Zwei Gewerke unter einem Dach – Landschaftspflege und Landwirtschaft
Die Firma des Gräfendorfer Ehepaars Markus und Melanie Merkel passt in keine Schublade. Geschickt kombinieren sie Aufgaben als Dienstleister mit Landwirtschaft und Landschaftspflege.
Von Silvia Kölbel
Markus Merkel und seine Frau Melanie aus Gräfendorf bei Pößneck im thüringischen Saale-Orla-Kreis vereinen in ihrer Firma, der Landwirtschaft- und Landschaftspflege Merkel GbR, zwei Branchen unter einem Dach. Während die Gründung des Gala-Bau-Betriebes schon sieben Jahren zurückliegt, schob sich die Tierhaltung mit EU-Biosiegel vor drei Jahren erst als Liebhaberei, dann als ernsthafte Tätigkeit dazwischen.
„Zuerst hatten wir nur vier Kamerunschafe. Dann fanden wir Gefallen an der Tierhaltung. Unsere Schafherde wuchs. Heute halten wir 60 Tiere der Rassen Merinofleischschaf, Kamerunschaf und Scottish Blackface sowie einige Kreuzungstiere“, sagt Melanie Merkel. Als gelernte Hotelfachfrau ist sie, wie ihr Mann letztendlich auch, ein Quereinsteiger in die Landwirtschaft.
Derzeit erfolgt die Umstellung von vorwiegend Kamerunschafen auf die schottische Landschafrasse mit der markanten Wolle und dem ungewöhnlichen Aussehen. 3–3,5 kg langstapelige Wolle tragen die Böcke, bei den Muttertieren sind es 2–2,5 kg. Das Vlies dieser Rasse erreicht eine Länge bis 30 cm. Markante äußere Merkmale der Schafe sind der breite, ramsförmige, schwarz-weiß-gefleckte Kopf, die, besonders bei älteren Böcken, schneckenförmig gedrehten Hörner und die weißen Beine mit schwarzen Punkten.
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Robuste „Rasenmäher“ zur Landschaftspflege
Doch allein deswegen entschieden sich Merkels nicht für diese Schafe. „Die Rasse ist robust und wenig empfänglich für Moderhinke. Das ist für uns wichtig, weil die Tiere in der Landschaftspflege eingesetzt werden und teils feuchte Wiesen, die Überflutungsflächen eines Flusses, abweiden“, erklärt sie. Zudem lammen die Muttertiere unkompliziert, meist ohne menschliche Hilfe, ab.
Die Scottish Blackface hätten sich auch als die besseren Futterverwerter erwiesen. Während die Kamerunschafe beim Grasen stark selektieren und hartes trockenes Gras oder Brennnesseln stehenlassen, pflegen die Schotten die Weide wie ein Rasenmäher. Merkels hoffen außerdem, eine Verwendung für die schöne Wolle zu finden, so wie es auch in ihrem Ursprungsland üblich ist. Der Betrieb hielt zwischendurch auch Rinder, konzentriert sich nun auf Schafe und Schweine. Letztere, Mangalitza-Wollschweine, sind für die Freilandhaltung besonders gut geeignet. Vier Sauen, ein Eber und die Nachzucht, insgesamt 14 Tiere, zählen zum Bestand, ergänzt durch zwei Bentheimer Schweine, die im Herbst zum Schlachten kommen.
Voriges Jahr mussten die Schweine umziehen – von den Wiesen am Fluss Kotschau auf eine Fläche nach Krölpa, weitab vom Publikumsverkehr. „Die erste Fläche lag direkt an einem Radwanderweg. Das Veterinäramt hatte Bedenken, dass Spaziergänger die Tiere unkontrolliert füttern und so möglicherweise die Afrikanische Schweinepest einschleppen. Wir sind über den Wechsel zu einem anderen Standort auch ganz froh, denn die Leute werfen alles Mögliche als Futter über den Zaun, selbst Tiefkühlpizza“, berichtet Melanie Merkel.
