Bauernprotest: Live von der großen Demo der Landwirte in Berlin
Update 17.30 Uhr: Es war der vorläufige Höhepunkt einer Aktionswoche der Bauernproteste gegen die Kürzungen der Bundesregierung zum Agrardiesel: An diesem Montag (15.1.) kamen Tausende Menschen mit Traktoren zu einer großen Demonstration. Live-Ticker von den Protesten in Berlin.
Von den Redakteuren der Bauernzeitung
Seit mehr als einer Woche protestieren Landwirte in ganz Deutschland gegen die Sparpläne der Landesregierung. Mit dem Protest fordern die Bauern eine vollständige Rücknahme der Streichung der Agrardiesel-Beihilfe. An diesem Montag, 15.1., nun der vorläufige Abschluss: Am Brandenburger Tor gab es eine große Kundgebung.
Zu der Demo wurden Tausende Menschen und Schlepper erwartet. Bereits am Wochenende machten sich Hunderte Fahrzeuge auf den Weg in die Hauptstadt, viele Landwirte campieren bereits seit Tagen auf der Straße des 17. Juni in Berlin. Aus Angst nicht mehr rechtzeitig zur Kundgebung zu kommen, sind viele Landwirte, Handwerker und Spediteure aus Brandenburg bereits in der Nacht gestartet.
Bauernprotest: Demo in Berlin am 15. Januar 2024
Das ist laut einer Mitteilung des Deutschen Bauernverbandes (DBV) geplant:
- Von fünf Sammelpunkten Lkw und Traktoren fahren nach Berlin zur Straße des 17. Juni.
- Landwirtschaft und Transportgewerbe rufen dort gemeinsam zu einer Großdemonstration mit Kundgebung auf.
- Diese findet am 15. Januar 2024 um 11.30 Uhr am Brandenburger Tor in Berlin statt.
- Bauern, Transportgewerbe, Spediteure und Fernfahrer werden ihren Unmut über die Budgetpläne der Bundesregierung kundtun.
- Einmal mehr soll der Politik vor Augen geführt werden, was eine Gefährdung der Wettbewerbsfähigkeit und der Existenz der Bäuerinnen und Bauern sowie der mittelständischen Transportunternehmen bedeutet.
Live-Ticker zur Demo der Landwirte in Berlin
Bauernverband zieht ernüchterte Bilanz der Gespräche mit der Ampel
18.22 Uhr: Die Ampelkoalition räumt Versäumnisse in ihrer Agrarpolitik ein, lässt aber beim Agrardiesel keine Bereitschaft zu weiteren Zugeständnissen erkennen. Das ist das Ergebnis des Verbändegesprächs im Anschluss an die Großdemonstration am Montag (15.1.), zu dem die Fraktionsvorsitzenden von SPD, Grünen und FDP eingeladen hatten. Zwar wies SPD-Fraktionschef Dr. Rolf Mützenich nach dem Treffen darauf hin, dass man bis zur abschließenden Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses am Donnerstag über den Entwurf der Bundesregierung für ein Haushaltsbegleitgesetz und die darin enthaltenen Sparvorschläge beraten werde.
Weder Mützenich noch seine Grünen-Kollegin Britta Haßelmann oder FDP-Fraktionschef Christian Dürr deuteten jedoch ein mögliches Entgegenkommen beim Agrardiesel an.
Mützenich kündigte an, dass die Ampel bis zur Sommerpause einen Fahrplan für eine veränderte Agrarpolitik vorlegen werde. Dabei werde man sich an den Empfehlungen der Borchert-Kommission und der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) orientieren. Für beide Vorlagen werde man konkrete Umsetzungsschritte formulieren, versicherte der SPD-Politiker. Dabei gehe es um Planungssicherheit und Entlastungen für die Betriebe. Wettbewerbsfragen würden ebenso aufgegriffen wie Entwicklungen auf dem Bodenmarkt und die Gemeinsame Agrarpolitik. Anlässlich der Debatte des Agrarberichts am Donnerstag im Bundestag will die Koalition einen entsprechenden Entschließungsantrag beschließen. Ob sich die Ampel auf eine Tierwohlabgabe zur Umsetzung des Borchert-Plans verständigen kann, blieb offen. Laut Haßelmann will man auch darüber diskutieren. Für die Liberalen stehen nach den Worten von Dürr faire Wettbewerbsbedingungen für landwirtschaftliche Unternehmer im Vordergrund.
