Glyphosat im Honig

© Sebastian Spiewok
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Die Aktion haben viele gesehen: Ein Imker schüttet aus Protest seinen mit Glyphosat belasteten Honig vor die Tür des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Starke Bilder – doch es lohnt sich, die ganze Geschichte zu kennen.

Zwei Tage vorm Start der Grünen Woche lieferte die Imkerei Seusing aus Biesenthal (Landkreis Barnim) „glyphosatverseuchten Honig“ ans Bundeslandwirtschaftsministerium und der Presse interessante, wenn auch inhaltlich irreführende Bilder. „So drückte er seinen Protest gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung aus, die einseitig die Interessen von Chemie-Konzernen wie Bayer und BASF bedient“, heißt es vonseiten der Organisatoren von „Wir haben es satt!“, die die Bildnachricht mit einem Aufruf zu ihrer Demo verbinden.

Glyphosatrückstände: Imker gegen Landwirt

Was war geschehen? Vier Tonnen Honig der Imkerei Seusing im Wert von 60.000 € sollen mit Glyphosatrückständen belastet sein und müssen nun kostenpflichtig entsorgt werden, hieß es in der Ankündigung der Aktion. Die Imkerei arbeitet mit 200 Völkern, ein Drittel des Honigs soll betroffen sein – insgesamt 4.000 kg. Ein Berufsimker könne durchaus 80 bis 100 kg Honig je Bienenvolk ernten, bestätigt Dr. Sebastian Spiewok vom Deutschen Bienenjournal unsere Überschlagsrechnung.

Der Schuldige ist schnell ausgemacht: „Der benachbarte Landwirt hatte auf dem anliegenden Acker ohne Vorwarnung ein glyphosathaltiges Herbizid in blühenden Löwenzahn gespritzt. Diese völlig unsachgemäße Anwendung diente dazu, sämtliche Pflanzen auf dem Acker abzutöten, um anschließend Mais auszusäen“, heißt es vonseiten der Aurelia-Stiftung, die die Imkerei bei der Klage gegen den Landwirt unterstützt. In dem ausstehenden Gerichtsstreit solle ein mustergültiges Urteil erwirkt werden, „das künftig zu einem angemessenen Schutz vor Pestizideinträgen möglichst für alle – Verbraucher, Produzenten, Bienen und Umwelt – führen soll“, lässt die Stiftung wissen. Der Landwirt also ein Bauernopfer für höhere Ziele?

Muss ein Landwirt warnen, bevor er spritzt?

Der Landwirt wollte in Erwartung der gerichtlichen Auseinandersetzung verständlicherweise nicht mit der Presse reden. Das lässt Raum für Spekulationen: Angenommen, die Glyphosat-Anwendung war pflanzenschutzrechtlich unbedenklich – die Dokumentationspflicht kann sich in so einem Fall als nützlich erweisen – wäre zu fragen, ob der Landwirt tatsächlich dazu verpflichtet ist, einen Imker, der seine Kästen am Acker aufgestellt hat, zu warnen, bevor er spritzt.



Laut Landesamt für ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung (LELF), ist „sofern es sich nicht um eigenen Grund und Boden handelt, mit dem Flächeneigentümer/Flächennutzer ein Nutzungsvertrag oder eine Nutzungsvereinbarung über den Standort der Bienen­völker abzuschließen.“ In den Landkreisen gebe es Verantwortliche, die die Bienenwanderung koordinieren, heißt es auf der Webseite des LELF. Wanderobmann des örtlichen Imkervereins in Bernau ist Peter Voigt. Seine Erfahrung: Der Imker sei gut beraten zu fragen, bevor er seine Kästen aufstellt. Der Landwirt müsse nicht fragen, bevor er spritzt, man müsse in Kontakt sein, zusammenarbeiten. „Sonst funktioniert das nicht!“, so Voigt. Vereinsmitglied sei Seiring als Profi-Imker nicht.

Glyphosat im Honig: Grenzüberschreitungen 

Abgesehen davon sind Glyphosatrückstände im Honig ein großes Problem für die Imker. Die Rückstandshöchstmenge für Honig beträgt 0,05 mg/kg, ein Wert, der knapp über der Nachweisgrenze liegt. Getreide dürfe je nach Sorte das bis zu 400-Fache an Glyphosat enthalten, hat das Deutsche Bienenjournal recherchiert. Nichtsdestotrotz führe alles, was über dem Rückstandshöchstmengenwert liegt, dazu, dass der Honig nicht mehr verkehrsfähig ist. Im aktuellen Fall soll der Wert um das 152-Fache überschritten worden sein. 

Dass Glyphosat für die Bienen selbst offenbar nicht so tödlich ist, wie es die Honigeimer vorm Ministe­rium offenbar suggerieren sollten, kann für Imker kein Trost sein. Wie der Fall vor Gericht ausgeht, darf mit Spannung erwartet werden