Nachhaltige Futter-Alternative

Insekten als Futtermittel: Neues Geschäftsmodell für Landwirte?

Mit der Schwarzen Soldatenfliege testen Wissenschaftler und Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern den Einsatz der Larven als eiweißreiches Futter in der Nutztierhaltung. © Thomas Häntzschel / nordlicht

Sind Insekten eine aussichtsreiche Einkommensquelle in der Landwirtschaft? Eine neue Plattform in Mecklenburg-Vorpommern wollte rund um die Nutzung von Insekten als Futtermittel in der Nutztierhaltung das Interesse wecken.

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Seit der Zulassung verschiedener Insekten für die Schweine- und Geflügelfütterung durch die EU im September 2021 haben sich bislang nur sehr wenige Unternehmen in Deutschland für die Herstellung von entsprechendem Futtermittel entschieden. Jedoch scheint das Interesse seitens der Landwirtschaft, Insekten zu füttern, aktuell zu steigen. Ein Grund dafür könnten die stark angestiegenen Futtermittelpreise sein.

Insektenstammtisch in MV: Wissensaustausch und Netzwerkbildung

Am 18. Februar fand auf Initiative der Landesforschungsanstalt MV (LFA) und des Forschungsinstituts für Nutztierbiologie (FBN) der erste Insektenstammtisch in MV im Tagungszentrum in Dummerstorf statt. Mit 31 Wissenschaftlern, Landwirten, Insektenproduzenten und solchen, die es werden wollen.

Die Vorträge aus Forschung, Praxis und Wirtschaft sollten das Interesse am Thema Insekten als Futtermittel, insbesondere an der Schwarzen Soldatenfliege, wecken. Denn die Fütterung mit Insekten könne nicht nur das Tierwohl positiv beeinflussen, sondern zumindest teilweise auch ein Ersatz für Soja in den Rationen sein, so Dr. Manfred Mielenz, wissenschaftlicher Mitarbeiter der FBN-Arbeitsgruppe Ernährungsphysiologie und Gastgeber der Veranstaltung.

Beim ersten Insektenstammtisch am FBN fanden sich Experten aus Wissenschaft, Landwirtschaft und Wirtschaft zusammen.
Beim ersten Insektenstammtisch am FBN fanden sich Experten aus Wissenschaft, Landwirtschaft und Wirtschaft
zusammen. © Steffen/LFA

Schwarze Soldatenfliege: Potenzial als Soja-Ersatz

Mielenz hat mehrere Jahre zur Schwarzen Soldatenfliege als Eiweißfuttermittel geforscht und den gegenwärtigen Kenntnisstand zur Insektenproduktion und zu deren Situation in Europa dargestellt. Andere Länder seien in der Entwicklung der neuartigen Futtermittel weiter. Deutschland müsse aufpassen, nicht ins Hintertreffen zu geraten, so Mielenz. Obwohl die Insektenproduktion nachhaltiger sei, weniger Platz, Futter und Wasser verbrauche.

Nur wenige Betriebe seien bisher in MV in die Insektenmast eingestiegen. Im Vergleich zu anderen Bundesländern. Dort sehen Futtermittelhersteller für Insekten als Futtermittel längst einen Markt. So wie das Unternehmen Better Insect Solutions, das mit FarmInsect zusammenarbeitet und für Investoren schlüsselfertige Insektenfarmen entwickelt und baut. Zudem bietet das Unternehmen Lösungen für Landwirte, die auf der Suche nach einem weiteren Standbein für ihren landwirtschaftlichen Betrieb sind.

Insekten-Farmen: Neue Geschäftsmodelle für Landwirte

Für die Zukunft könne sich die Haltung von Insekten durchaus als alternative Einkommensquelle in der Landwirtschaft eröffnen, so Mielenz. Mit der Futterproduktion aus den Larven der Soldatenfliegen würden sich gerade für kleinere Agrarbetriebe neue Geschäftsfelder anbieten.

Es gehe nicht darum, bisherige Futtermittel komplett zu ersetzen. Es könnten aber Prognosen zufolge herkömmlichen Futtermitteln in der Schweineproduktion bis zu acht Prozent, in der Geflügelproduk­tion bis zu 20 % der eiweißreichen Kost beigemischt werden, erwartet der Wissenschaftler.

Regionale Wertschöpfung: Erfolgsbeispiele aus Mecklenburg-Vorpommern

Zu den wenigen Produzenten in MV gehört die Agrargenossenschaft Roggenhagen bei Neubrandenburg. Landwirt Falk Herold züchtet das zweite Jahr Larven der Schwarzen Soldatenfliege in einem ehemaligen Schweinestall.

Gemeinsam mit einem Investor hat das Unternehmen die Produktionstechnik selbst entwickelt. Bislang produziert der Betrieb Larven, die in der Schweine- und Geflügelhaltung zum Einsatz kommen. Allerdings erst 150 kg Maden am Tag.

Positive Effekte auf Tiergesundheit und Produktqualität

Die Abnehmer aus der Region seien aber schon sehr zufrieden, so Herold. So berichte ein von ihm belieferter Eierproduzent aus der Nähe von Lubmin nach dem Einsatz der Larven von einer besseren Tiergesundheit im Hühnerstall, deutlich sinkenden Tierarztkosten und einem höheren Anteil größerer Eier.

Für Mielenz kommt das nicht überraschend. „Es ist in der Tat so, dass Inhaltsstoffe wie bestimmte Fettsäuren nachweislich antibakteriell wirken und die Darmgesundheit fördern.“

Reststoffe als Insektenfutter: Kreislaufwirtschaft in der Praxis

Auch in Dummerstorf legt inzwischen eine Kolonie mit etwa 10.000 Soldatenfliegen alle sechs Wochen 100–120 g Eier. In kurzer Zeit könnten die Nachkommen um das Zigfache an Körpermasse zunehmen und nach circa zwei Wochen ihr Gewicht mehr als vertausendfachen, erklärt Mielenz. So könnten theoretisch ohne Verluste in zweieinhalb Wochen 400 kg und mehr Lebendmasse hergestellt werden. Das sei von der Futtermittelqualität und von der Verfütterung von Reststoffen abhängig.

Insektenfutter: Nischenmarkt mit Wachstumspotenzial

Bisher gebe es in Deutschland keine Haltungsvorschriften für Insekten. Jedoch sollten die Grundbedürfnisse der Tiere beachtet werden. Es müsse auch gesagt werden, dass Insektenfutter definitiv ein hochpreisiger Nischenmarkt bleibe, der aber durchaus Entwicklungspotenzial habe.

Nächster Insektenstammtisch geplant

Der Auftakt des Insektenstammtisches zeige, dass das Interesse an innovativen Lösungen in der Landwirtschaft groß sei, so Mielenz. Aufgrund der positiven Resonanz sei bereits ein weiterer Termin in Vorbereitung, der rechtzeitig bekannt gegeben werde.

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