Nährstoffe im Kreislauf halten
Auf dem Impulsforum „Nährstoffkonzepte für den Ökolandbau von morgen“ der DLG-Wintertagung kamen Ökoberater Andreas Jessen und Ökolandwirt Christoph Müller aus der Praxis zu Wort.
Eines der Impulsforen auf der DLG-Wintertagung 2020 widmete sich dem Themenkomplex „Nährstoffkonzeopte für den Ökolandbau von morgen“. Ökolandwirt Christoph Müller, der seit 1989 zusammen mit seiner Frau den Bioland-Hof Müller-Oelbke in Niedersachsen an der Grenze zu Thüringen bewirtschaftet, hat ganz eigene Ansätze, die Nährstoffkreisläufe auf seinem Betrieb weitestgehend zu schließen.
Für ihn sind die Bausteine einer betrieblichen Düngung eine viehlose Landwirtschaft. Der Grund dafür ist einfach: in seinem Fall ist kein geschlossener Nährstoffkreislauf möglich – der Betrieb ist also ein Nettoexporteur. Stattdessen ist für Müller ein Mündungsdenken über die Fruchtfolge mit Kleegras besonders wichtig. Humus ist nicht nur gut für die Bodenfruchtbarkeit, sondern auch ein guter Wasserspeicher.
Düngung über regionale und überregionale Kooperationen
Die Düngung organisiert der Biolandwirt durch vielfältige Bestandteile und immer auf Basis des Nährstoffentzugs bzw. des Nährstoffmangels. In der Region unterhält er daher verschiedene Futter-/Mist-Kooperationen mit anderen Betrieben. Auf überregionaler Ebene kommt zugekaufter Dünger in seinen betrieblichen Nährstoffkreislauf. Vor Ort sind dafür jedoch Lagerkapazitäten notwendig. Zu diesem Zweck hat der Landwirt eine Mistlagerhalle mit einer Haufenkompostierung gebaut.
Die organischen Düngemittel, die er auf regionaler Ebene bezieht, sind:
- Mistkompost von Rind, Pferd,
- festes Gärsubstrat,
- Grüngutkompost,
- Gärrest flüssig (über einen Kooperationspartner, der dafür Kleegras und Futterreste zurückbekommt) und fest (teils Bioland, Nawaro).
Von ihm eingesetzte organische Düngemittel auf überregionaler Ebene sind:
- Biohühnertrockenkot (von der Wirkung vergleichbar mit Kalkammonsalpeter),
- Handelsdünger wie Haarmehlpellets.
Der Einsatz von Grüngutkompost dient vor allem der Humuslieferung. Zu den Kartoffeln werden auf dem Müller-Oelbke-Hof alle fünf Jahre 20 t/ha Grüngutkompost ausgebracht. Mit Rhizoctonia hat er in den Kartoffeln keine Probleme, denn Grüngutkompost wird von ihm auch als „Gesundungsfrucht“ gesehen.
Eingesetzte mineralische Düngemittel auf dem Bioland-Hof Müller-Oelbke sind:
- Carbokalk,
- Kalkmergel,
- Gips,
- Schwefel (linsenförmig und flüssig),
- Kalium (Polysulfat und Kalimagnesia) und
- Mikronährstoffe wie Bor, Zink, Molybdän u. a.
Müller zum Nährstoffkreislauf: „Das ganze System muss stimmen“
Für Christoph Müller sind stabile und gute Erträge der Erfolgsmaßstab einer kreislaufbetonten Düngung. „Das ganze System muss stimmen“ sagt er. Und man muss die Gesamtkosten einer Kultur im Blick behalten. „Stickstoff ist für uns kein Thema“, sagt er, denn sie dürfen nach den Vorgaben ihres Anbauverbands Bioland im Jahr 22.000 kg N zukaufen.
Phosphor sei für den Betrieb schon eher problematisch, da der Bedarf der Pflanzen meist geringer ist, als über die eingesetzten Dünger an Phosphor auf den Acker komme, betont der Landwirt. Für die Kaliumdüngung und die Regulierung des pH-Wertes (nach Gehaltskassen von A bis D) verwendet er Applikationskarten. So kann er dem Bedarf entsprechend Dünger ausbringen, um die Gehaltsklasse des Nährstoffs bzw. des Säuregehaltes der Fläche zu homogenisieren.
