MKS und ASP: Was der Seuchen-Ausbruch für Betriebe in Oberhavel bedeutet
Bauern in Brandenburg kämpfen gegen die Folgen des MKS-Ausbruchs und gegen die ASP. Milchproduktion in Kraatz in Gefahr: Wie der Seuchen-Ausbruch einen Traditionsbetrieb bedroht.
Am 8. Januar 2025 fährt ein Lkw der Firma SecAnim durch Brandenburg. In Hönow lädt er einen toten Wasserbüffel auf. Dann fährt er weiter zu anderen Betrieben, die tote Nutztiere zur Abholung durch den amtlichen Dienstleister angemeldet haben, darunter eine Kuh von der Agrar GmbH Kraatz und ein Kalb des Landwirtschaftsunternehmens Bodien in Bergsdorf. Als zwei Tage später die Hönower Büffel positiv auf die Maul- und Klauenseuche (MKS) getestet werden, wird aus Seuchenschutzgründen ein bürokratisches Räderwerk in Gang gesetzt, das diese Betriebe, die nun „Kontaktbetriebe“ sind, in den Ruin zu treiben droht. Ein zweites Räderwerk läuft hier bereits seit Ende November, als im Landkreis Oberhavel ein Wildschwein positiv auf die Afrikanische Schweinepest (ASP) getestet wurde. Wir trafen uns am vergangenen Freitag zu einem Gespräch in Kraatz.
Ist der Laster am 8. Januar direkt auf Ihre Höfe gefahren? Wie ist die Abholung von Kadavern bei Ihnen organisiert?
Andreas Schmidt: Unser Kadaverplatz, der grüne Plastebehälter da hinten (zeigt aus dem Fenster), liegt, wie Sie sehen, räumlich getrennt von den Stallanlagen, das verlangen schon die QS-Vorgaben von uns. Aber der Büffel wurde an diesem Tag zuerst verladen. Haken, Schlinge oder die Stiefel des Fahrers hätten eventuell kontaminiert sein können. Die MKS ist ja hoch ansteckend, da muss auch der geringsten Spur nachgegangen werden. Das ist ja im Sinne aller Tierhalter.
Gabriele Dittmann: Bei uns ist es ähnlich, die Stelle, die SecAnim anfährt, liegt etwas abseits vom eigentlichen Hof.
Milch wird in der Güllegrube entsorgt
Wie haben Sie erfahren, dass auch Sie von der MKS betroffen sind, obwohl sie gar nicht in einer der Zonen liegen?
Hans Frodl: Das war am 12. Januar, 10.39 Uhr (zeigt auf eine Liste, die die Ereignisse minutiös festhält). Da kam ein Anruf vom Veterinäramt. Am Nachmittag kamen zwei Personen vom Amt, die Blutproben von 26 Tieren genommen haben. Die Milch wurde an diesem Tag mittags zum letzten Mal abgeholt. Seitdem wird die Milch unserer Kühe in der Güllegrube entsorgt.
![Dittmann-Frodl-Schmidt](https://www.bauernzeitung.de/wp-content/uploads/2025/02/Klein_01_Kraatz_drei_mil-1024x714.jpg)
vom Landwirtschaftsunternehmen Bodien, das in Bergsdorf ein Café und einen Hofladen betreibt. Hans Frodl (Mitte)
ist Pflanzenbauleiter der Agrar GmbH Kraatz und Geschäftsführer des Dienstleisters AHD Kraatz GmbH. Andreas Schmidt
ist Chef der Agrar GmbH Kraatz und der Kraatzer Regionalprodukte GmbH. (c) Heike Mildner
Wohin und wie viel liefern Sie normalerweise?
Schmidt: Bei uns sind es täglich etwa 4.000 Liter von rund 140 melkenden Kühen. Montag (3.2.) sind wir bei 84.000 Litern, die wir nicht verkaufen durften. Gemolken und gefüttert werden muss trotzdem, das geht ans Eingemachte.
Dittmann: Wir melken zur Zeit 70 Tiere, müssen rund 1.500 Liter wegschütten. Mein Bruder, der sich auch um die Melktechnik kümmert, hat Probleme, weil der Melkroboter nicht funktioniert und kein Techniker auf den Hof darf. Wir dürfen kein Stroh holen für die Tiere, und auch unsere Direktvermarktung liegt brach, weil kein Kunde auf den Hof darf. Wir haben erst im Mai 2024 Café und Hofladen eröffnet. Die Kunden sind verunsichert. Außerdem fehlen die Informationen zum Bestand: welche Qualität hat die Milch, was ist mit der Besamung – das ist ein Rattenschwanz …
Milchtankstelle drei Wochen geschlossen
Herr Schmidt, Sie lassen auch Käse über die mobile Käserei produzieren – wir hatten mal darüber berichtet – das trifft die Kraatzer auch …
Schmidt: Und ob. Auch unsere Milchtankstelle ist seit fast drei Wochen geschlossen. Der Verlust summiert sich täglich – und auf lange Sicht müssen wir sicher ordentlich kurbeln, damit die Kunden wissen, dass es weiter geht.
![Gransee-Molkerei](https://www.bauernzeitung.de/wp-content/uploads/2025/02/Klein_05_Gransee-Molkerei_schmal_mil-1024x386.jpg)
Haben Sie Informationen, wie lange der jetzige Zustand anhält, wie es weitergeht?
