Verkaufen ohne Personal

Automaten und Smart Stores: Neue Wege für regionale Produkte

Smart Stores gibt es auch in der Regionalvermarktung immer häufiger. Auch das neue Geschäft "Regionalware" in Plauen bedient sich dieses Ansatzes. (c) Silvia Kölbel
Direktvermarktung

Digitalisierung macht’s möglich: Mit Smart Stores oder Verkaufsautomaten lässt sich auch ohne Verkaufspersonal Regionalvermarktung betreiben. Bei einem Forum in Dresden gab es dazu Praxisberichte.

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Größtenteils über Direktvermarktung bringt der Geflügelhof Arnsdorf von Sven Börner in der Nähe von Penig seine Produkte an die Verbraucher. Bislang hatte der Hofladen, der auch Produkte anderer Erzeuger verkauft, freitags und samstags geöffnet. Um dem Kundenwunsch nach flexibleren Einkaufszeiten zu entsprechen und um Personalmangel in der Urlaubszeit abfedern zu können, hat Sven Börner den Laden im Juli zum personallosen Smart Store umgewandelt. Automaten, so sagt er, seien mit zu hohen Investitionen verbunden gewesen. Zudem sollte der Charakter des Hofladens erhalten bleiben.

Der Smart Store arbeitet mit der Software des Anbieters Lokbest Store. Der Laden muss mit einem QR-Code-Scanner als Türöffner ausgestattet werden. Zudem muss der Laden eine Produktdatenbank anlegen. Als Kunde ist eine einmalige Registrierung über die Lokbest-App nötig. Im Geschäft werden Produkte ausgewählt, gescannt und online bezahlt.

Geringer Aufwand zur Einrichtung des Smart Stores

Durch den kontrollierten Zutritt wisse er als Händler, wer in den Laden kommt, so Sven Börner. Das trage auch zur Diebstahlsicherung bei, die zudem durch Kameraüberwachung ergänzt wird. Durch die Software habe er den Lagerbestand im Blick.

Zudem sei das Einkaufsverhalten der Kunden nachvollziehbar. Die App ermöglicht es ihm, Push-Mitteilungen als Werbemittel einzusetzen. Da bis auf den QR-Code-Leser und Warenscanner keine Hardware- und auch keine Umbaukosten erforderlich sind, hielten sich die Kosten in Grenzen. Für die Hardware sind monatlich 119 Euro fällig sowie 2 % des Nettoumsatzes des Smart Stores. Demgegenüber hätte sich durch die Öffnungszeiten von täglich 6 bis 22 Uhr der Umsatz verbessert. Mit Campinggästen habe er zudem neue Kunden gewinnen können. „Wir sind zufrieden“, so Sven Börners Fazit.

Verkaufsautomaten bringen Regionalvermarktung voran

Von großem Aufwand und viel „Versuch und Irrtum“ berichtete Felix Zschoge – letztlich aber auch von Erfolg. Sein in Dresden ansässiges Startup Elbsandstein Quartier und Proviant GmbH betreibt „Proviantomaten“ in der Sächsischen Schweiz. An derzeit 16 und künftig 18 Standorten stehen diese Verkaufsautomaten, die regionale Lebensmittel und Getränke offerieren. Und dies an Orten, an denen oft keine Grundversorgung mehr gewährleistet ist.

Die Automaten gekühlt und werden teils mit Solarstrom betrieben. Eine Internetseite informiert nicht nur über die einzelnen Standorte, sondern auch über das jeweilige Sortiment und den Warenbestand. Rund 390 Produkte sind im Angebot, wie Felix Zschoge in seinem Erfahrungsbericht erläuterte. Sie stammten zu 80 % von regionalen Herstellern und Erzeugern, darunter Landwirtschaftsbetriebe, Imker, örtliche Bäcker und Fleischer.

Die Produkte der Grundversorgung verkaufe man zu üblichen Preisen, die Getränke hingegen etwas teurer. Bezahlen können die Kunden mit Bankkarte oder Bargeld. Die Waren holt das Unternehmen selbst bei den Herstellern ab oder lässt sie liefern. Die fast tägliche Belieferung der Verkaufsautomaten übernimmt ein Mitarbeiter mit einem Elektrotransporter. Als „Onkel Andi“ sorgt er für Bezüge zum „Tante-Emma-Laden“ – und somit zugleich für das passende Storytelling für das Marketing.

Umsatz stark vom Tourismus abhängig

Seit dem Start im Sommer 2022 haben die „Proviantomaten“ bisher eine erfolgreiche Entwicklung und gutes Wachstum zu verzeichnen. Allerdings ist der Umsatz nicht zu jeder Jahreszeit gleich. „Wir sind unglaublich abhängig vom Tourismus“, so Felix Zschoge. Aufgestellt seien die Verkaufsautomaten daher an Orten, an denen viele Leute vorbeikommen.

