Essen als Politikum: Zwischen Genuss und Ideologie
Welternährungstag 2024: Erfahren Sie, was der Welternährungstag tatsächlich bedeutet und wie wir als Gesellschaft mit dem globalen Hunger-Problem umgehen können – und was das für Landwirte in Deutschland bedeutet.
Ein Kommentar von Claudia Duda
Mir doch egal, mir doch egal, wenn‘s schmeckt, schlagen wir zu“, sangen Angelika Mann und Reinhard Lakomy in den 1970er-Jahren. Was damals zur Hymne für Menschen mit rundlichen Formen wurde, könnte heute noch immer für 99 Prozent der Deutschen gelten. Denn laut Ernährungsreport 2024 antworten fast alle Bundesbürger auf die Frage, was ihnen beim Essen wichtig ist, mit: „guter Geschmack“. Das Kriterium „gesund“ schätzen immerhin noch 91 Prozent für wichtig ein; 56 Prozent meinen, dass das Essen „einfach und schnell zubereitet“ werden muss. Was die Statistik vereinfacht, ist für die Menschen im Alltag oft schwieriger.
Essen als Politik: Menschen fühlen sich bevormundet
Essen ist viel mehr als nur Nahrungsaufnahme. Es ist heute politisch geworden. Die Kluft besteht zwischen Jungen und Alten, sozial Schwachen und Gutverdienern, Fleischfreunden, Vegetariern und Veganern, Ökis und Konventionellen – selbst zwischen Männern und Frauen scheinen manchmal die Unterschiede hinsichtlich der Nahrungsvorlieben unüberwindbar. Dass die Politik das Thema zunehmend ideologisiert, führt dazu, dass viele Menschen sich bevormundet fühlen. Manche Verfechter schwingen bei verbalen Auseinandersetzungen die moralische Keule, sodass einem der Appetit vergeht.
16. Oktober ist der Welternährungstag
Dabei müssen wir uns bewusst machen, dass wir in Europa von einem Luxusproblem sprechen. Das Angebot ist riesig und oft unüberschaubar, entscheidend ist in der Regel der Preis. Doch echten Hunger muss hierzulande zum Glück kaum jemand erleiden.
Der 16. Oktober ist der Welternährungstag. Er soll darauf aufmerksam machen, dass weltweit noch Millionen Menschen an Hunger leiden. Der Tag wird deshalb auch als Welthungertag bezeichnet. Weltweit hungern etwa 821 Millionen Menschen. Das sind elf Prozent der Weltbevölkerung, bilanziert der UN-Welternährungsbericht von 2023.
Deutschland muss Nahrungsmittel importieren
„Ohne uns kein Essen“, hieß ein wichtiger Slogan bei den Bauernprotesten zu Beginn dieses Jahres. Der Selbstversorgungsgrad für Nahrungsmittel in Deutschland lag zuletzt bei rund 86 Prozent (Quelle: Statista für das Jahr 2022). Der Selbstversorgungsgrad beziffert, wie viel Prozent der benötigten Agrarerzeugnisse im eigenen Land produziert werden. Im Fall einer Unterversorgung (weniger als 100 Prozent) sind Importe notwendig. Deutschland musste also zusätzlich Nahrungsmittel importieren, um den eigenen Bedarf decken zu können.
Innovative Lösungen für die Landwirtschaft gesucht
Angesichts der wachsenden Weltbevölkerung wird klar, dass es beim Blick auf die deutsche Landwirtschaft aber nicht nur darum geht, die Versorgungssicherheit im eigenen Land zu stärken, sondern auch an andere zu denken. Das steigert die Erwartungen an die Branche noch mehr. Gilt es doch, nicht nur gesund und am besten nachhaltig zu produzieren, sondern mit innovativen Lösungen die Erträge so zu steigern, dass mehr Menschen satt werden.
Erinnerung an die DDR
Es klingt wie die Quadratur des Kreises. Zwischen all den Interessen, Philosophien und politischen Ambitionen drohen die Landwirte zerrieben zu werden. Denn sie haben den Anspruch, von ihrer Arbeit auch noch leben zu können! Ein Rezept gibt es nicht. Vielleicht aber eine Erinnerung: Als Angelika Mann und Reinhard Lakomy 1975 übers Essen sangen, war das Angebot an Lebensmitteln in der DDR sehr viel kleiner. Es wurde regional und saisonal gekocht. Geschmeckt hat es trotzdem.
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