Frodl: Der Informationsfluss ist leider sehr zäh. Wir rufen fast täglich an, um diese Fragen zu klären, werden aber immer vertröstet. Unsere Tiere wurden am 17. Januar klinisch kontrolliert, am 20. Januar wurden nochmal von 56 Tieren Blutproben genommen. Alles negativ, aber keine Auskunft, wie es weitergeht und auch nichts Schriftliches über den Ausgang der Tests. Jetzt warten wir auf das Ergebnis der dritten Blutproben. Wir hoffen, ab Sonnabend wieder Milch an die Molkerei liefern zu können. (Eine Hoffnung, die sich erfüllt hat.)
Schmidt: Wir produzieren hier in Kraatz seit 50 Jahren Milch, das gehört einfach dazu, und wir passen uns an – ob es nun die Direktvermarktung mit Käse, Milch und Eis ist oder der Fachkräftemangel, dem wir mit polnischen Zeitarbeitskräften begegnen. Aber im Moment sind wir ratlos, wie es weitergehen soll.
![Regiomaat](https://www.bauernzeitung.de/wp-content/uploads/2025/02/Klein_08_Regiomaat_mil-1024x768.jpg)
Haben Sie Alarm geschlagen?
Dittmann: Zuerst dachten wir, es sei vernünftiger, das alles nicht an die große Glocke zu hängen, um die Kunden nicht zu verunsichern. Aber auf dem Oberhavel-Tag auf der Grünen Woche am Freitag, den 24. Januar, hatten wir Gelegenheit, mit unserem Landrat zu reden und auf unsere Situation aufmerksam zu machen. Eigentlich wollten wir unsere Produkte verkaufen, aber aus seuchenschutztechnischen Gründen durften wir nur wenig mitnehmen.
MKS und ASP: Täglich ein Anruf beim Amt
Das ist heute genau eine Woche her …
Schmidt: Richtig. Und immer noch rufen wir täglich im Amt an, um zu erfahren, wie es weitergeht.
Und da haben wir noch gar nicht über die ASP-Maßnahmen gesprochen. Inwieweit sind Ihre Betriebe betroffen?
Frodl: Die Stelle, an der am 21. November 2024 der Keiler gefunden wurde, der positiv auf ASP getestet wurde, liegt keine drei Kilometer von hier entfernt. Unsere 1.450 Hektar sind zu 100 Prozent in der sogenannten „infizierten Zone“. Bisher hat uns das noch nicht getroffen, aber jetzt, nach dem 1. Februar mit der Gülleausbringung werden uns die Einschränkungen treffen.
Dittmann: Von unseren 300 Hektar sind etwa drei Viertel in der ASP-Zone. Wir bauen unter anderem auf 15 Hektar Winterhanf für die Fasergewinnung für die Textilhanffabrik in Neuruppin an. Dieser Hanf müsste eigentlich jetzt geerntet werden, wir dürfen aber nicht auf den Acker.
Bisher keine weitere Probe mit ASP
Was erwarten Sie in beiden Seuchenfällen von den Verantwortlichen?
Schmidt: Es ist so viel von Seucheneindämmung die Rede. Aber was wurde denn bisher eingedämmt? Es gab keinen weiteren Fall. Bei der MKS nicht und bei der ASP hier im Landkreis Oberhavel wurde auch noch nichts weiter gefunden, obwohl jedes geschossene Wildschwein beprobt und viel Geld für die Fallsuche ausgegeben wird. Ab wann hat man es wirklich mit einer Seuche zu tun? Und eine Frage, über die viel spekuliert wird: Wie kam es überhaupt zum MSK-Eintrag in die Büffelherde? Diese Fragen müssen dringend geklärt werden.
Wie stellen Sie sich eine effektive Seuchenbekämpfung vor?
Schmidt: Meines Erachtens sollten Betroffene im Krisenstab mitarbeiten. Und dieser Krisenstab müsste auch entscheidungsfähig sein und entscheiden, so wie jeder Unternehmer auch Entscheidungen treffen muss. Wir können uns auch nicht immer rückversichern. Nicht anders ist zu erklären, dass wir nicht schlüssig informiert werden.
Frodl: Mich hat befremdet, dass erst 26, dann 56 Tiere beprobt wurden. Es sollte einen einheitlichen und damit kommunizierbaren Schlüssel geben, wie viele Tiere in welchem zeitlichen Abstand getestet werden, und der muss von der EU bis runter zur Kreis-ebene bekannt sein und akzeptiert werden. Wir wollen einfach nur wissen, woran wir sind.
NACHTRAG:
Seit Sonnabend (1.2.) dürfen die Kontaktbetriebe aus dem Landkreis Oberhavel wieder Milch an die Molkerei in Gransee liefern. Die Betriebe in der MKS-Überwachungszone im Barnim mussten bei Redaktionsschluss ihre Milch weiter entsorgen.
![Bauernzeitung Ausgabe 06/2025_Titel Bauernzeitung Ausgabe 06/2025_Titel](https://www.bauernzeitung.de/wp-content/uploads/2025/02/Bau25_06_Titel-210x300.jpg)
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