Holzbretter online: Direkt vom Forstdienstleister
Neben klassischen Dienstleistungen realisiert ein Forstunternehmen in Sachsen-Anhalt mit einem Onlineshop für Schnittholz eine deutschlandweit wohl einmalige Wertschöpfungskette – Timbercut.
Von Wolfgang Rudolph, Bad Lausick
Die Rollen der Akteure sind im traditionellen Holzgeschäft klar verteilt. Beginnend beim Forstbetrieb, der die Bäume erntet und grob aufbereitet, gelangen die Stämme ins Sägewerk und schließlich über den Holzhandel zum Kunden. Für alle Zeit festgeschrieben ist das allerdings nicht.
Mit Blick auf das Angebot kleinerer, auch mobiler Sägewerke liebäugelt wohl so mancher Forstdienstleister mit dem Gedanken einer direkten Vermarktung von Schnittholz, um von der erweiterten Wertschöpfung zu profitieren. Das Problem ist der aufwendige Verkaufsprozess.
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Holzbretter online: Ein-Mann-Firma wurde moderner Dienstleister
Es gilt nicht nur, fortlaufend Kunden in einem größeren Umkreis zu akquirieren und das bestellte Holz zuzuschneiden, sondern auch den Versand zu organisieren. Hinzu kommen Werbung, Kundenverwaltung, Rechnungslegung – eben alles, was zum Handel gehört. Unüberwindliche Hürden für ein Forstunternehmen mit wenigen Mitarbeitern, möchte man meinen.
„Doch es geht“, hält Justin Kollautz dagegen. Der Juniorchef des Forstdienstleisters Timbercut in Söllichau (Sachsen-Anhalt) betreibt einen Onlineshop mit Schnittholzkonfigurator. Im Timberstore können Kunden nicht nur Forstartikel, sondern auch auf Maß zugeschnittene Kanthölzer und Bretter aus Eiche, Robinie, Kiefer oder Lärche für individuelle Holzkonstruktionen erwerben und sich anliefern lassen.
Ausgangsmaterial sind Baumstämme, die das Unternehmen bei Durchforstungs- und Pflegearbeiten für ihre Auftraggeber erntet und im betriebseigenen Wood-Mizer-Bandsägewerk verarbeitet. „Mit unserem Ende 2020 gestarteten E-Commerce-Angebot sind wir ganz offensichtlich in eine Marktnische gestoßen. Mittlerweile liegt hier der monatliche Umsatz ohne große Werbung im mittleren fünfstelligen Bereich. Zwei Mitarbeiter wurden zusätzlich angestellt. Und wir erzielen Gewinn“, freut sich der 27-jährige über die positive Entwicklung.
Junior steigt nach „Wanderschaft“ ein
Neben ihm steht Vater Holm Kollautz und schmunzelt. Der Firmeninhaber ist froh über die Rückkehr des Juniors ins Familienunternehmen. Obwohl Justin seine Kindheit zu einem guten Teil zwischen Harvestern, Motorkettensägen und Rückezügen verbrachte, war das nach dem erfolgreichen Maschinenbaustudium in Mannheim und Braunschweig mit Masterabschluss, vor allem aber durch die anschließenden spannenden Jobs bei der Deutschen Bahn und VW Motorsport keineswegs sicher. Zur Entscheidung Justins mag neben Heimweh beigetragen haben, dass Holm Kollautz seinem Sohn bei den Modernisierungsvorhaben weitgehend freie Hand lässt und den damit verbundenen Investitionen zustimmte.
Der in einer Försterfamilie aufgewachsene Seniorchef war selbst erst 20, als er das Unternehmen 1991 gründete, unmittelbar nach Abschluss seiner Ausbildung zum Forstwirt. Aus der Ein-Mann-Firma mit ausgemusterter DDR-Technik entwickelte sich in den zurückliegenden drei Jahrzehnten ein modernes Dienstleistungsunternehmen mit 19 Mitarbeitern.
Holzernte als Kerngeschäft
Den Maschinenpark bestimmen Forstmaschinen von John Deere. Bei den Harvestern sind das zwei 1070 und ein 1170, bei den Forwardern zwei 1210 sowie je ein 1010 und ein 1110. Hinzu kommen weitere Maschinen wie ein Kotschenreuther-Forsttraktor mit Bergstütze und Doppeltrommelwinde, ein Radlader, ein Case-IH-Traktor für Anbaugeräte zum Waldbau wie Räumrechen oder Mulcher, MDB-Funkmähraupe und Lkw.
Das vorwiegend in den Nadelholzbeständen der Dübener und Dahlener Heide, aber auch in weiteren Waldgebieten Sachsen-Anhalts, Sachsens und Bayerns tätige Unternehmen bietet Waldbesitzern das komplette Programm von der Aufforstung bis zum Einschlag, wenn gewünscht auch die Holzvermarktung. „Unser Kerngeschäft ist die Holzernte.
Pro Maschinenduo zum Fällen und Rücken kommen jährlich etwa 20.000 Festmeter zusammen. Bei stärkerem Schadholz haben die Teams in jüngster Zeit aber auch schon bis zu 100.000 Festmeter im Jahr aus dem Wald geholt“, beschreibt der heute 51-jährige Firmeninhaber das Leistungsprofil.
