Die Ernte wurde bei zumeist guten Bedingungen eingefahren. (c) Christoph Herzog

Ernte gut, alles gut? Ernte-Abschluss 2024 in Brandenburg

Deutlich früher als sonst rollten die Mähdrescher der Brandenburger Agrargenossenschaft Rädigke vom Feld. Neben Herausforderungen erlebte der Betrieb auch Überraschungen im Ernte-Ergebnis. Aber nicht nur die Erträge ließen Wünsche offen.

Von Wolfgang Herklotz

Das Getreide Ende Juli schon komplett vom Halm? Was für so manchen Agrarbetrieb im Land utopisch klingen mag, ist für die Agrargenossenschaft Rädigke in diesem Jahr längst Realität. „Am Nachmittag des 29. Juli haben wir das letzte Korn geborgen“, berichtet Christoph Herzog, Vorstand und zudem der für Pflanzenbau Verantwortliche im Betrieb mit der etwas sperrigen Bezeichnung „Hoher Fläming eg Rädigke Niemegk“.

Genau einen Monat vorher war sein Team in die Wintergerste gestartet. Dass die Ernte so zügig vonstattengehen würde, sei schon etwas überraschend gewesen, bekennt der 37-Jährige. Immerhin stehen Getreide und Raps auf mehr als 2.000 ha im Feld. „Natürlich hat das Wetter beim Drusch eine ganz wichtige Rolle gespielt, es gab kaum nennenswerte Regenfälle, die unsere Mähdrescher stoppten.“ Und auch auf die Technik sei Verlass gewesen, von einer kleinen Havarie beim Strohpressen mal abgesehen. „Die gründliche Wartung und Pflege hat sich ausgezahlt!“

Rascher Dämpfer

Dabei hatte der mit hohen Erwartungen verbundene Start in die Wintergerste rasch einen Dämpfer bekommen. Die Erträge spiegelten so gar nicht den Entwicklungsstand der Kultur wider, die gut über den Winter gekommen war. Auf manchem Schlag hatte die Gerste nach den Niederschlägen im Juni dann doch nasse Füße bekommen. Zwar konnten durchschnittlich 60 Dezitonnen pro Hektar geerntet werden. Doch die Rädigker hatten mit gut fünf Doppelzentnern mehr gerechnet.

Und auch beim Roggen, auf 1.000 ha angebaut und somit die Hauptkultur im Betrieb, blieben Wünsche offen. Der hatte sein Potenzial, obwohl auf den schlechteren Böden ausgesät, mit mehr als 50 dt/ha längst nicht ausgereizt. Der Weizen auf 220 ha brachte im Schnitt 67 Dezitonnen pro Hektar. Obwohl auf den besseren Böden angebaut, erfüllte auch er nicht alle Erwartungen. Vor allem die Qualität fiel unterschiedlich aus, sodass ein Teil nur als Futter verwendet werden kann.

Raps mit Überraschung

Regelrecht enttäuschend der Raps. Nachtfröste bis zu minus acht Grad hatten der Ölfrucht im April während der Vollblüte kräftig zugesetzt, berichtet Christoph
Herzog. „Auffällig hoch war dieses Jahr auch der Befall mit Rapsglanzkäfern und weiteren Schädlingen.“ Das Verbot insektizider Beizen schmälerte noch den Ertrag, hinzu kamen viele Auflagen zum Schutz der Bienen. So brachte die Kultur auf mehr als 400 ha im Schnitt lediglich 26 dt/ha, also ein gutes Viertel weniger als üblich.

Dafür gab es dann aber eine Überraschung beim Ölgehalt. „Mit 48 Prozent fiel der erstaunlich hoch aus“, so Herzog, „damit hatten wir nicht gerechnet.“ Offenbar
gab eine intensive Sonneneinstrahlung zur Abreife dem Raps noch einmal einen Schub. Als richtige Entscheidung für den Agrarbetrieb erwies sich, mehr Hülsenfrüchte ins Feld zu stellen. In diesem Jahr konnten Erbsen auf mehr als 150 ha geerntet werden bei einem beachtlichen Ertrag von 28 dt/ha.

Einhelliges Urteil von Florian Schulze und Christoph Herzog: Mit Wetterlaunen lässt sich besser umgehen als mit überzogenen bürokratischen Auflagen. (c) Wolfgang Herklotz
Einhelliges Urteil von Florian Schulze und Christoph Herzog: Mit Wetterlaunen lässt sich besser umgehen als mit überzogenen bürokratischen
Auflagen. (c) Wolfgang Herklotz

Die Rädigker wissen den hohen Wert dieser Vorfrucht zu schätzen, die aktiv zur Humusbildung beiträgt und den Stickstoff im Boden fixieren hilft. Einen Impuls gab natürlich auch die sogenannte Öko-Regelung der EU-Agrarförderung. Diese besagt, dass mindestens fünf verschiedene Kulturen auf der Ackerfläche zu etablieren sind, darunter Leguminosen wie Erbsen, Ackerbohnen oder Süßlupinen. „Alles in allem sind wir zufrieden, wie die diesjährige Ernte gelaufen ist“, konstatiert Florian Schulze, Vorstand der Agrargenossenschaft. „Die strengen Auflagen der Düngeverordnung sind aber immer wieder eine riesige Herausforderung.“

Eigene Hofmarke für Raps-Öl

Der im Hohen Fläming auf rund 4.500 ha wirtschaftende Betrieb ist breit aufgestellt und mit 50 Mitarbeitern der größte Arbeitgeber in der Region. Zum Verbund gehören sieben Unternehmen, die beispielsweise dafür sorgen, die aus der Rinderhaltung anfallende Gülle in der Biogasanlage mit 546 kW Leistung zu verwerten. Mit der dabei anfallenden Wärme können nicht nur Ställe und Bürogebäude, sondern auch mehrere Häuser in der Nachbarschaft versorgt werden. Bei Bedarf kommt die Anlage auch zum Einsatz, um Getreide zu trocknen.

„Uns ist wichtig, nachhaltig zu produzieren und Kreislaufwirtschaft zu betreiben“, betont Florian Schulze. Dafür steht auch die vor fünf Jahren in Betrieb genommene Ölmühle, die den betriebseigenen Raps an Ort und Stelle verwertet. Im ebenfalls 2019 errichteten Hofladen kann das kalt gepresste und in mehreren Varianten angebotene Öl unter der Marke „Hof Rabenstein“ erworben werden. Das Rapsschrot wiederum dient als eiweißreiches Futter in der Tierhaltung. Diese ist und bleibt ein wichtiges Standbein, versichert Vorstand Schulze.

Milchkühe mit einer durchschnittlichen Leistung von 10.000 kg Milch pro Kuh und Jahr. Vom Auf und Ab der Milchpreise haben sich die Rädigker nicht beeindrucken lassen, im Gegenteil. Seit Jahren schon wollen sie in einen neuen Milchviehstall mit mehr Tierkomfort investieren, scheiterten bislang jedoch an bürokratischen Hürden, weil sich die künftige Anlage im Landschaftsschutzgebiet befindet. „Wir kommen einfach nicht weiter“, kritisiert Florian Schulze. „Mit den Wetterlaunen können wir gut umgehen, nicht aber mit überzogenen und gar widersprüchlichen Auflagen!“

Ernte gut, aber nicht alles gut!

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