23. Milchviehtag: Ein Vergleich der Besten
Nach pandemiebedingter Pause hat die Koesling-Anderson LEBG aus Dahlenwarsleben nun ihren 23. Milchviehtag abgehalten. Mit Spannung wurde nach dem Preisauftrieb das Treffen erwartet.
Von Fritz Fleege
Bei Koesling-Anderson LEBG aus Dahlenwarsleben (Sachsen-Anhalt) wurde nach pandemiebedingter Pause wieder an die Tradition angeknüpft und den 23. Milchviehtag abgehalten. Diesmal fand je ein Treffen in Broderstorf (MV) und in Pfiffelbach (Thüringen) statt. Die Themen reichten von der Futtererzeugung über die Jungrinderaufzucht sowie Management bis zu unseren Nachbarn nach Dänemark und weltumspannend bis nach China. Prognosen sind wegen der Corona-Pandemie und des Russland-Ukraine-Krieges schwierig geworden.
Erlöse und Kosten für Milchviehhalter
In den letzten Jahren belastete die Corona-Pandemie auch die Milchviehhalter. Die Erzeugerpreise dümpelten so um die 36 ct/kg herum und mitunter sogar noch weit darunter. Viele Betriebe hörten mit der Rinderhaltung auf. Wenn es 2015 noch fast 75.000 Milchviehbetriebe in Deutschland gab, waren es 2021 nur noch gut 55.000.
Die Kuhzahl je Betrieb stieg zwar, und auch die Leistungen erhöhten sich, doch insgesamt reduzierte sich die Menge der erzeugten Milch. So wurden 2015 über 33 Mio. t Milch erzeugt, 2021 waren es mit gut 31 Mio. t etwa 2 Mio. t weniger. Die Milch wird inzwischen knapp. Das hat auch schon zu steigenden Milchpreisen in Deutschland geführt. Einige Molkereien zahlen bereits um 40 ct/kg, so viel wie schon lange nicht mehr. Und es werden in absehbarer Zeit sogar 52 ct/kg erwartet. Darauf machte im ersten Vortrag Dr. Bernd Heidemann aufmerksam, der traditionell den „Milch Manager“ bearbeitet, wo die ökonomischen Ergebnisse der beteiligten Mitgliedsbetriebe ausgewertet werden.
Nun ist es durch den Russland-Ukraine-Krieg zu massiven Verwerfungen auf dem Weltmarkt gekommen. Die Prognose für Kosten und Erlöse 2022 lässt auch nur einen kleinen Betriebsgewinn erwarten. Dazu wurde ein Modell berechnet (Tab.).
Futter und Personal
Was die Milcherzeuger vor allem in der Hand haben, sind die Futter- und Personalkosten. Da gibt es große Unterschiede. Die besten Betriebe kommen im Vergleich zu den durchschnittlichen Unternehmen mit je 4 ct/kg Milch weniger aus. Diese Kosten gilt es zu optimieren.
Maßnahmen zur Senkung der Futterkosten sind die Erzeugung von Silagen höchster Qualität, eine leistungsbezogene Fütterung und die Herausnahme zu teurer und überflüssiger Komponenten aus der Ration. Dr. Heidemann zählte die wichtigsten Strategien für eine hohe Grassilagequalität auf. So sollte der Rohfasergehalt zum Schnittzeitpunkt 24 % betragen und ist daher im Vorfeld zu bestimmen. Dementsprechend ist ein Ernteplan aufzustellen. Die Feldliegezeit sollte 24 Stunden nicht überschreiten. Beim Abfahren des Häckselgutes ist der Zucker- und Trockensubstanzgehalt zu bestimmen. Bei der Einlagerung ist die empfohlene Menge an Siliermitteln einzusetzen und der Futterstapel gut festzufahren und abzudecken.
Was den Arbeitsaufwand in der Milchviehhaltung betrifft, sollte man die Tätigkeiten so organisieren, dass man mit 40 Stunden je Kuh und Jahr auskommt.
