Agrarstrukturgesetz in Sachsen: Grünes Projekt in der Sackgasse
Beim Agrarstrukturgesetz versuchen Sachsens Grüne Druck aufzubauen. Doch ihr Projekt kommt nicht ins Ziel, weil der Bauernverband nicht zustimmt. Daran hat auch das Agrarministerium seinen Anteil, das kommentiert Karsten Bär.
Sachsens Landwirtschaft steht vor dem Ausverkauf. Diesen Eindruck vermitteln die sächsischen Grünen. Und: Nichts anderes als das sächsische Agrarstrukturgesetz könne dies verhindern. Wer es ablehne, handle gegen die Interessen der Landwirtschaft, warnen Agrarminister Wolfram Günther und seine Partei.
Der Ton ist schärfer geworden. Und das hat einen Grund. Das Agrarstrukturgesetz, das die sächsischen Grünen in den Koalitionsvertrag schreiben ließen und dessen Entwurf seit vorigem Jahr vorliegt, wird mit großer Sicherheit nicht kommen. Solange die Verbände das Gesetz ablehnen, könne man nicht zustimmen, heißt es beim Koalitionspartner CDU. Die Verbände – das sind Sächsischer Landesbauernverband (SLB), Land schafft Verbindung, die Familienbetriebe Land und Forst und der Genossenschaftsverband. Hingegen gelten die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und das Bündnis Ökolandbau als Befürworter.
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Agrarstrukturgesetz und die Mängelliste des SLB
Der grüne Groll darüber ist einerseits verständlich. Vertrag ist Vertrag. Und lange hat die CDU das vereinbarte Vorhaben auch laufen lassen, ohne Einwände zu äußern. Kurz vor dem Finale die Zustimmung zu verweigern, wirkt willkürlich. Andererseits: So weit war der Konsens dann doch nicht gediehen. Minister Günther reklamiert zwar, den Berufsstand breit in die Erarbeitung des Gesetzes einbezogen zu haben. Entkräftet wurden die Zweifel dabei aber nicht. Die „Mängelliste“ des SLB ist lang – und die Kritik, dass das Ministerium Einwände zwar zur Kenntnis nehme, aber selten berücksichtige, gab es schon bei anderen Vorhaben.
Günther spricht hingegen von „innerverbandlichen Widersprüchen“: Im SLB gäben jene den Ton an, die davon profitieren, wenn das Agrarstrukturgesetz nicht komme. Er illustriert dies mit dem Fall des ehemaligen Thüringer Bauernpräsidenten Klaus Kliem, der sein Agrarunternehmen an die Aldi-Stiftung verkaufte. Viele im Verband wünschten sich hingegen Schutz vor Investoren, scheuten sich aber, dies offen zu artikulieren, behauptet der Minister.
Ausverkauf von Agrarbetrieben belegbar?
Abgesehen davon, dass diese Zuschreibung die verbandsinternen Prinzipien der Meinungsfindung ignoriert: Man kann ein Anliegen grundsätzlich gutheißen, über seine Umsetzung aber unterschiedlicher Meinung sein. Die Attitüde „Nur unser Gesetz verhindert den Ausverkauf!“ trägt Züge der Selbstüberschätzung. Die Dramatisierung der Notwendigkeit ist manipulativ. Statistisch könne man den Ausverkauf von Agrarbetrieben in Sachsen nicht belegen, hat Günther eingeräumt. Man höre aber immer wieder davon. Anekdoten als Beleg? So könnte man alles Mögliche beweisen.
Stimmen der Befürworter
Die Einwände der Verbände sind nicht lapidar. Sie befürchten, dass das Gesetz die Entwicklung bestehender Betriebe beeinträchtigt, Marktmechanismen außer Kraft setzt, dem Staat unangemessene Lenkungsmacht in die Hand gibt und zu noch mehr Bürokratie führt. Der Schutz vor dem Ausverkauf sei eben auch mit Einschränkungen verbunden, heißt es von den Befürwortern des Gesetzes. Über Details hätte man ja reden können. Dass der SLB und andere Interessenvertreter misstrauisch bleiben, ist dennoch nachvollziehbar. Reglementierungen sind schnell erlassen. Eingriffsrechte, die sich der Staat einmal nimmt, gibt er selten wieder her.
Kommentar aus der Ausgabe 15/2024
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