Windkraft im Wald: Chancen und Herausforderungen
Die Öffnung von Waldflächen für Windkraftanlagen könnte einen Beitrag zum Ausbau der erneuerbaren Energien im Land leisten. Umweltminister Willingmann hat vor allem Kalamitätsflächen im Wirtschaftswald im Blick.
Borkenkäfer sowie Hitze- und Dürrephasen haben in den Wäldern Sachsen-Anhalts in den vergangenen Jahren erhebliche Schäden verursacht. Wo einst artenarmer Wirtschaftswald stand, könnten aus Sicht von Energieminister Armin Willingmann künftig auch Windkraftanlagen errichtet werden, wenn Land und Regionale Planungsgemeinschaften die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen. „Es geht nicht darum, wertvolle Mischwälder abzuholzen oder Naturschutzgebiete infrage zu stellen“, betonte der Minister kürzlich.
„Für Windkraftprojekte könnten aber auch ehemalige artenarme Wirtschaftswälder infrage kommen, die in windhöffigen Gebieten liegen und nach Dürren und Käferbefall heute eher an Mondlandschaften erinnern“, sagte er. Im Südharz besichtigte der SPD-Politiker am 25. Oktober gemeinsam mit kommunalen sowie Verbandsvertretern eine 1.200 ha große Kalamitätsfläche nahe der Ortschaft Breitenstein. Mit einer Änderung des Landeswaldgesetzes und einer Anpassung der Landesentwicklungsplanung könne das Land den auf kommunaler Ebene zuständigen Regionalen Planungsgemeinschaften den rechtlichen Handlungsspielraum einräumen, Kalamitätsflächen wie hier im Südharz für Windkraftprojekte auszuweisen, erklärte Willingmann.
Innerhalb der Landesregierung gebe es hierzu bereits einen entsprechenden Austausch mit dem für das Waldgesetz zuständigen Agrar- und Forstressort sowie dem für die Entwicklungsplanung zuständigen Infrastrukturministerium. Nach dem derzeit geltenden Landeswaldgesetz ist eine Errichtung von Windenergieanlagen auf Waldflächen generell nicht zulässig. Dieses umfassende Verbot durch ein Landesgesetz wurde allerdings im vergangenen Jahr anhand des Thüringer Waldgesetzes für verfassungswidrig erklärt.
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Windkraft im Wald: Flächenziele stehen
Willingmann verwies im Hinblick auf den weiteren Windkraftausbau im Land auf die vom Bund vorgeschriebenen Flächenziele, die in den kommenden Jahren erreicht werden müssen: Bis Ende 2027 müsse Sachsen-Anhalt 1,8 % der Landesfläche als Windvorranggebiete ausweisen, bis 2032 sollen es 2,2 % sein. Aktuell seien nur 1,1 % planungsrechtlich für Windparks gesichert. Eine Abfrage des Ministeriums bei den Regionalen Planungsgemeinschaften habe kürzlich ergeben, dass die Öffnung von Waldflächen für die Windenergienutzung einen Beitrag zu einer Planung mit möglichst hoher Akzeptanz und Realisierungswahrscheinlichkeit leisten könnte, insbesondere in waldreichen Regionen wie dem Harz.
Zudem sei im Rahmen der laufenden Beteiligungsverfahren festzustellen, dass seitens vieler Waldbesitzer ein hohes Interesse an einer wirtschaftlichen Diversifizierung aufgrund von Waldschäden bestehe und dementsprechend in großem Umfang Vorschlagsflächen für eine mögliche Windenergienutzung benannt wurden. „Dort, wo es breite Akzeptanz für Windkraftprojekte gibt und zugleich keine naturschutzrechtlichen Hürden vorliegen, sehe ich entsprechendes Potenzial“, sagte Willingmann. „Windkraft im Wald sollte in Zeiten der Energiekrise ebenso pragmatisch gesehen werden wie beispielsweise Photovoltaik auf Denkmälern.“ Interesse an Windkraftprojekten in Wirtschaftswäldern gibt es auch seitens der Wirtschaft.
Bernd Krede, Projektentwickler der wpd onshore GmbH, erklärte, die Ortsbegehung habe eindrücklich vor Augen geführt, wie sehr der Harz von Waldschäden betroffen sei. Um die geschädigten Flächen wieder aufzuforsten und widerstandsfähiger gegen die Folgen des Klimawandels zu machen, bräuchten Waldbesitzer neue wirtschaftliche Perspektiven. Die Windenergie könne dabei nicht nur zusätzliche Einnahmen für die Forstwirtschaft generieren. Vielmehr leiste sie auch einen wesentlichen Beitrag für Investitionen in der Region, ermögliche kostengünstige Strompreise für lokale Industrie und Haushalte und sorge damit für den Erhalt von Arbeitsplätzen.
Gesetz auf Prüfstand
Beim Vor-Ort-Termin im Südharz betonte der Verband Familienbetriebe Land und Forst Sachsen-Anhalt gemeinsam mit anderen Akteuren gegenüber dem Minister die Notwendigkeit, das Landeswaldgesetz einer kritischen Überprüfung zu unterziehen. Landesvorsitzender Dr. Immo Hamer von Valtier sagte, dieses greife in die Rechte der Eigentümer und Bewirtschafter ein und behindere den Ausbau der Windenergie im Wald.
Die finanzielle Belastung, die Wiederbewaldung und Waldumbau für die Waldbesitzer bedeuteten, sei enorm, „im Falle von Kalamitätsflächen aber verheerend“, so Valtier. Er forderte die schnellstmögliche Schaffung gesetzlicher Rahmenbedingungen, die den Wald generell, insbesondere aber kalamitätsbedingte Aufforstungsflächen, für den Bau von Windkraftanlagen nutzbar machen, um die Waldbesitzer bei der klimagerechten Wiederaufforstung zu unterstützen. Die Erlöse aus der Windenergie könnten Wiederbewaldung, Waldumbau und Waldschutz mitfinanzieren.
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