Nach der Auszeichnung: Sven Biereder, Agrarministerium, Vorstand Thomas Keil, Tilo Eysold, LfULG Großenhain, Steffen Keil, Bio Rind Wülknitz, Rico Weser, Bürgermeister Wülknitz, Janet Herrmann, Bio Schwein Wülknitz, und SLB-Vizepräsident Tobias Pelz (v. l.) vor einer Weide der Bio Rind Wülknitz GmbH. © Karsten Bär

Bio-Betriebe aus Wülknitz überzeugen beim Landeswettbewerb

Im Landeswettbewerb „Tiergerechte Haltung“ haben die Bio Rind Wülknitz GmbH und die Bio Schwein Wülknitz GmbH als Dritt- und Zweitplatzierte eine Auszeichnung erhalten.

Von Karsten Bär

Eigentlich sei man ja überredet worden, sich zu bewerben, schmunzelt Thomas Keil, Vorstandsvorsitzender der Agrargenossenschaft Wülknitz eG. Der 1.440-ha-Marktfruchtbetrieb nördlich von Riesa hält zwar selbst keine Tiere, wohl aber seine Tochterunternehmen Bio Rind Wülknitz GmbH und Bio Schwein Wülknitz GmbH. Beide haben sich am Landeswettbewerb „Tiergerechte und umweltverträgliche Haltung 2023/2024 in Sachsen“ beteiligt – und sind jetzt in der Kategorie Rinder-, Schweine- und Geflügelhaltung mit dem dritten Platz (Bio Rind Wülknitz) und zweiten Platz (Bio Schwein Wülknitz) ausgezeichnet worden.

Landeswettbewerb: Schlüssiges Gesamtkonzept gesucht

Betriebe mit einem schlüssigen Gesamtkonzept, das tiergerechte Haltung mit der Erzeugung erneuerbarer Energien verbindet, sind in diesem Jahr Adressaten des Landeswettbewerbs gewesen. Ein solches Konzept haben jeweils auch die beiden Wülknitzer Betriebe. Sie halten ihre Tiere unter besonders guten Bedingungen. Und sie erzeugen Solarstrom.

Bio Rind Wülknitz GmbH: Moderne Ställe, großzügige Weiden

Während das Mutterunternehmen ein konventioneller Betrieb ist, wirtschaften seine Töchter ökologisch. Die Bio Rind Wülknitz GmbH ist 2009 gegründet worden. Wirtschaftliche Erwägungen spielten eine Rolle bei der Entscheidung umzustellen. Auf knapp 350 ha arrondiertem Grünland hält der Betrieb 210 Mutterkühe auf Basis der Rassen Fleckvieh und Limousin, die auf drei Herden aufgeteilt sind. Hinzu kommen rund 200 ein- und zweijährige weibliche Mastrinder.

Der Stall am Standort Streumen ist 2010 bis 2012 komplett umgebaut und erweitert worden. Auf den Dachflächen ist eine Photovoltaikanlage mit 318 kWp installiert. Die Mastfärsen stehen im Winterstall, an den eine Weide angeschlossen ist. Aus Platzgründen könne man keine Bullenmast durchführen, berichtet Steffen Keil, Geschäftsführer der Bio Rind Wülknitz GmbH. „Wir verkaufen die männlichen Absetzer an andere, leider nur konventionelle Mäster.“

Wirtschaftlichkeit und Tierwohl: Ein erfolgreiches Zusammenspiel

Etwas später als die Rinder ist der Zweig der Wülknitzer Schweineproduktion auf Bio umgestellt worden. 2018 entschied sich die Agrargenossenschaft zu diesem Schritt – erneut aus wirtschaftlichen Gründen. „Wir standen vor der Frage: aufhören, erweitern oder auf ökologische Produktion umstellen?“, schildert Geschäftsführerin Janet Herrmann. „Wir haben uns für den schwierigsten Weg entschieden – aber auch für den besten.“

Wülknitzer Betrieb liefert Hälfte des sächsischen Bioschweinefleisches

Schweine hielt die Agrargenossenschaft Wülknitz schon immer. Bis 2004 produzierte der Betrieb Babyferkel mit 750 Sauen. Danach stellte er auf ein geschlossenes System mit 250 Sauen, 720 Ferkelplätzen und 1.500 Mastplätzen um. Ferkel und Mastschweine standen schon damals auf Stroh, was 2018 die rund 2,3 Mio. Euro teure Umstellung auf Öko im laufenden Betrieb erleichterte.