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Gute Färsenaufzucht
Viele Betriebe haben in den letzten Jahren die Kälberaufzucht intensiviert. Dagegen liegt in der Färsenaufzucht noch so manches im Argen. Vor allem Fütterung und Management sind der Schlüssel für einen erfolgreichen Start in die Laktation. Nur wenn die Leistung der Erstlaktierenden gut ist, stimmt auch die Herdenleistung. Dafür muss so manches zusammenpassen. Stefan Neumann stellte deshalb in seinem Vortrag beim 23. Milchviehtag von Koesling-Anderson LEBG Ursache und Wirkung nebeneinander. So ist das Erstkalbealter abhängig vom Besamungszeitpunkt, der von der Lebendmasse und diese wiederum von der Tageszunahme. Die Lebendtagszunahme ist wiederum abhängig von der Nährstoffaufnahme und die vom Futterangebot, das vom Management bestimmt wird.
Wer die Milchleistung steigern will, muss sich um Jungviehaufzucht kümmern
Das beste Mittel, um die Kosten je Liter Milch zu senken, ist die Steigerung der Leistung. Und welches Potenzial in der Herde steckt, darüber gibt bereits die Peakleistung der Erstlaktierenden in der zehnten Laktationswoche Auskunft. Wer also die Milchleistung steigern will, muss sich um die Jungviehaufzucht kümmern. So sollte die Färse zum Besamungszeitpunkt 55 % des Gewichts der ausgewachsenen Kuh haben, Schwarzbunte also mindestens 385 kg wiegen und 135 cm groß sein. Wenn sie dann nicht gleich tragend werden, ist Vorsicht geboten, weil sie bei guter Fütterung schnell verfetten.
Die Trächtigkeit ist eine entscheidende Phase der Aufzucht. Wenn die Tiere keinen Weidegang erhalten, sollte man auf keinen Fall zu intensiv füttern, aber den Proteingehalt der Ration nicht unter 14 % senken. Die Futter- und Energieaufnahme lässt sich am besten über den Gehalt an Rohfaser (NDF) in der Ration steuern.
Zur Abkalbung sollten die Kühe mit Kalb etwa 95 % und jene ohne Kalb 82 % des adulten Gewichtes haben. Über das Erstkalbealter lässt sich streiten, die Färsen sollten aber auf jeden Fall eine gute Entwicklung und das richtige Gewicht haben. Betriebe, die ein frühes Erstkalbealter von 22 bis 24 Monaten aufweisen, haben in der Regel das Management der Färsenaufzucht besser im Griff und damit auch langlebigere Tiere. Die Jungkühe sollten allerdings nicht zu leicht sein, dann steigen sie nämlich mit geringerer Milchleistung ein, weil sie noch stärker wachsen müssen. Etwa 1 kg Zunahme an Körpermasse bedeutet 8 kg weniger Milch. Erst in der dritten Laktation ist das Wachstum abgeschlossen.
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Jungrinderzucht: Betriebe kaum vergleichbar
Was die Jungrinderaufzucht betrifft, ist wegen unterschiedlichster Bedingungen kaum ein Betrieb mit dem anderen vergleichbar. Dennoch sind die Kosten möglichst niedrig zu halten. Im horizontalen Vergleich der Koesling-Anderson LEBG betragen die Prozesskosten je Tier und Tag 2,20 Euro und die Aufzuchtkosten einer Färse bis zur Kalbung 1.724 Euro. Die Betriebe im oberen Drittel kommen mit 1,97 Euro bzw. 1.450 Euro aus. An der Kostenschraube lässt sich also weiter drehen. Stefan Neumann gab zur Verbesserung der Jungrinderaufzucht folgende Ratschläge:
- Wiegen von Futteraufnahme und Körpergewicht ist Pflicht
- Grund- und Restfutter für die Jungrinderaufzucht analysieren
- Weide angepasst anbieten oder zufüttern
- Energie der Ration ab 250 bis 300 kg Lebendmasse reduzieren
- mit der NDF(Rohfaser)-Menge die Futteraufnahme steuern
- Proteingehalt nie zu knapp bemessen
- Prozesskosten individuell auf dem Betrieb ermitteln.
