Die umstrittene Ära Künast: Eine Bilanz ihrer Zeit als Agrarministerin
In ihrer Zeit als Landwirtschaftsministerin war Renate Künast äußerst umstritten. Die Grüne will sich 2025 aus der Politik zurückziehen. Was bleibt von der politischen Debatte? Ein Kommentar von Ralf Stephan.
Von Ralf Stephan
Mit Renate Künast wird im kommenden Jahr eine der bekanntesten Agrarpolitikerinnen nicht mehr zur Bundestagswahl antreten. Für manche Redaktionen ist das Anlass, sie Rückschau auf ihre Erfolge halten zu lassen. Da die Grünen-Politikerin auch nach Jahrzehnten nichts von ihrer Direktheit eingebüßt hat, kommt dabei auch Aufschlussreiches zutage. Vom „Spiegel“ zu ihrer Zeit als Bundeslandwirtschaftsministerin befragt, räumt die Wahlberlinerin ein, dass sie zu Beginn ihrer Amtszeit in Vorlagen gelesen und über deren Inhalt gerätselt habe. Aber natürlich lernte sie schnell dazu. Und obwohl sie nicht zu Größenwahn neige, glaube sie schon, dass sie die Beste in ihrem Amt war. Das kann man jetzt mal sacken lassen. Dem „Spiegel“ war das selten schöne Zitat jedenfalls die Schlagzeile wert.
Kritik an Minister Özdemir?
Ob es als Kritik am derzeitigen Amtsinhaber zu verstehen ist, sei dahingestellt. Auch soll hier nicht Selbstüberschätzung bewertet werden. Schließlich ist sogar das Entsetzen über das von Künast eingeführte lasche Biosiegel verjährt. Gejubelt hatte damals nur der Handel, der die nach strengeren Regeln produzierenden deutschen Ökobauern fortan mit staatlichem Rückenwind in den globalen Wettbewerb zwingen konnte.
Künast und ihr Umgang mit den Medien
Nein, entscheidend ist, dass mit ihr ein anderer Politikstil einzog. Auch komplexe Sachverhalte auf eingängige Schlagworte zu reduzieren, damit eher die allgemeinen Medien anzusprechen als kundige Fachleute, dabei sachliche Gegenargumente konsequent zu übergehen und ihre Verfechter zu diskreditieren – das kannte man bis zu Künasts Amtsantritt eher von Nicht-Regierungsorganisationen. Auch die Fachpresse bekam das zu spüren. Die Einladung des Agrarjournalisten-Verbandes zur traditionellen Fragestunde vor der Grünen Woche nahm sie nur unter der Bedingung an, die Runde für alle Medien zu öffnen. Seither sind die Fachjournalisten selbst auf ihrer eigenen Veranstaltung in der Minderheit.
Künast und die BSE-Krise
Mit der Wissenschaft steht die kämpferische Grüne nur solange auf gutem Fuß, wie sie die gewünschten Ergebnisse liefert. Zweifellos ist die Gründung des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) im Ergebnis der BSE-Krise Künasts Verdienst. Ihre anfangs hohe Meinung über den von ihr aus Leipzig geholten Präsidenten, Prof. Andreas Hensel, änderte sich, als das BfR die von den Grünen initiierte Studie zu angeblichen Glyphosat-Funden in der Muttermilch zerlegte und nach intensiven Studienauswertungen keinerlei Belege dafür fand, dass der Wirkstoff tatsächlich krebserregend ist. Die Wissenschaft habe die absolute Wahrheit nicht gefressen, beschied Künast danach, was sie davon hielt. Jetzt geriet die Zukunftskommission Landwirtschaft in ihr Visier.
Künast und ihre Kritik an der ZKL
In einem Interview hält Künast ihr vor, den Koalitionsabgeordneten keine Vorschläge für Antikrisen-Maßnahmen geliefert zu haben. Dabei hatten die ZKL-Spitzen schon vor längerer Zeit klargestellt, dass dieses Gremium zwar strategische Linien vorschlagen, aber nicht das Tagesgeschäft der Politik übernehmen kann. Das mag sie vergessen haben. Wahrscheinlicher ist, dass Frau Künast in bekannter Manier das Ansehen einer Institution untergraben will, die ihr nicht in den Kram passt.
Wer sich ärgert, dass politische Debatten so oft unsachlich verlaufen, dass polarisiert statt nach einem ehrlichen Kompromiss gesucht wird, bei dem wird Künasts angekündigter Abschied ganz sicher zarte neue Hoffnung auf die Rückkehr zu mehr Sachlichkeit und Vernunft wecken.
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