MV-Bauernpräsident Trunk: Agrarpolitik gefährdet Nutztierhaltung und ländlichen Raum
Agrardiesel, Mindestlohn, Stoffstrombilanz: Der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern kritisiert die Pläne der neuen Bundesregierung und fordert auf dem Bauerntag in Linstow eine neue Agrarstrategie der Bundesregierung.
Der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern ruft die neue Bundesregierung zu einem Kurswechsel in der Agrarpolitik auf. Es sei höchste Zeit zum Handeln, so Bauernpräsident Karsten Trunk beim Bauerntag am 2. April 2025 in Linstow (Landkreis Rostock) mit Blick auf die Regierungsbildung zwischen Union und SPD.
Warnung vor dem Aus für Veredelungswirtschaft
Viele altbekannte Probleme seien seit Jahren ungelöst, erklärte Trunk und verwies auf Themen wie die überbordende Bürokratie, steigende Energiekosten, Düngemittelpreise sowie die Schließung von Schlachthöfen. Dem Rückgang der Nutztierhaltung müsse dringend entgegengewirkt werden. „Wenn da jetzt nicht die Weichen gestellt werden und es klare Rahmenbedingungen gibt, dann fällt die Entscheidung gegen die Veredlungswirtschaft“, ist sich der Bauernpräsident sicher. Sinken die Bestände an Schweinen und Rindern, müssten Schlachthöfe und Molkereien schließen, warnte er.
Agrardieselrückvergütung unzureichend
Auch die Zusage der Agrardieselrückvergütung sei nicht ausreichend, um die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Landwirtschaft zu sichern.
Kritik an Mindestlohnplänen
„Um das klarzustellen, es handelt sich nicht um eine Subvention, sondern um eine Steuerrückerstattung“, so Trunk. Kritik äußerte er auch an den Mindestlohn-Plänen. „Wir sind nicht grundsätzlich gegen einen Mindestlohn, wir sind gegen einen politisch verordneten Mindestlohn“, betonte er. Erntehelfer aus dem Ausland verlangten keinen Mindestlohn, zudem seien diese Kosten nicht tragbar. „Wenn nicht gegengesteuert wird, wird es im ländlichen Raum bergab gehen. Gerade im Hinblick auf die Sonderkulturen“, mahnte er. Union und SPD hatten sich in ihrem Sondierungspapier auf einen möglichen Mindestlohn von 15 Euro ab 2026 geeinigt.
Agrardiesel und steuerfreie alternative Kraftstoffe
Agrar- und Umweltminister Till Backhaus (SPD) versicherte den Delegierten in Linstow, dass es Ziel der Koalitionsverhandlungen in Berlin sei, die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft und die Attraktivität der ländlichen Räume als Wohn- und Arbeitsort zu verbessern. „Wir brauchen eine solide ausgestattete Agrarpolitik“, so der Minister au Mecklenburg-Vorpommern.
Neben der Wiedereinführung der Agrardieselrückvergütung stellte Backhaus den Landwirten die Befreiung alternativer Kraftstoffe von der Energiesteuer in Aussicht. „Uns allen ist klar, dass klimaschädliche Subventionen durch bessere Alternativen abgelöst werden müssen, aber eben nicht über Nacht und nicht auf Kosten einer Branche, die unser Überleben sichert“, betonte Backhaus.
Bürokratieabbau geplant: Stoffstrombilanz soll gestrichen werden
Auch die viel diskutierte Verordnung zur Stoffstrombilanz im Düngegesetz solle ersatzlos gestrichen werden, um Bürokratie abzubauen, sagte er. Sie biete keinen Mehrwert für den Gewässerschutz, aber hohe Nachweispflichten für die Betriebe.
Zudem solle der Agrarantrag vereinheitlicht werden, um Doppelmeldungen zu vermeiden. Die 194 Vorschläge der Länder zum Bürokratieabbau, die bereits der Ampel-Koalition vorlagen, sollen neu bewertet werden.
Bestandsschutz für neue und umgebaute Ställe
Der Koalitionsvertrag sende Minister Backhaus zufolge auch ein klares Signal an die Nutztierhaltung als wichtiges Standbein der deutschen Landwirtschaft. Bis 2028 sollen jährlich rund 1,5 Mrd. Euro für den Umbau tierwohlgerechter Ställe bereitgestellt werden. Der Bestandsschutz für neue und umgebaute Ställe werde auf 20 Jahre erhöht.
Schnellere Zulassung von Pflanzenschutzmitteln gefordert
Die Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel sollen beschleunigt werden. „Wir müssen den Umfang und das Risiko beim Pflanzenschutzmitteleinsatz reduzieren, indem wir die Präzisionslandwirtschaft und den integrierten Pflanzenschutz stärker fördern“, so Backhaus. Deutschland dürfe hier keinen Sonderweg gehen, sondern brauche eine EU-weite Strategie für befristete Zulassungen, wenn keine Alternativen vorhanden sind.
In den vergangenen 30 Jahren habe sich die Verfügbarkeit zugelassener Wirkstoffe von 700 auf 200 reduziert. „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht an der Realität auf dem Feld vorbei agieren. Wissenschaftliche Bewertungen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit sollten Grundlage für politische Entscheidungen sein – nicht populistische Verbotsforderungen“, betonte der Minister.
Änderung des Dauergrünlanderhaltungsgesetzes
Abschließend informierte Backhaus über die Änderung des Dauergrünlanderhaltungsgesetzes. Künftig könne Dauergrünland, das ab dem 1. Januar 2021 entstanden ist, wieder in Ackerland umgewandelt werden, mit wenigen Ausnahmen. Dies betrifft landesweit etwa 4.000 ha. Die Pflugregelung entfalle, was ökonomisch und ökologisch sinnvoll sei und zur Verbesserung der Biodiversität beitrage, so der Minister. Diese Maßnahmen sollen bereits in den ersten 100 Tagen nach Bildung der neuen Bundesregierung umgesetzt werden, kündigte Backhaus an.
Beim Thema Bürokratieabbau erwarten die Landwirte ein Umdenken der zukünftigen Koalitionäre in Berlin. Der Ball liege jetzt in Berlin, so Trunk. Von dort seien erste Signale gekommen, etwa zu einem vereinfachten Antragsverfahren. Sogar von einem einheitlichen Agrarantrag für alle Landwirte in Deutschland sei die Rede. „Hier können schon kleine Schritte Entlastung für uns Landwirte bringen“, sagte Trunk.

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