Von den Dänen lernen
Was die Milchviehhaltung betrifft, lohnt es sich immer wieder, zu den Nachbarn zu schauen, zum Beispiel nach Dänemark. Das machte Frank Achelpöhler vom Beratungsring Hagen-Stüben. In Dänemark gibt es 565.000 Kühe, vorwiegend Danish Holstein und Danish Jersey. In 2.470 Betrieben werden im Durchschnitt 227 Kühe gehalten. Die Holsteinkühe kommen auf eine durchschnittliche Leistung von 11.365 kg Milch mit 4,07 % Fett und 3,52 % Eiweiß. Damit geben sie fast 2.000 kg Milch mehr als die Milchkühe in Deutschland.
Moderne Liegeboxenlaufställe
Was machen die Dänen nun anders? Es beginnt schon beim Kuhkomfort. So wurden in den letzten Jahren viele moderne Liegeboxenlaufställe gebaut. Viele verfügen über Hochliegeboxen mit Sandeinstreu, worauf die Kühe bequem liegen und länger ruhen können.
Stallgrundriss
Auch die Stallgrundrisse sind anders. So lassen sich durch gekreuzte Futtertische die Melkroboter besser anordnen. Die Kühe finden diese dadurch schneller und kommen wieder früher zurück zum Fressen und Liegen.
Breitere, robustere Tiere statt große Schaukühe
Die Zuchtverbände in Dänemark gehen auch etwas andere Wege als in Deutschland. So wird schon seit längerer Zeit kein besonderer Wert auf große Schaukühe gelegt, sondern es werden eher breitere, robustere Tiere bevorzugt. Ihre Spitzenleistung (Peak) in der Laktation ist nicht mehr so hoch, dafür halten sie aber länger durch (Persistenz).
Datenerfassung von jeder Kuh
Ein aktuelles Thema ist die Verlängerung der Laktation. Von Vorteil ist die zentrale dänische Datenerfassung von jeder Kuh. Es werden Informationen zur Milchleistung und Gesundheit sowie zur Fruchtbarkeit und Ernährung erfasst. Zusätzliche Datenquellen liefern Heattime-Systeme, Melkstand bzw. -roboter sowie NIR-Scans vom Futtermischwagen und Laborergebnisse (Milch, Futter, Blut). Es werden Nachgeburtsverhalten, Metritis und Mastitis, Labmagenverlagerungen, Klauen- und Gliedmaßenprobleme, Erstbesamungsalter der Färsen, freiwillige Wartezeit, Brunsterkennungs- und Konzeptionsrate bei Kühen sowie Remontierungsrate erfasst. Bei vielen Daten gibt es einen täglichen Überblick, und man kann bei Abweichungen schnell reagieren. Nützlich ist ein Vergleich mit ähnlichen Betrieben. Es kommt also darauf an, die Zahlen zu dokumentieren und auszuwerten. Das ist in Deutschland genauso gut möglich wie in Dänemark.
Fazit zum 23. Milchviehtag
Die Milch wird knapp, was zu steigenden Erlösen führt. Doch auch die Kosten für Futter und Betriebsmittel steigen rasant, sodass 2022 auch nur ein kleiner Gewinn für die Milchviehhalter zu erwarten ist. Wer seine Wirtschaftlichkeit verbessern möchte, sollte einen Vergleich mit optimierten Betrieben anstellen. Reserven gibt es auch in der Jungrinderaufzucht. Ein Blick zu den Nachbarn lohnt sich ebenfalls. Dänemark ist da auf vielen Gebieten spitze.