Keine Klage: Was Uwe Schieban von der aktuellen Agrar-Politik hält
Seit mehr als 20 Jahren leitet Uwe Schieban die Agrargenossenschaft Unterspreewald. Die Unzufriedenheit vieler Kollegen mit der Agrar-Politik teilt er nicht.
Das Gespräch führte Heike Mildner
Im Hofladen ist es zur Eröffnung der Landpartie an diesem 8. Juni brechend voll, der Spargel geht in den Jahresendspurt. Sind Sie zufrieden mit der Spargelsaison?
Wir haben ein Rekordjahr hingelegt – nicht was die Menge, aber was den Umsatz anbelangt – etwa 25 % mehr als im vergangenen Jahr. Nicht weil wir mehr produziert, sondern weil wir gut verkauft haben. Wir liegen über dem Durchschnittspreis, aber Gaststätten und Endverbraucher schätzen die Qualität unseres Spargels. Wir bauen auf den 35 Hektar alte Sorten an, das schmeckt man, und es macht sich bezahlt.
Frühkartoffeln aus Dürrenhofe
Im Hofladen habe ich Frühkartoffeln aus Dürrenhofe entdeckt. Wie haben Sie das hingekriegt – jetzt, Anfang Juni?
Wir haben im März Spargeldämme gemacht und die Kartoffeln da hineingesetzt, die schwarze Folie und die Bügel drüber – das wirkt dann wie ein kleines Gewächshaus. Mitte April haben sie geblüht, seit einer Woche ernten wir.
Ihre Idee?
Wir haben einen neuen Verantwortlichen für den Gemüsebau, und der hatte sich das Ziel gesetzt, am Ende der alten Kartoffeln neue zu haben – er hat’s hingekriegt! Unsere Leute haben Lust, auch mal was auszuprobieren, und ich gebe den Spielraum dazu. Wir haben eben ganz tolle Mitarbeiter.
Direktvermarktung muss man wollen
Ja, das habe ich im Hofladen gemerkt: Offene Gesichter über den Schürzen, und auch die Halle ist hell und freundlich. Wie bekommt man das hin, wie hat sich die Direktvermarktung in Dürrenhofe entwickelt?
Zunächst einmal: Direktvermarktung muss man wollen. Und man muss Leute haben, die mitziehen, und die muss man begeistern. Wir haben einen hohen Qualitätsanspruch. Den können wir erfüllen, weil wir lieben, was wir tun. Das hat sich über 20 Jahre entwickelt. 2003 haben wir 50 Kilogramm Kartoffeln für acht Euro aus dem Lager heraus verkauft, hatten 80.000 Euro Umsatz im Jahr. Wesentlich war 2006 der Umbau der Markthalle mit Leader-Förderung. Seitdem haben wir den Umsatz jedes Jahr um bis zu 30 % gesteigert. Auch nach Corona gab es keinen Einbruch. 2023 hatten wir 1,5 Mllionen Euro Umsatz – in einem Dorf, in dem 280 Leute wohnen.
Landpartie und Kartoffelfest in Brandenburg
Wie erklären Sie sich diesen Zulauf? Auch heute, bei der Eröffnung der Landpartie ist fast mehr los als auf der BraLa …
Wir haben eine anziehende Fest- und Feierkultur hier in Dürrenhofe. Mit der Landpartie vor 30 Jahren fing es an. Später kam das Kartoffelfest hinzu, der Spargelanstich – das Wort haben, glaub ich, wir erfunden – und seit vergangenem Jahr machen wir hier auch einen Weihnachtsmarkt. Und wir haben immer gute Musik, „nAund“ sind engagierte Profimusiker, die gerne machen, was sie tun.
Landwirt Uwe Schieban: Marke aufbauen, Qualität halten
Wie Sie als Landwirt. War das von Anfang an so?