Heute arbeitet das Unternehmen mit 210 Sauen- sowie 720 Ferkelplätzen und hält 1.350 Mastschweine. 3.000 Mastschweine und 80 Mastsauen verlassen jährlich den Betrieb. Aus Wülknitz kommt damit aktuell rund die Hälfte aller sächsischen Bioschweine.

Basis für das Futter sind 650 ha Ackerland, die die Agrargenossenschaft Wülknitz für ihr Tochterunternehmen bewirtschaftet, um ökologisch Getreide, Mais, Lupinen, Erbsen und Luzerne zu erzeugen. Die PV-Anlage auf den Dächern des Schweinestalls hat eine Leistung von 970 kWp.

Bei einem aktuellen Erzeugerpreis von 4,48 €/kg für Bio-Schweinefleisch ist man in Wülk­nitz mit dem Erlös zufrieden. Dies sei doppelt so viel wie für konventionell erzeugte Ware, sagt Janet Herrmann, schränkt aber ein: „Der Aufwand ist auch deutlich höher.“ Dass der Produktionsstandort in Wülknitz inzwischen nicht mehr in der Pufferzone liegt, die infolge der Afrikanischen Schweinepest eingerichtet worden war, erleichtert nicht nur die Vermarktung.
Geschlachtet werden sowohl die Wülknitzer „Strohschweine“ als auch die Wülknitzer Mastrinder im Schlachthof Belgern. Die Vermarktung erfolgt über den Anbauverband Biopark, den man in Wülknitz als kompetenten Partner schätzt.

Jury lobt großzügiges Platzangebot und nachhaltige Energieerzeugung

Was hat zum guten Abschneiden der beiden Betriebe im Landeswettbewerb geführt? Für die drittplatzierte Bio Rind Wülknitz GmbH hob die aus Fachleuten zusammengesetzte Jury besonders die licht- und luftdurchlässigen Stallungen hervor sowie das großzügige Weideangebot. Auf den Weiden der einjährigen Tiere stehe auch eine Mutterkuh, was Ruhe in die Herde bringe.

Überwiegend würden hornlose Zuchtbullen eingesetzt, das Decken erfolge im Natursprung. Die Futtererzeugung geschehe ausschließlich im eigenen Betrieb beziehungsweise im Unternehmensverbund. Die Stromerzeugung durch die Dach-PV-Anlage trägt zu einer sehr guten rechnerischen Stromüberschussbilanz bei.

Bio Schwein Wülknitz GmbH: Großzügiger Platz und Auslauf für die Tiere

Auch bei der zweitplatzierten Bio Schwein Wülknitz GmbH würdigt die Jury das große Platzangebot für die Tiere in den Außenklimaställen mit Ausläufen. Ein innenliegender Auslauf biete den Ferkeln Witterungsschutz. Im Ruhebereich stehen ihnen Wärmeplatten zur Verfügung. Der wöchentliche Produktionsrhythmus ermögliche es, umrauschende Sauen sofort neu einzugliedern. Ein großer Teil des benötigten Stroms wird durch die eigene PV-Anlage gedeckt, die zugleich Überschüsse ins Netz einspeist.

Der Landeswettbewerb „Tiergerechte und umweltverträgliche Haltung in Sachsen“ wird alle zwei Jahre vom Agrarministerium ausgelobt. Der Sächsische Landesbauernverband (SLB) führt ihn in Abstimmung mit dem Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) durch.

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Schlachthofbetreiber Human Mihan Nejad vor dem „Hofladen“ auf dem Gelände seines Betriebes, in dem er neben weiteren Filialen Fleisch und Wurstwaren verkauft. © Karsten Bär

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