Die Mehrzahl der momentan 60 Schafe steht, aufgeteilt auf bis zu fünf Herden, rund um den Wohnort des Paares und ist in wenigen Minuten erreichbar. Das ist gerade in Zeiten großer Hitze für deren Versorgung mit Wasser günstig, denn nur einer der Weidestandorte verfügt über einen Wasseranschluss. Fast eine Dreiviertelstunde müssen die Tierhalter dagegen zurücklegen, wollen sie die Streuobstwiese in der Nähe von Schloss Burgk erreichen. Dort übernimmt eine Herde auf einer 3,7 ha großen Biotop-Grünfläche mit zum Teil uralten Kirsch- sowie Birnen- und Apfelbäumen die Landschaftspflege.
Fester Kundenstamm
Nachdem das Paar vor ein paar Jahren von einem bestätigten Wolfsübergriff mit drei gerissenen Tieren überrascht wurden, hängen jetzt überall Wildkameras, die Bewegungen vor Ort direkt aufs Handy melden. Zudem wachen zwei Herdenschutzhunde, zweijährige Kangals, über die Schafe. Das Biofleisch der Nutztiere wird vorwiegend im Winterhalbjahr vermarktet. Im Oktober beginnt die Schlachtsaison. Dabei halbiert sich die Zahl der Tiere. „Wir haben einen festen Kundenstamm, der vorbestellte Fleischpakete von Schaf, Lamm oder Schwein abholt. Ein Großteil des Fleisches landet als Wurst im Glas, die dann gut haltbar ist. Wir bieten verschiedene Sorten an. Bratwurst und Leberwurst im Glas schmeckt allen Generationen. Blutwurst bevorzugen die Älteren. Das Schlachten und Wursten übernimmt ein biozertifizierter Betrieb in 20 Fahrminuten Entfernung“, erklärt Markus Merkel. Und ergänzt: „Wir schaffen die Tiere dorthin und holen das Fleisch und die Wurst ab.“ Außerdem beliefert der Betrieb einen Bioladen in der näheren Umgebung.
Von einer zum Betrieb gehörenden weiteren 2.000 m2 großen Streuobstwiese ernten Merkels das Obst alter Sorten. Das Obst sowie daraus hergestellter Fruchtaufstrich gehören ebenfalls zum Angebot. Vorwiegend für die private Nutzung halten Merkels noch ein paar Legehennen. Das Winterfutter für die Wiederkäuer, ausschließlich zu etwa 80 Rundballen gewickeltes Heu, gewinnt Markus Merkel mit einem 40 Jahre alten John-Deere-Schlepper auf den 20 ha zum Betrieb gehörenden Grünlandflächen.
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Verteilte Arbeitsspitzen in der Landwirtschaft
Einen Teil der Heuernte bietet Markus Meckel zum Verkauf an. „In trockenen Jahren wie diesem dient der erste Schnitt der Heugewinnung. Für einen zweiten Schnitt wächst dieses Jahr allerdings zu wenig nach. Die Flächen weiden dann unsere Schafe ab“, so Markus Merkel. In etwa je zur Hälfte sind Melanie und Markus Merkel im Gala-Bau und in der Landwirtschaft tätig. Sie schneiden Bäume und Hecken, pflegen Grundstücke und fällen oder pflanzen die Bäume ihrer Kunden.
Die Arbeitsspitzen sind dabei ganz unterschiedlich verteilt. Bei großer Hitze muss der Gala-Bau zurücktreten, weil die Versorgung der Tiere mit Wasser viel Zeit in Anspruch nimmt. Bei großem Auftragsvolumen im Gala-Bau springt ein anderer Landwirtschaftsbetrieb ein und erledigt wichtige Tätigkeiten in Lohnarbeit.
Jüngstes Projekt der beiden ist die Aufnahme in das Netzwerk „Weidewonne – Thüringer Becken“. Dort arbeiten Schafhalter, Fleischereien und Gaststätten zusammen. „Wir wollen uns zertifizieren lassen. Dafür müssen wir die regionale Herkunft der Schafe nachweisen, die tiergerechte Haltung und Fütterung sowie die Beweidung naturschutzrelevanter Flächen“, erklärt Melanie Merkel. Ziel des Projektes sei der Erhalt des Steppenrasens im Thüringer Becken. Die zum Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) gehörende Davidstiftung betreut das Projekt, von dem sich Merkels eine Erweiterung ihrer Direktvermarktung und damit die Generierung neuer Kunden erhoffen.