Ja, ich bin da reingewachsen. Wir haben zu Hause Kartoffeln und Meerrettich angebaut, Bullen gemästet. Als die Beine lang genug waren, bin ich Traktor gefahren. Und ich liebe das! Ich habe einen Beruf mit Abitur gelernt, 1989 an der Humboldt-Uni angefangen zu studieren, dann kam die Wende. Von 138 Kommilitonen sind 100 abgesprungen, 34 haben abgeschlossen. Die anderen sahen keine Zukunft in der Landwirtschaft. Wir waren der erste Jahrgang, der „Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaus“, kurz WiSoLa, studiert hat. Wir haben gelernt, der beste Weg sei es, eine eigene Marke aufzubauen und dann die Qualität zu halten. Das setzen wir hier um.
Übernahme der Tier- und Pflanzenproduktion
Sind Sie gleich nach dem Studium hier eingestiegen?
1994 bis 1998 habe ich gemeinsam mit Achim Boden in Münchehofe den Grundstein gelegt für die Gläserne Molkerei. Ich bin kein Typ, der weggeht. Aber damals ging es nicht anders. Ich habe hier in Dürrenhofe zunächst die Tierproduktion übernommen. Die Milchleistung lag damals noch bei 5.000 Litern. Stallumbau, Futtermanagement – das Studium war ja noch nicht lange her, und ich habe einiges umgesetzt. In drei Jahren lagen wir bei 10.000 Litern bei den Kühen, obwohl Tierproduktion gar nicht so meins war. Dann sollte ich die Pflanzenproduktion übernehmen …
Und seit 2003 haben Sie für alles den Hut auf. Was ist „alles“ – und wie schafft man das?
Wir bewirtschaften 5.200 Hektar, davon 2.300 Grünland, 3.500 Rinder, 640 Milchkühe, 500 Mastbullen, dazu Spargel, Erdbeeren, Rote Beete, Möhren – 1.000 Tonnen für die Konservenfabrik. Zudem haben wir einen Landtechnikbetrieb, machen Reparaturen, verkaufen Kuhn, John Deere gebraucht sowie Stihl und Solis-Traktoren aus Indien an Endverbraucher. Ja, wie macht man das? Das Ganze ist ja in verschiedene Betriebe und Abteilungen gegliedert. Die Abteilungsleiter können viel in eigener Verantwortung entscheiden. Man kann nur aus Fehlern lernen, und die muss man machen dürfen, wenn das Ganze dadurch nicht ins Schlingern gerät.
Politik, Rahmenbedingungen und Wünsche: „Wir wollen produzieren“
Man hört Sie selten über die Politik klagen. Täusche ich mich?
Nein. Ich versuche zu entscheiden, was ich ändern kann, was nicht, und mich an den Rahmenbedingungen auszurichten. Mit 24 Bodenpunkten sind wir hier natürlich abhängig von der Förderung. Aber die ganze Fläche auf Öko umstellen und einmal im Jahr mulchen – das wollen wir nicht. Wir wollen produzieren! Nach der Wahl, als die Grünen so zugelegt haben, habe ich unsere Ökofläche sofort um 40 % vergrößert. Dass sie jetzt keine grüne Politik machen, konnte ich ja nicht wissen, und auch nicht, dass sie Waffen in Kriegsgebiete schicken …
Musik auf dem Hoffest und abschalten
Wie gelingt es Ihnen, so gut gelaunt zu bleiben bei alldem und der Verantwortung?
Ich spiele Akkordeon, heut Abend sogar noch mit der Band beim Hoffest. Und Trecker fahre ich immer noch gern – jetzt eben in der Freizeit. Ich habe zwei, obwohl ich gar keinen brauche, habe mit einem Freund einen kleinen Lanz aufgebaut und habe jetzt auch noch einen großen. Ostern sind wir 170 Kilometer gefahren, Pfingsten 70 Kilometer, die Frau auf dem Kotflügel: Abschalten beim Schalten.
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