Agrargenossenschaft Ranzig: Fürsorge im Fangkorb
Mit Mutterkühen zu arbeiten und sich dabei nicht in Gefahr zu bringen, setzt eine vertrauensvolle Beziehung zu den Tieren und Fingerspitzengefühl der Tierbetreuer voraus. Die Agrargenossenschaft Ranzig hat sehr gute Erfahrungen mit einem Fangkorb für Kälber Marke Eigenbau gemacht.
Ganz geheuer ist der Mutterkuh die Sache nicht: Eben noch stand sie mit ihrem Kalb gelassen auf der Weide, auf einmal steht das Kalb mit zwei Menschen in einem Käfig, und sie ist „außen vor“. Etwas nervös beobachtet sie das Geschehen, streift um den Käfig und muht. Aber die anderen Tiere der Herde bleiben ruhig, machen sich am Futterwagen zu schaffen oder schubbern sich den Rücken – zum Beispiel am Rückspiegel des Geländewagens von Christian Rußig. Der Leiter Tierhaltung der Agrargenossenschaft Ranzig erläutert, wie sich die Arbeit mit den Kälbern durch den Fangkorb verändert hat: Mit Mutterkühen zu arbeiten und sich dabei nicht in Gefahr zu bringen, setzt eine vertrauensvolle Beziehung zu den Tieren und Fingerspitzengefühl der Tierbetreuer voraus. Mario Kappel und Olaf Worm, die die Mutterkühe in Ranzig betreuen, haben beides, und lange haben sie alle Arbeiten am Kalb ohne den Fangkorb gemacht.
Prototyp von Bruder entwickelt und gebaut
Der Fangkorb ermöglicht Kuh und Kalb, in Kontakt zu bleiben, während die Arbeit sicherer und komfortabler ist. Kappel und Worm können sich ganz auf das Kalb konzentrieren. Sie ziehen die Ohrmarken ein, machen Notizen zu Mutter, Kalb und eventuellen Auffälligkeiten. Der Nabel wird mit Jod gedippt, und das Kalb bekommt zur Starthilfe subkutan Vitamin E und Selen verabreicht. „Schwache Kälber erhalten zusätzlich Rumistrum, ein Kolostrum mit Energiebooster“, erläutert Christian Rußig.
Er wisse nicht mehr genau, wo er die Idee für den Fangkorb aufgegriffen habe, dieses Exemplar jedenfalls sei Marke Eigenbau. Sein Bruder arbeitet in einer regionalen Metallbaufirma und habe den Prototyp des Fangkorbs für die Agrargenossenschaft Ranzig entwickelt und gebaut, so Rußig. Der Käfig lasse sich ohne großen Aufwand an den Rad- oder Teleskoplader montieren, berichtet Rußig, während Kappel und Worm das Kälbchen mit Ohrmarken versehen.
Derzeit kaum Probleme mit Wolf und Kolkraben
Seit vor drei Wochen die Abkalbezeit begonnen hat, schauen die beiden Männer dreimal täglich nach den Tieren. Morgens und abends wird gefüttert, mittags eine zusätzliche Runde gemacht, um Kälber und Mutterkühe gut im Blick zu behalten. Etwa die Hälfte der insgesamt 250 Tiere hat bereits gekalbt, und bisher verläuft die Saison ohne große Komplikationen. Eine Schwergeburt und zwei Totgeburten habe es gegeben, so Rußig, bisher aber kaum Probleme mit Wolf oder Kolkraben.
Letztere hätten in den vergangenen zwei Jahren für extreme Probleme gesorgt, berichtet Rußig. „Wir haben im Schnitt zehn Kälber pro Jahr verloren. Schon beim Kalben haben die Raben Klauen und Schnauze angepickt, sich bei längeren Geburtsvorgängen sogar an den Augen der Kälber zu schaffen gemacht. „Kolkraben sind geschützt, sie zu vergrämen, ist mühsam, eine Abschussgenehmigung zu bekommen, unglaublich aufwendig. Und sie sind schlau, wenn sie mein Auto sehen, sind sie weg“, fasst Rußig das Kapitel zusammen.
Mit dem Wolf gab es 2017 einen Zwischenfall, bei dem ein 250 kg schwerer Absetzer von der Herde weg durch ein Schilfgebiet getrieben und gerissen wurde. In Stallnähe sei noch nichts passiert. Die Ranziger setzen bei der Zucht nicht unbedingt auf Hornlosigkeit. Die Uckermärker sehen recht wehrhaft aus, und auch die Wagyus und die Hereford stehen nicht ganz ohne da.
Ziel: Abkalbezeit auf 8 Wochen reduzieren
„Wir haben in den letzten Jahren im Herbst straff selektiert“, so Rußig. Tiere, die nicht mütterlich oder nicht tragend waren, dicke Striche oder Probleme mit den Fundamenten hatten, wurden selektiert. So langsam trägt das Früchte.“
Und ein weiteres Ziel hat der Leiter Tierproduktion im Auge: die Abkalbezeit auf acht Wochen zu reduzieren. Aber das kann nur allmählich erreicht werden, in zwei Jahren etwa soll es so weit sein. Seit drei Jahren führen die Ranziger auch bei den Mutterkühen routinemäßig Trächtigkeitsuntersuchungen durch. „Eine Mutterkuh bringt nur Geld, wenn sie ein Kalb hat.“
Während wir uns auf der Weide umsehen, verklickert Pflanzenproduktionsleiter Thomas Kläber mit Hartmut Noppe, dem Kreisvorsitzenden des Bauernverbandes Oder-Spree (KBV) einer Frau von der Regionalpresse, warum Düngen überhaupt sinnvoll ist und wie es teilflächenspezifisch funktioniert. Der KBV will offensiver mit seinen Themen an die Öffentlichkeit, die Verwaltung der Agrargenossenschaft Ranzig sitzt auf demselben Flur nur ein paar Türen weiter. Da liegt das Gute nahe – und die zusätzliche Arbeit auch.