Erst Absatz sichern, dann mehr Bio erzeugen
Die Erzeugerpreise für Biomilch sind im zweiten Jahr in Folge gefallen. Schuld am Preisverfall sollen die steigenden Anlieferungsmengen durch die Betriebe sein – doch der Vorwurf trifft die Falschen.
Neulich vor dem Supermarktregal eines Discounters: Zwei Kunden diskutieren über das Milchsortiment. „Da kann ich ja auch Biomilch nehmen“, erklärt der eine und freut sich über das Angebot. Lediglich 99 Cent soll er für einen Liter Biomilch mit 1,5 % Fett berappen. Mit 3,8 % Fett kostet die gleiche Menge schlappe zehn Cent mehr.
Die Erzeugerpreise für Biomilch sanken 2019 im zweiten Jahr in Folge. Wie der Verband Bioland kürzlich mitteilte, fiel der Durchschnittspreis nach vorläufigen Daten im Vergleich zum Vorjahr um 0,9 Cent. Das sind fast zwei Prozent weniger. Doch schon 2018 befanden sich die Erzeugerpreise im Abwärtstrend. Sie sanken damals gegenüber dem Vorjahr um 0,6 Cent je Kilogramm Ökomilch. Zuvor, im Jahr 2017, wurde laut Bioland mit durchschnittlich 49,1 Cent je Kilogramm der bislang höchste Preis für Biomilch gezahlt.
Eine Million Tonnen Biomilch in 2019 erzeugt
Schuld am Preisverfall sollen die steigenden Anlieferungsmengen in Deutschland sein. Bereits im Mai 2019 kursierte die Meldung in der Medienwelt: „Biomilch knackt Million-Tonnen-Grenze“! Rund 33 Millionen Tonnen Milch wurden 2018 erzeugt. Davon waren eine Million Tonnen Biomilch. Nach Angaben der Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft (BLE) machte ökologisch erzeugte Milch damit einen Anteil von 3,5 % an den gesamten Milchanlieferungen aus – 19 % über dem Vorjahreswert. Marktexperten zufolge rief der Einstieg neuer Erzeuger in die Biomilchproduktion diesen Preisverfall hervor.
Doch trifft der Vorwurf die Richtigen? Folgten nicht viele der Neueinsteiger dem Ruf von Politik und Gesellschaft nach mehr ökologischer Landwirtschaft? Nach Anbaubedingungen und Tierhaltung, die auf biologischen Kriterien beruhen? Versprachen sich viele dieser Pioniere nicht mehr Wirtschaftlichkeit durch ein höheres Preisniveau? Abgesehen davon, dass dies ohnehin zwingend notwendig ist, um die Mehrkosten der ökologischen Wirtschaftsweise zu decken.
Darüber hinaus ist die mediale Präsenz von Tierschützern oder Nichtregierungsorganisationen, die es angeblich satt haben und andere Haltungsbedingungen für die Tiere fordern, ungemein groß. Und wo sind die Verbraucher, die in Umfragen bekunden, beim Kauf eines tierischen Produktes stets auch nach den Haltungsbedingungen zu entscheiden? Anscheinend gibt es immer noch den ziemlich großen Unterschied zwischen dem, was viele Verbraucher sagen, und dem, was im Einkaufswagen landet.
„Alles andere würde keinen Sinn machen“
Diese Widersprüchlichkeit hat Folgen. Biomilcherzeuger gaben die Produktion inzwischen wieder auf, weil die erzielten Preise für sie zu niedrig sind, um wirtschaftlich arbeiten zu können, und weil sie bei der gegenwärtigen politischen Lage ihre Zukunft nicht mehr in diesem Segment sehen. Auf unsere Anfrage zu den Gründen für den Ausstieg eines Milchviehbetriebes aus der Produktion bestätigte die Biomolkerei: Der Vertrag wurde in beiderseitigem Einvernehmen aufgelöst. Und: „Für uns ist es wichtig, nur so viel Rohstoff von unseren Milcherzeugern zu beziehen, wie wir auch vermarkten können. Alles andere würde keinen Sinn machen.“
Wie viel Sinn macht es dann, wenn Regierungen immer höhere Zielquoten für die Biolandwirtschaft setzen? Müssten Politik und Handel nicht erst einmal ihre Hausaufgaben machen und dem Absatz von Bioprodukten einen Schub versetzen? Und zwar einen, der nicht über Niedrigpreise am Milchregal funktioniert, sondern der den Biolandwirten ein Einkommen ermöglicht, mit dem sie auch wirtschaftlich nachhaltig arbeiten können. Nur so hat Biomilch aus der Region wirklich eine Chance.
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A2-Milch soll gesünder sein als gewöhnliche A1-Milch. Sie wird daher in Australien, Neuseeland oder in der Schweiz sogar teuer vermarktet, obwohl dieser Mehrwert wissenschaftlich nicht erwiesen ist. mehr
Von Andreas Höflich, Christine Höflich und Anke Römer