Eigentümerwechsel in Oberweißbach
Bei der Fleischrind GmbH in Oberweißbach vollzog sich ein Eigentümerwechsel. Der Bauernzeitung berichtet Bernd Möller, warum ein Verkauf nicht mehr abzuwenden war.
Simmentaler und Limousins prägten seit der Wende das Bild der Weidewirtschaft rund um Oberweißbach. Das wird sich ab sofort ändern. Kaum mehr als 150 Mutterkühe inklusive Nachwuchs sind noch in den Ställen der Fleischrind GmbH und der Bio-Rind Meuselbach GmbH in Oberweißbach zu finden. Knapp 580 Rinder wurden seit dem Spätherbst verkauft, darunter auch die Reinzuchten, was die stolzen Mitarbeiter besonders betrübt.
Oberweißenbach: Ökonomisch nicht durchzuhalten
Bernd Möller, der den Betrieb seit der Wende maßgeblich mit aufbaute, zog mit seiner Familie und den mitarbeitenden Gesellschaftern in der zweiten Hälfte 2021 die Reißleine: „Unsere Vorstellung von viehhaltender, extensiver Landwirtschaft war ökonomisch nicht mehr durchzuhalten.“ Und bevor ein finanzielles Desaster sein Lebenswerk, das Sohn Kai gemeinsam mit Heike Eglinski in den letzten sechs Jahren fortführten, zerstört, entschied man sich für den Verkauf des Betriebes. Um ihn bis dahin aufrecht zu erhalten, waren die Gesellschafter in den letzten Jahren immer wieder hohe private Risiken eingegangen.
Möller ist zwar froh, dass es angesichts der schwierigen Lage gelang, schadlos aus dem Leben als Landwirt herauszukommen. Die Enttäuschung darüber, dass man mitten in Europa mit 1.300 ha Grünland auf bis zu 800 Höhenmetern und zuletzt 400 Mutterkühen, mit Biolandwirtschaft, dem direkten Verkauf von Rindern an die benachbarte Naturfleisch GmbH, Gastronomie und einem eigenen Windrad nicht auf einen grünen Zweig kommt, will er aber nicht verbergen.
Mit Basis- und Greeningprämie, Kulap samt Ökoprämie sowie der Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete kommen die beiden Gesellschaften auf zusammen 975.000 € im Jahr. Die Einnahmen aus dem Kerngeschäft, dem Verkauf von Absetzern, erreichten gut ein Viertel dieser Summe.
Absetzer gut verkauft
„Die Preise, die wir für unsere Tiere von Kollegen und unserem Viehhändler erhielten, waren meistens in Ordnung. Daran lag es nicht“, sagt Möller. Schon Mitte der 1980er begann man in Oberweißbach das Weidesystem für die Jungrinderaufzucht auf Standweiden umzustellen. Als Anfang der 1990er-Jahre Mutterkuhhaltung die Färsenaufzucht ablöste, führte man das Weidesystem fort: „Neben dem Wegfall des ständigen Umtriebes bietet es Vorteile beim Nutzen des Aufwuchses. Das beginnt schon damit, dass wir gut zwei Wochen früher auf die Weiden kommen. Der geringe Tierbesatz garantiert genügend Futter.“ Zuletzt war knapp die Hälfte der Oberweißbacher Mutterkühe auch im Winter auf der Weide. Feldsilos mit Winterfutter errichtete man direkt auf den Weiden. „Auf den meisten Weideflächen konnten wir natürliche Wasserquellen nutzen.“
Über die Jahre reduzierte der Betrieb die Tierzahl. In Spitzenzeiten gab es 1.300 Mutterkühe. „Die Stallhaltung im Winter ist teuer. Also wollten und mussten wir mit den Kosten runter.“ Möller bekennt, dass die Ökoumstellung des Teilbetriebes der „Fördermitteloptimierung“ geschuldet war. Flächenkäufe tätigte man nur in Einzelfällen.