Bildergalerie: Timbercut – Holzbretter online
Digital Europe Programme: EU förderte
Beim Eintritt in das väterliche Unternehmen hatte der Heimkehrer nach eigener Aussage ziemlich genaue Vorstellungen über die anstehenden Modernisierungsprojekte. Im Mittelpunkt sollte dabei die Digitalisierung der Betriebsabläufe stehen.
„Während des Studiums hatte ich dazu ja schon viele Anregungen bekommen. Bei meinen Tätigkeiten in den großen Unternehmen habe ich ganz praktisch erfahren, wie sich etwa durch Apps zur intelligenten Datenauswertung oder die Nutzung des Internets komplizierte Prozesse wie die Organisation einer digitalen Handelsplattform mit überschaubarem Zeitaufwand bewältigen lassen“, erläutert Justin Kollautz.
Er entwickelte ein Digitalisierungskonzept für den Forstbetrieb, das neben dem später mit einem Schnittholzkonfigurator erweiterten Onlineshop auch ein preiswertes GPS-Tracking für Forstmaschinen und Polterplätze, ein weitestgehend papierloses Büro auf Basis eines Warenwirtschaftsprogrammes mit Kundendatei und den Aufbau von Social-Media-Kanälen zur Kundenbindung und Imagepflege enthält. Damit bewarb er sich um eine EU-Förderung im Rahmen der „Digital Europe Programme“ und hatte Erfolg.
„Die finanzielle Unterstützung in Höhe von 70 Prozent unter anderem für die Erstellung der Firmenwebsite und die professionelle Programmierung des Onlineshops war eine wichtige, wenn nicht sogar die entscheidende Starthilfe“, blickt Justin Kollautz zurück. Die IHK Sachsen-Anhalt würdigte die unternehmerische Initiative 2022 mit dem mit 5.000 € dotierten ersten Platz im Wettbewerb „Digitale Erfolgsgeschichten“.
Das von einem 18,5-kW-Elektromotor angetriebene stationäre Sägewerk Wood-Mizer LT70 Remote befindet sich unter dem Vordach einer Halle auf dem 17.000 m2 großen Timbercut-Betriebsgelände in Söllichau. Die Investition von rund 60.000 € kann bis zu 5 m lange Stämme mit einer Stärke von 60 cm verarbeiten.
Verlustarmer Zuschnitt
Bei der gewählten Maschinenvariante Remote fährt der Sägekopf in Richtung Bedienpult und schiebt beim Zurückfahren das abgeschnittene Holz auf ein Förderband, das es auf einen Sortiertisch Marke Eigenbau befördert.
Dort erfolgt das Ablängen entsprechend der Kunden-Bestellungen. Schnittholzreste können regionale Abnehmer als Brennholz erwerben oder sie werden nach der Verarbeitung zu Hackschnitzeln verarbeitet und vermarktet. Die abgesaugten Späne nutzen Pferdehöfe und Hühnerhalter als Einstreu.
Beim Sägen und Ablängen der Kanthölzer und Bretter müssen die Mitarbeiter überlegt vorgehen, um die maximale Schnittholzmenge aus den Stämmen herauszuholen. Da der Schnittholzkonfigurator eine Auswahl diverser Kantenmaße und Längen ermöglicht, ist das quasi ein umgekehrtes 3D-Puzzle für Fortgeschrittene.
Holzbretter online: Versand
Eine weitere Herausforderung ist die Kalkulation der Versandkosten. „In der gegenwärtigen Shopversion behandeln wir alle Bestellungen, die nicht selbst abgeholt werden, zunächst als unverbindliche Anfrage“, informiert Justin Kollautz. Der Preis für den ausgewählten Umfang an Schnittholz werde im Konfigurator des Shopsystems zwar angezeigt.
Aber es mache natürlich einen Unterschied, ob die Ware nach Leipzig oder München geliefert werden soll und ob sie 100 kg oder 2 t wiegt. Zu Beginn jedes Arbeitstages sichte er die eingegangenen Bestellungen, ermittle die günstigste Versandoption und unterbreite dem Kunden per Mail ein Angebot mit dem Endpreis und dem möglichen Liefertermin.
„Da zieht dann schon mal ein entfernt wohnender Interessent seinen Auftrag zurück oder reagiert nicht auf die Mail“, berichtet Shopbetreiber Kollautz. Hier gebe es aber durchaus regionale Unterschiede. So würden Kunden aus Bayern und Baden-Württemberg den Bestellvorgang selten abbrechen. Das liegt vermutlich daran, dass Bauholz in diesen Bundesländern oft teurer sei und der Timberstore-Endpreis, also inklusive Anlieferung, somit eher als konkurrenzfähige Alternative in Betracht gezogen werde.
Preisakzeptanz und eine wachsende Nachfrage registriere er ebenso bei gewerblichen Abnehmern, da diese sich in den jeweils aktuellen Holzpreisen auskennen und den Vorteil, der durch den Wegfall von Verschnitt entsteht, in ihre Kalkulation einbeziehen.