Ebenfalls mit Verkaufsautomaten arbeitet die Bäckerei und Konditorei Weidenmüller im vogtländischen Falkenstein, die Marcel Weidenmüller nach mehrjähriger internationaler Tätigkeit von seinen Eltern übernommen hat.

Bäckerei-Automat hat viel Zuspruch am Wochenende

Für den smarten Verkauf nach Feierabend arbeitet das Handwerksunternehmen mit Technik des Anbieters Marktbox aus Kiel. Der Verkaufsautomat ist an der Außenwand der Bäckerei angebracht. Eine Holzverkleidung schützt vor Witterungseinflüssen.

Der Automat hat 39 Fächer unterschiedlicher Größe, die mit abgepacktem Brot, Brötchen und anderen Backwaren bestückt sind. Die Auswahl erfolgt durch Angabe der Fachnummer über ein Tablet. Die Bezahlung ist ausschließlich mit Karte möglich. Mit Geld im Automaten steige die Gefahr von Vandalismus, begründet Marcel Weidenmüller. Zudem vermeide er es, Wechselgeld auffüllen zu müssen. Für den Betrieb ist eine Internetverbindung über WLAN oder mobile Daten erforderlich. Auf Kameraüberwachung verzichtet der Bäcker, da der Standort im öffentlichen Raum liegt und es somit hierfür gesetzliche Hürden gibt.  

Die Kundschaft nehme den Verkaufsautomaten vor allem am Wochenende sehr gut an. Dies bedeute auch, dass am Sonntag nachgefüllt werden müsse. Die Möglichkeit, Produkte nach Ladenschluss vermarkten zu können, bedeute auch, dass man an Samstagen im Geschäft mehr Ware anbieten könne. „Der Umsatz an Samstagen ist bis zu zehn Prozent höher“, berichtet Marcel Weidenmüller von seinen Erfahrungen.

Im April gestartet, hat der Verkaufsautomat der Bäckerei Weidenmüller bislang rund 16.000 Einzelverkäufe und einen Umsatz in fünfstelliger Höhe generiert. Pro Transaktion sind 5 ct Gebühr an Marktbox abzuführen.

Hofladen mit und ohne Personal geöffnet

Mit einem hybriden Konzept setzt die Hofmetzgerei Braumiller im bayerischen Alling den smarten Verkauf von selbsterzeugten Produkten um. In der Hofmetzgerei verarbeitet und verkauft Metzgermeisterin Sophie Braumiller Fleisch von Tieren, die auf dem Hof ihres Bruders erzeugt wurden. Außerhalb der festen Öffnungszeiten von Donnerstag bis Samstag mit Personal können die Kunden auch in kompletter Selbstbedienung Waren einkaufen. Die Hofmetzgerei bedient sich dabei des Anbieters SmartStore24. Dazu gehören ein Zugangs-, ein Kassen- und ein Überwachungssystem mit Kamera.

Zutritt erhalten die Kunden entweder mittels Bankkarte oder als registrierte Nutzer mittels eines QR-Codes. Beides habe Vor- und Nachteile, so Sophie Braumiller. Der Zutritt per Karte sei niedrigschwelliger, da keine vorherige Registrierung erforderlich sein. Die Registrierung ermögliche hingegen den Kontakt zum Kunden und gezielte Werbeansprache.

Beim Einkauf legen die Kunden die ausgewählten Waren in den Kassenschacht, wo die Produkte mittels ihres RFID-Chips identifiziert und abgerechnet werden. Der Chip dient darüber hinaus der Diebstahlsicherung und ermöglicht zudem, den Warenbestand exakt zu kontrollieren. Allerdings ist erhöhter Aufwand für die Verpackung notwendig.

Der Smart Store sorge für höheren Umsatz und auch dafür, dass die Ware bis Samstagnachmittag nicht zwangsläufig ausverlauft sein müsse, erklärte die Metzgermeisterin. Allerdings sei der Absatz des Smart Stores auch wetterabhängig und beispielsweise in der Grillsaison höher. 800 Produkte seien gelistet. Die Zahl registrierter Kunden liege bei über 1.600. Die durchschnittliche Einkaufssumme sei 26,90 Euro.

Mit Smart Stores Grundversorgung sicherstellen

Smart Stores sind über die Vermarktung regionaler Produkte hinaus eine Option, die Grundversorgung im ländlichen Raum aufrechtzuerhalten. Beispiele dafür gaben mit Erfahrungsberichten die Bürgermeisterin der Stadt Markranstädt, Nadin Stitterich, sowie der Bürgermeister von Moritzburg, Jörg Hänisch, und der REWE-Marktbetreiber Stefan Köckritz. Im Makranstädter Ortsteil Großlehna sorgte die Einrichtung eines zeitweise personallos betriebenen Marktes von „Tante Enso“ dafür, wieder Einkaufsmöglichkeiten im Ort zu schaffen. Im Moritzburger Ortsteil Friedewald sichert seit Februar 2023 die erste personallose „Fritz‘ nahkauf Box“ im Osten Deutschlands die Grundversorgung der Einwohner.

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