Dass es betriebswirtschaftlich dennoch nicht reichte, lastet Möller einem Fördersystem an, das seinem Auftrag nicht gerecht wird. „Wir pflegen Bergwiesen und Biotope, halten extreme Hanglangen offen, kümmern uns um besonders wertvolle, entlegene Wiesen, und hatten zuletzt knapp 1.200 Hektar im Kulap.“ Es sei schlicht und einfach nicht möglich, unter den herrschenden Förderbedingungen extensive Nutzviehhaltung wirtschaftlich aufrechtzuhalten.
Immer wieder Rückschläge in oberweißenbach
Immer wieder gab es in der Vergangenheit Rückschläge. Möller nennt Beispiele: Als die Tierprämien abgeschmolzen wurden und Direktzahlungen auf das Grünland flossen, „hatten wir am Ende 150.000 Euro weniger im Jahr“. Als Thüringen seine Kulap-Auszahlungen auf einen späteren Termin verschob, „standen wir vor einer Finanzierungslücke, die nur mit Krediten zu überbrücken war. Das hat uns lange Zeit viel Kraft gekostet.“
Oder die Festlegung der Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete: „Wir befinden uns in der schlechtesten Gruppe mit einer LVZ von 14,8 beziehungsweise EMZ von 20,9. Unsere Bemühungen, die Beihilfesätze zugunsten der schlechteren Standorte zu erhöhen, wurden nicht in Betracht gezogen. Diesbezüglich kam meiner Meinung nach zu wenig Unterstützung vom Thüringer Bauernverband“, kritisiert Möller. Aussagen wie „Wir müssen froh sein, dass wir so viel bekommen“, könne er nicht akzeptieren.
Beihilfen sinken weiter
Die neue GAP-Periode verheiße erneut sinkende Beihilfen. Möller verweist auf Berechnungen des Landesamtes für Landwirtschaft (TLLLR), wonach in Thüringen ein Rückgang des Ordentlichen Ergebnisses bei Futterbaubetrieben von fast 4.000 €/AK erwartet wird (Tabelle): „Ich denke, die Landwirte lassen sich in den meisten Fällen ohne großen Widerstand zur Schlachtbank führen.“
Tabelle: GAP 2023: Vergleich Ordentliches Ergebnis* einkommenswirksamer Direktzahlungen (Erste Säule) zzgl. Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete in Thüringen
Neuer Eigentümer der beiden Betriebe in Oberweißbach ist seit Dezember die Agrar GmbH Crawinkel. In Sachsen-Anhalt und Brandenburg werden bereits zwei kleinere Betriebe bewirtschaftet. Wie Juniorchef Felix Bley berichtet, will man das naturnahe und sparsame Bewirtschaftungskonzept, für das der über 2.000 ha zählende Betrieb in Crawinkel als „Thüringeti“ bekannt ist, auch in Oberweißbach etablieren. Mitarbeitern und Geschäftsführung sicherte man die Übernahme zu.
Wirtschaftlich Erfolgreich
Begonnen wurde, die Flächen großzügig zu koppeln. Künftig sollen hier ganzjährig Konikpferde und Angusrinder bei einem Maximalbesatz von 0,3 bis 0,5 GV/ha weiden. Für Touristen will man Pfade durch die Weidelandschaft öffnen. Die Bisonherde und das Gatterwild bleiben erhalten. Bley hofft, das legendäre Steakhaus „Zum Ochsen“ im Frühjahr wiederzueröffnen. Die 3.000 Verpächter will die Familie mit einem höheren Zins für langfristige Verträge gewinnen und Angebote für Flächenkäufe aussenden.
Felix Bley zufolge sieht sich das Familienunternehmen, das die Lebensmittelproduktion faktisch hinter sich gelassen hat, weiterhin auf einem erfolgreichen Weg. Neue Instrumente wie CO2- oder Humuszertifikate, der Ruf nach mehr Biodiversität, Bodenschutz oder Wasserrückhalt, würden sie darin bestärken.