Probleme sieht Müller vor allem in der Düngeverordnung. Hier macht ihm besonders der Phosphor sorgen, da es bei diesem Nährstoff einen Überschuss aufgrund der von ihm eingesetzten Mehrnährstoffdünger gibt. Doch auch mit den Richtlinien der Bioanbauverbände sieht Christoph Müller Probleme auf die Branche zukommen. Die geregelte Nährstoffzukaufsmenge und deren Art führt er hier beispielhaft an. Der Klimawandel habe besonders einen Wassermangel zufolge. Daher müssen landwirtschaftliche Betriebe unbedingt wassersparender arbeiten. Eine Kleegrasfruchtfolge kann dabei eine hilfreiche Maßnahme sein. Mit dem Zitat „Irgendwie gehts immer weiter“ beendete Müller seinen Vortrag.
Berater Jessen: Leguminosen auf 20 Prozent der Fläche
Andreas Jessen ist Berater bei der Naturland-Fachberatung aus Schleswig-Holstein. Bereits seit 17 Jahren berät er Naturland-Betriebe. Für ihn gibt es in Bezug auf die Fruchtfolge einen wichtigen Grundsatz: Auf mindestens 20 % der Fläche sollten Leguminosen (also Kleegras oder Körnerleguminosen) angebaut werden. Außerdem sollten sich seiner Meinung nach Betriebe auch nach externen organischen Düngern umschauen (sein Leitsatz: „Düngen hilft“), doch die haben auch immer einen Nachteil, z. B. Phosphor-Inbalance oder Mikroplastikbesatz.
Herausforderungen bei der Düngung sieht Jessen in versiegenden Nährstoffquellen durch eine erhöhte Nachfrage (beispielsweise nach Biohühnertrockenkot), ein geringes Angebot „geeigneter Dünger“ und einen erhöhten Beschaffungsaufwand. Auch Düngerqualitäten sind Herausforderungen: Phosphat-Minen sind mehr und mehr erschöpft oder mit Schadstoffen belastet, „Störstoffe“ wie Mikroplastik und größere Plastikteile finden sich zum Teil in Komposten wieder und bestimmte potenziell geeignete Düngemittel stoßen bei der Richtlinienkonformität an ihre Grenzen.
Komplett in sich geschlossene Nährstoffkreisläufe gibt es für Jessen nicht. Doch Lösungsansätze für die genannten Herausforderungen sieht er in einer erhöhten Bodenfruchtbarkeit durch „Investitionen“ in den Bodenaufbau. Pflanzen mit hohen Wurzelmassen können gut zum Humusaufbau beitragen. Die Wurzelmasse kann je nach Pflanze das Zwei- bis Dreifache der oberirdischen Erntemenge betragen. Zum Anbau von Zwischenfrüchten hat er eine klare Meinung: „Zwischenfrucht nur mit Senf – damit können wir uns nicht zufriedengeben und im Ökolandbau schon gar nicht.
Leguminosenanbau: Potenziale und Herausforderungen
Seiner Meinung nach sollte der Anbau von Leguminosen gestärkt werden, da so ein betriebliches Einkommen erzielt werden kann und Stickstoff generiert wird. Auf der anderen Seite müssen beim Leguminosenanbau Wechselwirkungen beachtet werden, wie das Einhalten der Anbaupausen von mehreren Jahren bei Erbsen etc. Große Potenziale sieht der Ökoberater in der Züchtung und besseren Verwertung von Leguminosen. Bis auf eine neue Sorte der Weißen Lupine sei die Züchtung fast zum Erliegen gekommen, sagt er.
Als ebenso wichtig für die Nährstoffkonzepte der Zukunft erachtet er Kooperationen zwischen ökologischen und konventionellen Betrieben. Win-Win-Situationen gebe es z. B. bei hohen Flächenkosten und geringer Effizienz. So könnten Milchviehbetriebe einen Teil der Futterproduktion auf den Ökobetrieb auslagern.