Agrarstrukturgesetzentwurf Sachsen: Mit Grenze nach oben
Im Freistaat soll ein Agrarstrukturgesetz den Preisdruck am Boden- und Pachtmarkt dämpfen und große Investoren aus Betrieben fernhalten. Strittig sein dürfte die Deckelung für Flächenbesitz.
Aktuell liegt der Entwurf zur Anhörung vor: Das sächsische Agrarministerium hat Mitte April 2023 ein Agrarstrukturgesetz vorgestellt, das regional ansässige Landwirte im Grundstücksverkehr bevorzugen, sie vor überhöhten Pacht- und Kaufpreisen schützen sowie den Verkauf von Unternehmensanteilen an nicht landwirtschaftliche Investorenverhindern soll. Damit wird eine im Koalitionsvertrag fixierte Vereinbarung erfüllt, die vor allem den Grünen wichtig war. Der Gesetzentwurf soll nach Anhörung der Verbände möglichst noch vor der Sommerpause ins parlamentarische Verfahren gehen.
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Agrarstrukturgesetzentwurf Sachsen: Fläche bezahlbar halten
„Das Agrarstrukturgesetz ist der dringend benötigte Schutzschirm für unsere sächsischen Landwirtinnen und Landwirte“, erklärte der agrarpolitische Sprecher der Grünen, Volkmar Zschocke, nach Vorstellung des Gesetzes. Er verwies auf den zunehmenden Flächendruck durch „Siedlungsbau, Gewerbe oder Energiegewinnung“. Das Gesetz helfe, faire Bedingungen für die Landwirte herzustellen und „eine Verdrängung durch Bodenspekulation zu verhindern“. Auch junge Familien sollten Höfe übernehmen können und bezahlbaren Zugang zu den notwendigen Flächen haben, so Zschocke.
Zustimmung erhält der Entwurf auch von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), die schon seit längerer Zeit ein Agrarstrukturgesetz fordert. „Der Gesetzentwurf ist ein großer Schritt in die richtige Richtung“, sagte Anne Neuber, Geschäftsführerin der AbL Mitteldeutschland. „Nur mit einem starken Agrarstrukturgesetz kann der Ausverkauf der sächsischen Landwirtschaft an Investoren endlich gestoppt werden. Wir werden den Entwurf gründlich prüfen und uns kritisch und konstruktiv in den weiteren Prozess einbringen.“ Insbesondere die Regelungen zu sogenannten Share deals, also der Verkauf und Erwerb von Betriebsanteilen, war dem Verband wichtig. Das Gesetz unterwirft solche Geschäfte einer Anzeige- und Genehmigungspflicht.
Regeln für Share Deals
Der vorgelegte Entwurf fülle eine bestehende Regulierungslücke, indem er juristisch nachvollziehbar Versagungsgründe für Share Deals herleitet. Dies trägt aus Sicht der AbL dazu bei, die Agrarstruktur in Sachsen zu erhalten. Auch dem Sächsischen Landesbauernverband (SLB) liegt der Entwurf vor. Eine erste Besprechung sollte am Donnerstag, den 27. April 2023, im erweiterten Verbandsrat erfolgen, die man vor einer ersten öffentlichen Stellungnahme abwarten wollte.
Bereits zur Jahresauftaktklausur des SLB im Januar war das Thema diskutiert worden, nachdem es dort Agrarminister Wolfram Günther (Grüne) vorgestellt hatte. Ohne öffentlich näher ins Detail zu gehen, hatte SLB-Präsident Torsten Krawczyk das Anliegen des Agrarstrukturgesetzes, die Landwirte vor Spekulation zu schützen und einen überhitzenden Bodenmarkt zu vermeiden, im Prinzip befürwortet. Gleichzeitig kritisierte er nach der Verbandsklausur im Januar, dass Höchstgrenzen für den Flächenerwerb festgelegt werden sollten.
Besitz ist offenzulegen
Offen blieb damals, wo diese Grenze liegen sollte. Zumindest im nun vorgelegten Entwurf ist eine Flächenkonzentrationsgrenze von 2.500 ha vorgesehen. Unternehmen und sonstige Akteure sollen über diese Grenze hinweg nicht dauerhaft landwirtschaftliche Flächen kaufen oder pachten oder über beherrschende Gesellschaftsbeteiligungen mittelbar besitzen können. Allerdings gilt Bestandsschutz für Betriebe, die bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits über dieser Grenze liegen – und auch dann noch, wenn sie diese danach zwischenzeitlich unterschreiten.
Um die Flächenkonzentration von Unternehmen und verflochtenen Unternehmen zu bewerten, sollen alle in der Bundesrepublik gehaltenen Pacht- und Eigentumsflächen einbezogen werden, erklärte das Agrarministerium auf Anfrage. Bei Antragstellung auf eine Erwerbsgenehmigung seien entsprechende Angaben offenzulegen. Dies werde man stichprobenartig überprüfen, heißt es aus dem Ministerium. „Die Durchsetzung der Anzeigen und die Richtigkeit der dabei gemachten Angaben soll durch eine Erweiterung der Möglichkeiten zur Verhängung von Ordnungsmitteln durch die Behörden gesichert werden.“
Pachtspiegel geplant
Anzeigepflichtig wird auch die Übertragung von Anteilen an Unternehmen mit Besitz oder Eigentum an landwirtschaftlich nutzbaren Flächen. Auch hier wird die Konzentrationsgrenze relevant. Wird sie überschritten, muss der entsprechende Akteur seinen Flächenzugriff entsprechend reduzieren. Das Verwaltungsverfahren zur Prüfung dieser „Share Deals“ und vergleichbarer Rechtsgeschäfte soll beim Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) geführt werden. Aus Sicht des Ministeriums belegt eine Studie des Thünen-Instituts aus dem Jahr 2017, dass auch in Sachsen außerlandwirtschaftliche Investoren als Mehrheitseigentümer einen beträchtlichen Teil der Landwirtschaftsbetriebe besitzen und Vorkehrungen getroffen werden sollten.
Besorgt ist man im Agrarministerium auch über die Entwicklung der Kauf- und Pachtpreise für landwirtschaftlich genutzte Flächen, durch die die Betriebe einem hohen Wettbewerbsdruck ausgesetzt seien. Auch hier sollen Höchstgrenzen Abhilfe schaffen. So soll Land nicht teurer als 20 % über Verkehrswert verkauft werden dürfen. Der Pachtzins darf nicht höher als 50 % über dem ortsüblichen Vergleich liegen. Hierzu werde das LfULG alle zwei Jahre regionale Pachtpesspiegel erstellen, wozu das bereits vorhandene IT-Programm zum Grundstücks- und Pachtverkehr in Sachsen weiterentwickelt werden soll.
Um den Erwerb von Landwirtschaftsflächen durch Nichtlandwirte zu erschweren, sieht der Gesetzentwurf eine Stärkung der gemeinnützigen Sächsischen Landsiedlungsgesellschaft (SLS) vor. Sie soll ihr Vorkaufsrecht schon ab 1 ha und nicht erst ab 2 ha wie bisher ausüben können. Die Genehmigungsfreiheit für Verkäufe landwirtschaftlicher Flächen wird zugleich auf 1 ha angehoben. Weiterhin soll die SLS ein Vorkaufsrecht zugunsten Dritter erhalten. Die Haltefrist der SLS, in der das Grundstück agrarstrukturverbessernd eingesetzt werden kann, soll auf zehn Jahre verlängert werden.