Vorreiter: Wie die Agrargenossenschaft „Bergland“ Clausnitz ihre Energieversorgung sicherstellt

Energiequelle mit Potenzial: SLB-Geschäftsführer Manfred Uhlemann, Präsident Torsten Krawczyk, Kerstin Pahlke von der Agrargenossenschaft Clausnitz, Lothar Eckardt von der Gruppe Freiberger Land und Marian Mainka, ebenfalls Agrargenossenschaft Clausnitz, vor der Biogasanlage des Betriebes. © Karsten Bär
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Potenziale für eine klimagerechte Strom- und Wärmeproduktion wachsen quasi vor der Haustür, doch Auflagen hemmen ihre Nutzung. Darauf wies der Bauernverband bei der Agrargenossenschaft „Bergland“ Clausnitz hin.

Mit Windkraft, Photovoltaik und Biogas erzeugt der Betrieb Strom und Wärme. Der Raps wird nicht nur über die Milchviehfütterung zur Lebensmittelerzeugung, sondern sein Öl auch als klimaneutraler Kraftstoff für einen Teil des Maschinenparks genutzt. Was die Agrargenossenschaft „Bergland“ Clausnitz im Osterzgebirge betreibt, darf als beispielhaft in Sachen landwirtschaftlicher Energieerzeugung im Rahmen einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft gelten. „All unsere Ressourcen nutzen wir umfassend, aber schonend“, bringt es die Vorstandsvorsitzende, Kerstin Pahlke, auf den Punkt. Kein Zufall, dass gerade dieser Betrieb vom Sächsischen Landesbauernverband (SLB) als Gastgeber für sein Sommergespräch zum Thema „Der Landwirt als Energiewirt – Mit Bioenergie zu mehr Energieautonomie?“ ausgewählt wurde. Die Potenziale für die Strom-, Wärme- und Treibstoffproduktion wachsen quasi vor der Haustür. Das zeigt die Agrargenossenschaft in Clausnitz eindrucksvoll.

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Seit Mitte der Neunzigerjahre Energieproduzent

Knapp 1.500 ha Fläche bewirtschaftet der Betrieb. Die Milchproduktion mit mehr als 600 Milchkühen ist ein wichtiger Schwerpunkt. Auch eigene Frischmilch wird abgefüllt und verkauft, unter anderem über das EU-Schulmilchprogramm. Energieproduzent ist der Betrieb schon seit Mitte der Neunzigerjahre, als die ersten beiden Windkraftanlagen in Betrieb genommen wurden.

Mit der Biogaserzeugung begann man 2001. Seit 2005 pressen die Clausnitzer die eigene Rapssaat, um den Presskuchen in der Milchviehfütterung einzusetzen – und das gewonnene Öl als Kraftstoff zu nutzen. Rund 80.000 l Rapsöl decken den jährlichen Kraftstoffbedarf von sieben Maschinen.

Sonnenenergie nutzt die Agrargenossenschaft seit 2008 zur Stromerzeugung. Inzwischen sind 14 Anlagen in Betrieb, von denen neun auch zur Eigenstromnutzung dienen. Im vorigen Jahr, so Kerstin Pahlke, produzierten die PV-Anlagen 1,2 Mio. kWh, von denen 1,0 Mio. kWh ins Netz eingespeist wurden. Den Strom vermarktet man über die Gruppe Freiberger Land eG, die derzeit 37 Mitglieder mit einer installierten Leistung von 19 MW hat.

Hackschnitzelheizung statt Öl

Und auch Holz als nachwachsenden Rohstoff nutzt die Agrargenossenschaft energetisch. Grundlage sind 87 ha Wald und eine Kurzumtriebsplantage. Alle betrieblichen Gebäude werden seit einigen Jahren statt mit Öl mit Hackschnitzeln beheizt. In Clausnitz plant der Betrieb, der auch Wohnraum vermietet, den Aufbau eines Nahwärmenetzes auf Grundlage einer Hackschnitzelheizung.

Sichere Energieversorung: Landwirte fordern bessere Rahmenbedingungen

Das Beispiel zeigt, was gehen kann, um unabhängig von unsicheren Energiequellen im Ausland zu werden. Doch hierzulande gebe es ein „unverständliches Unvermögen“, Energiepolitik zu betreiben, brachte es SLB-Präsident Torsten Krawczyk in Clausnitz auf den Punkt. Man habe Angst vor dem Winter, nutze aber die vorhandenen Potenziale nicht. „Ich kann nicht verstehen, dass wir in Sachsen einen Landwirtschafts- und Energieminister haben, der auf diese Fragen keine essenziellen Antworten liefert“, so der Präsident. Die Landwirte, die sich in eine sichere Energieversorgung einbringen wollen, forderten kein Geld, sondern bessere Rahmenbedingungen.

Welche das sind, veranschaulichte Alfons Himmelstoss, Vorstandsvorsitzender der Gruppe Freiberger Land. Biogasanlagen könnten kurzfristig und ohne zusätzliche Investitionen 20 bis 25 % mehr Strom erzeugen. „Wir dürfen aber nicht“, so Himmelstoss. Starre Vorgaben und bürokratische Hemmnisse verhinderten dies. Man brauche eine Aufhebung der Höchstbemessungsleistung, beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren, einen beschleunigten Anschluss von Biogasanlagen an Gas- und Stromnetzanschlüsse, beschleunigte Ausschreibungsverfahren bei den Gasnetzbetreibern und vereinfachte Zertifizierungen. Bislang sei für jede Änderung ein Gutachten nötig, lange Bearbeitungszeiten in den Behörden und bei den Netzbetreibern verzögerten zusätzlich.

Auch der SLB fordert, dass Landwirten das Mitwirken an der Energiewende erleichtert wird. So müsse die Wirtschaftlichkeit von Bestandsanlagen auch nach dem Ablauf des EEG-Vergütungszeitraums sichergestellt werden. Investitionshemmnisse wie die endogene Mengensteuerung oder die Süd-Quote sollten gestrichen werden. Regulatorische Einschränkungen, die einer Erhöhung der Gasproduktion entgegenstehen, sollten ausgesetzt, die Rahmenbedingungen für die Einspeisung von Biogas ins Gasnetz verbessert werden.