17.33 Uhr: Rund 30.000 Menschen mit fast 10.000 Fahrzeugen haben in Berlin friedlich gemeinsam am Brandenburger Tor demonstriert, teilte der Deutsche Bauernverband (DBV) am Abend mit. Die Landwirtinnen und Landwirte hätten Unterstützung vom Transportgewerbe, von Bäckern, Metzgern, Gastronomen und dem Handwerk bekommen. Enttäuscht reagierte DBV-Präsident Joachim Rukwied auf das Gespräch mit den Fraktionsspitzen der Ampel, das nach der eindrucksvollen Demonstration stattfand. Das Gespräch sei ergebnislos verlaufen, so Rukwied. Er erklärte: „Nur eine Lösung beim Agrardiesel wird die Traktoren von der Straße bekommen. Wir hoffen sehr, dass noch Vernunft bei der Ampel-Koalition einkehrt und man uns in dieser Frage bei der Haushaltbereinigungssitzung entgegenkommt. Der Ball liegt im Spielfeld der Koalitionäre.“
16.10 Uhr: Langsam fahren die Traktoren vom Brandenburger Tor wieder ab.
14.10 Uhr: Auch nach dem Ende der Kundgebung sind noch viele Teilnehmende vor Ort. Schäfermeister Ronald Rocher aus Brandenburg macht sich Gedanken, wie es weitergehen kann.
Video: Schäfermeister Ronald Rocher aus Brandenburg
13.30 Uhr: Die Versammlung löst sich auf. Die umliegenden Cafés füllen sich, viele Teilnehmer müssen sich nach den langen Stunden in der Kälte erstmal aufwärmen. Zahlreiche Landwirte sind enttäuscht von der Rede des Finanzministers. Auch Christian Braune, der junge Landwirt vom Kürbishof Riecke in Philippsthal nahe Potsdam, der für die Bauernzeitung berichtet.
Video: Landwirt Christian Braune aus Brandenburg zieht ein Fazit der Kundgebung
12.50 Uhr: Zum Abschluss seiner Rede ruft Lindner: „Lassen Sie uns gemeinsam groß denken und über die Situation in der Landwirtschaft insgesamt sprechen.“ Vor allem die ideologische Bevormundung müsse beendet werden. Wie viel davon bei den Teilnehmern der Demonstration tatsächlich ankam, ist ungewiss. Seine Rufe verhalten in den allgemeinen Buh-Rufen.
Video: Ausschnitt aus der Rede von Finanzminister Christian Lindner (FPD)
12.49 Uhr: Lindner erklärt, die Politik müsse mit dem vorhandenen Geld auskommen. Dabei müsse es fair zugehen, aber alle müssten einen Beitrag leisten, ruft er kämpferisch. Er habe den Neubau des Finanzministeriums gestoppt. Er machte das Angebot, mit den Landwirten darüber zu sprechen, was passiert, wenn die Förderung für den Agrardiesel endgültig auslaufe. Versprechungen, die Kürzungen beim Agrardiesel zurückzunehmen, machte er nicht. Aus seiner Sicht gehe es darum, die Bürokratie abzubauen. Bei der Steuer müsste berücksichtigt werden, dass Landwirte sehr unterschiedliche Einkommenssituationen hätten – auch abhängig vom Wetter.
12.45 Uhr: Der Finanzminister nimmt Bezug auf den Schuldenhaushalt und erklärt, dass Deutschland zurzeit jedes Jahr 44 Milliarden Euro an Zinsen zahlen müsse. Grund dafür seien die Ausgaben wegen der Corona-Pandemie und auch wegen des Ukrainekrieges. Das Land müsse in die Sicherheit investieren. Er könne aber den Protest der Landwirte verstehen. Sie seien ja nicht nur wegen des Agrardiesels vor Ort, sondern weil sich über Jahre etwas aufgestaut habe.
12.34 Uhr: Lindner ist sichtlich beeindruckt vom Zusammenhalt der Bauern. „Ihr Protest ist legitim und friedlich!“, ruft er. Er habe Angst vor schrecklichen Bildern gehabt und bedankt sich dafür, dass alles so friedlich abläuft.
