der Montag und der Mittwoch sind Schlachttage. Die Verarbeitung erfolgt jeweils an den darauffolgenden Tagen. Während Frank Strobelt an durchschnittlichen Arbeitstagen, die 4.45 Uhr im Schlachthaus beginnen, auch schon auf zehn bis zwölf Arbeitsstunden kommt, hält er sich den Sonntag frei. „Am Sonntag füttere ich nur meine Tiere. Der Rest der Zeit gehört der Familie.“ An solchen Tagen stellt sich der Familienvater auch gern einmal an den Kochtopf. „Zur Meisterausbildung gehörte auch der Partyservice. Dass ich faktisch auch eine Kochausbildung absolviere, war mir anfänglich nicht bewusst. Das stand auch nicht auf meinem Plan. Aber ich habe Gefallen daran gefunden. Wenn ich koche, dann meist Fleischgerichte.“
Obwohl Frank Strobelt grundsätzlich auch Schweine schlachten wöllte und könnte, nimmt er davon Abstand. „Seit Elektrobetäubungszangen vorgeschrieben sind, zerlege ich Schweine nur noch. Die Anschaffung einer solchen Zange würde mich rund 5.000 Euro kosten. Eine solche Investition rentiert sich nicht, denn es gibt nur wenige schweinehaltende Betriebe“, so Strobelt. Da sich aber im 15 km entfernten Langenberg eine Schweineschlachtstätte befindet, sei auch hier eine Verarbeitung mit kurzen Transportwegen möglich.
Fleischer – und Landwirt
70 bis 80 Rinder schlachtet Fleischermeister Frank Strobelt pro Jahr. Hinzu kommen 150 Schafe und Ziegen. Mit seinem einen Mitarbeiter, ein junger Mann mit einem Handycap, schafft er drei Rinder pro Tag. Der Großteil, rund 90 %, seien Lohnschlachtungen. Für seine eigene Bullenmast stehen dem Fleischer, der zugleich auch Nebenerwerbslandwirt ist, 12 ha Grünland zur Verfügung, welche die Tiere im Sommerhalbjahr abweiden. Die Tiere, vorwiegend Mastanpaarungen, kauft er bei Landwirtschaftsbetrieben der Umgebung.
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Drei bis vier eigene Rinder pro Jahr schlachtet der Fleischermeister. Oberste Prämisse ist bei der Verarbeitung, wie bei Jörg Nestler auch, die Vermarktung des kompletten Tieres. „Ich biete fertige Beutel an, die vom Kochfleisch bis zur Roulade alles enthalten.“ Mit diesem Konzept hat der junge Mann durchweg gute Erfahrungen gemacht. „Kunden, die beim Direktvermarkter kaufen, sind eher bereit, vom edlen Fleischstück bis zum Suppenfleisch alles zu verarbeiten“, so seine Erfahrung.