12.31 Uhr: Lindner brüllt gegen die Masse an. Er versucht, den Unmut der Landwirte auf die Klimakleber zu lenken und versichert, er habe Verständnis für die Landwirte, die friedlich demonstrierten. Er sagt: „Ich höre sie!“
12.25 Uhr: Als Bundesfinanzminister Christian Lindner zum Rednerpult tritt, ertönt ein lautes Hupen, Pfiffe und Rufe: „Lügner“. Davon unbeirrt beginnt er seine Rede, doch Bauernpräsident Rukwied schiebt ihn beiseite und appelliert erneut an die Teilnehmer der Kundgebung, zuzuhören.
12.21 Uhr: Mit einer gelben und einer roten Karte tritt Theresa Schmidt, die Vorsitzende des Bund Deutscher Landjugend, an Christian Lindner heran. Als Buh-Rufe ertönen fordert sie Respekt für Lindner. Sie erklärt dem Minister: „Es gibt die gelbe Karte als Verwarnung. Sollten die Kürzungen nicht zurückgenommen werden drohe die rote Karte.“
12.11 Uhr: Claus Hochrein nimmt Bezug auf die Streichung der Subventionen und ruft: „Wir bringen jeden Tag Leistung!“ Die Subventionen seien dafür ein Ausgleich.
12.05 Uhr: Es ertönen Rufe: „Wir sind das Volk“, als Claus Hochrein von Land schafft Verbindung (LsV) spricht. Er fordert die Landwirte auf, sich an den Händen zu nehmen und ein Zeichen zu setzen. Er nimmt Bezug auf den Ausbau der Kanzleramtes für eine Milliarde Euro – das stehe in keinem Verhältnis zur Landwirtschaft.
12.03 Uhr: Auch Dirk Engelhardt droht, wenn die Beschlüsse für die Transportbranche nicht zurückgenommen werden, kommen auch die Lkw wieder.
11.57 Uhr: Als nächster spricht Professor Dirk Engelhardt – Vorstandssprecher des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e.V. Er erklärt sich solidarisch. 800.000 Lkw die für die Transportunternehmen stehen – und wir stehen an der Seite der Landwirtschaft. Er betont die Wichtigkeit der Branche – 80 Prozent der Güter würden per Lkw transportiert. Er nimmt Bezug auf den Mittelstand, der langsam und leise stirbt.
11.55. Uhr: Rukwied beendet seine Rede mit den Worten: „Ohne Landwirtschaft hat unser Land keine Zukunft!“
11.50 Uhr: Finanzminister Christian Lindner (FDP) erscheint auf dem Podium – und wird heftig ausgepfiffen und ausgebuht. Er lächelt das weg. Joachim Rukwied verspricht dennoch ein fairen Umgang und appelliert an die Teilnehmer, zuzuhören.
11.45 Uhr: „Die Bevölkerung steht hinter uns! Dafür ein Dankeschön – das ist großartig“, ruft Rukwied. „Die Politik muss raus aus der Berliner Blase – hin zu Bäuerinnen und Bauern!“, setzt er fort. Er betont aber auch, dass die Bauern zur Demokratie stehen.
11.43 Uhr: Die Regierung soll die Pläne zurücknehmen, dann „gehen wir wieder von der Straße – sonst nicht“, sagte Rukwied.
11.42 Uhr: Der Bauernpräsident fordert faire Kompromisse. Die Vorschläge der Bundesregierung seien jedoch faule Kompromisse, so Rukwied.
11.40 Uhr: Rukwied ruft: „Wir haben mit Hunderten von Veranstaltungen gezeigt, dass der Bauerstand lebt und für seine Interessen, aber auch für die Versorgung mit heimischen Lebensmitteln eintritt. Ohne uns keine Essen!“
11.35 Uhr: Bauernpräsident Joachim Rukwied begrüßt die Teilnehmer. Er schätzt, dass sich 30.000 Menschen versammelt haben. Er ruft kämpferisch: „So kann es nicht weitergehen. Mit dieser Präsenz zeigen wir ein wichtiges Zeichen in Richtung Berliner Politik.“ Er wieder holt seine Forderung: „Nehmen Sie die Vorschläge zurück“.
11.30 Uhr: Die Kundgebung soll losgehen – aber auf der Bühne ist zurzeit noch nichts los. Die Reporterin des Fernsehsenders Phönix berichtet von einer friedlichen Stimmung. Allerdings machen die Bauern lautstark auf sich aufmerksam. Auch aus Bayern und Nordrhein-Westfalen haben sich zahlreiche Landwirte auf den Weg nach Berlin gemacht.
10.00 Uhr: Die Landwirte sind unterwegs zum Brandenburger Tor und zur Siegessäule.
8.50 Uhr: Die Traktor-Kolonnen rollen weiter nach Berlin rein.
Video: Christian Braune beschreibt die Stimmung in Berlin
8.10 Uhr: Bauernzeitungsreporterin Alexandra Cerbe hat die Nacht bei den Landwirten aus Löwenberg an der Deutschen Oper verbracht. Sie beschreibt die Situation so: „Die Stimmung ist trotz allgegenwärtigem Schlafmangel super. Es herrschte die ganze Nacht ein fröhliches Gehupe, gelegentliches Feuerwerk und allgemein etwas Unruhe. Aber die Leute stehen und grillen, machen Feuerschalen an. Man lädt sich gegenseitig zum Essen ein. Es herrscht Tauschwirtschaft von Lebensmitteln. Eben kamen Anwohner vorbei und haben Kaffee und Tee verteilt. Sie haben ihren Respekt gezollt.“
0 Uhr: Am Pariser Platz herrscht in der Nacht auf Montag (15.1.) Volksfeststimmung. Das berichtet Christian Braune. Der junge Landwirt vom Kürbishof Riecke in Philippsthal nahe Potsdam ist live vor Ort und berichtet für die Bauernzeitung.
Video: Christian Braune am Pariser Platz in Berlin
14.1., 22.30 Uhr: Ein Konvoi von 24 Traktoren und 5 Lkw war bereits am Sonntagabend, gegen 21.30 Uhr in Löwenberg (Oberhavel) in Richtung Berlin gestartet. Die Fahrzeuge kamen bis zum Ernst-Reuter-Platz. Die Polizei Berlin hatte um 22 Uhr mitgeteilt, dass keine Traktoren mehr auf die Straße des 17. Juni gelassen werden.
Video: Demo-Nacht Berlin zwischen Ernst-Reuter-Platz und Siegessäule
Bauernprotest: Folgende Redner werden auf der Demo erwartet
- Joachim Rukwied (Präsident des Deutschen Bauernverbandes)
- Prof. Dr. Dirk Engelhardt (Vorstandssprecher des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e.V.)
- Claus Hochrein (Vorstand LsV-Bayern, Vorstand LSV-Deutschland)
- Theresa Schmidt (Vorsitzende des Bund Deutscher Landjugend)
- Christian Lindner (Bundesfinanzminister)
- Außerdem werden zusätzliche Wortbeiträge von weiteren Verbänden erwartet.
Finanzminister Lindner (FDP) ist nach Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) das zweite Regierungsmitglied, das sich in Berlin den protestierenden Landwirten stellt. Özdemir hatte bei der ersten Kundgebung vor Weihnachten das Wort ergriffen, wird aber diesmal nicht dabei sein. Inzwischen hat die Bundesregierung ihre Pläne abgemildert. Die Streichung der Kfz-Steuerbefreiung ist vom Tisch, der Abbau der Agrardieselvergünstigung soll in drei Jahresschritten erfolgen.
Der DBV fordert aber weiter eine vollständige Rücknahme der Beschlüsse. Eine Förderung von Agrardiesel sei ebenso wie die Kfz-Steuerbefreiung unerlässlich für eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft. Diese Forderung wird von mehr als 30 Verbänden aus der Agrar- und Ernährungswirtschaft unterstützt. Diese fordern die Bundesregierung auf, die Branche nicht weiteren massiven Kostenbelastungen auszusetzen.
Demo am Brandenburger Tor: Das sind die Forderungen der Bauern
- Für eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft sind eine Förderung von Agrardiesel sowie die Kfz-Steuerbefreiung unerlässlich. Der Deutsche Bauernverband fordert daher gemeinsam mit den Landesbauernverbänden und LsV Deutschland, die von der Bundesregierung geplanten Steuererhöhungen für die Landwirtschaft zurückzunehmen.
- Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e.V. fordert die Einhaltung der Koalitionszusage zur Vermeidung einer doppelten CO2-Bepreisung bei Maut plus Diesel, eine Verdopplung der Mautharmonisierungsprogramme auf 900 Millionen Euro sowie mehr Geld für intakte Straßen und Brücken, Lkw-Stellplätze und verlässliche Förderprogramme für einen klimafreundlichen Straßengüterverkehr.
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