Interview: Was der neue Agrarminister von Breitenbuch für Sachsen plant
Haushaltskürzungen umzusetzen, war die erste Herausforderung für Sachsens Agrarminister von Breitenbuch. Nicht nur beim Umgang mit dem Geld muss und will er neue Akzente setzen.
Ende vorigen Jahres ins Amt gekommen, stand für Sachsens neuen Agrarminister von Breitenbuch (CDU) mit der Erstellung des Haushaltsplans zu Jahresbeginn eine erste nicht leicht zu lösende Aufgabe an. 500 Millionen Euro muss sein Ressort über dieses und nächstes Jahr einsparen, was nur zum Teil durch den Wegfall der Zuständigkeit für Klima und Energie kompensiert wird. Doch nicht nur beim Haushalt, auch in anderen Bereichen will sich Georg-Ludwig von Breitenbuch beweisen.
Herr von Breitenbuch, nach den ersten gut hundert Tagen als Minister: Welchen Eindruck haben Sie von Ihrem Haus gewonnen?
Ich bin hier im Haus sehr gut aufgenommen worden. Viele Mitarbeiter sind sehr gut und sachlich auf mich und Staatssekretär Ulrich Menke zugekommen. Wir konnten Personallücken schließen und nun steht die Mannschaft. Beeindruckt war ich von der Vielfältigkeit der Aufgaben des Hauses, obwohl ich diese schon als Abgeordneter des Landtages eng begleitet habe. Es gibt eine Fülle an Themen, auch nachdem wir die Bereiche Klima und Energie abgegeben haben. Die Stimmung im Haus ist gut, obwohl ich auch sehr deutlich sage, dass Veränderungen anstehen. Zum einen, weil der Minister ein anderer ist und sich die Parteifarbe der Hausleitung geändert hat.
Zum anderen, weil die finanzielle Situation eine andere ist als vor fünf Jahren. Wir haben jetzt eben kein Geld, das Extras ermöglicht. Wir müssen uns auf die Kernaufgaben konzentrieren. Und daher stand in den ersten hundert Tagen nicht nur das Kennenlernen im Mittelpunkt, sondern auch die Haushaltsaufstellung. Das war sehr intensiv. Trotzdem muss ich sagen, wir haben in großer Kollegialität diese Kürzungen in den verschiedenen Bereichen sehr gut ausgesteuert und, wie ich glaube, die richtigen Schwerpunkte gefunden. Dafür bin ich den Kolleginnen und Kollegen im Haus, aber auch in den nachgeordneten Bereichen, wie beispielsweise dem Sachsenforst oder der Landestalsperrenverwaltung, sehr dankbar. Ich denke, damit haben wir dem Landtag einen guten Vorschlag gemacht, hinter dem ich ganz klar stehe. Zusammenfassend kann ich sagen: Ich fühle mich zur richtigen Zeit am richtigen Fleck.

Kürzlich haben Sie beim Bauerntag in Weinböhla davon gesprochen, dass sich im Umweltbereich Parallelstrukturen entwickelt haben. Was meinten Sie damit?
Es ist mir ein Anliegen, dass alle Ebenen gut zusammenarbeiten und die verschiedenen Entscheidungsträger voneinander wissen. Ein Beispiel: Wir haben jetzt im Haus abgestimmt, dass bei Einladung der unteren Naturschutzbehörden zu Dienstberatungen ins Ministerium die Landräte und Oberbürgermeister vorab informiert werden. Das ist für mich ein kleiner, aber dennoch ein wichtiger Baustein für Transparenz. Die Landräte und Oberbürgermeister werden eingeladen, schicken ihre Leute, wissen Bescheid und können auch ein Protokoll abfordern. Nur wenn wir so Hand in Hand arbeiten, können wir auch etwas bewegen.
Agrarminister von Breitenbuch: Umgang mit Wolf passt nicht zur Realität
Vor Kurzem hat der Landkreis Bautzen eine naturschutzfachliche Ausnahmegenehmigung zur Entnahme eines Wolfes erlassen, die von einer Umweltorganisation vor Gericht erfolgreich angefochten wurde. Passt der gesetzliche Umgang mit dem Wolf noch zu den Realitäten in diesem Land?
Es passt überhaupt nicht zur Realität im Land, wie wir den Wolf behandeln. Die Landkreise Görlitz und Bautzen sind voller Wölfe und jedes Jahr kommen 30 % dazu. Und an dieser Situation verzweifeln viele. Im konkreten Fall vor Ort waren sich alle einig – die Betroffenen, die Fachstelle Wolf des LfULG und der Landkreis –, dass man diesen Abschuss genehmigen kann. Obwohl viel Mühe in das Thema hineingesteckt wurde, war die Entscheidung in den Augen des Gerichts nicht ganz sattelfest. Und damit fällt diese Anstrengung wieder in sich zusammen, die eigentlich bitter nötig ist, um Vertrauen und Handlungsstärke herzustellen.
Ärgerlich ist, dass – anders als unsere sächsischen Umweltverbände – eine Organisation von außerhalb den Antrag bei Gericht gestellt hat, die diese Sensibilität für das Thema hier vor Ort eben nicht hat. Wir müssen hier eine Kehrtwende hinbekommen. Ich habe das Thema bei meinem Besuch in Brüssel angesprochen, und wir arbeiten dazu auch in der AMK, der Agrarministerkonferenz, zusammen, die sich ebenfalls für eine Veränderung ausspricht. In Sachsen werden wir jetzt noch einmal die Wolfsmanagement-Verordnung überarbeiten, damit wir alles ausreizen, was möglich ist. Ich bin da kämpferisch und möchte etwas erreichen.
Ihre erste AMK als Minister liegt wenige Wochen zurück. Wie veränderungsbereit haben Sie dieses Gremium wahrgenommen?
Die AMK in Baden-Baden habe ich sehr veränderungsfreudig vorgefunden, hin zu mehr Sachlichkeit und weniger grüner Politik. Die Bauerndemonstrationen, aber auch die Wahlergebnisse in Europa, Bund und Ländern haben natürlich auch in der AMK einen Eindruck hinterlassen. Die CDU-Minister sind wieder in der Mehrheit, und wir haben uns sehr gut mit den SPD-Ministern ergänzt. Die Mehrheitsentscheidungen und Protokollerklärungen gehen eindeutig in die Richtung, die ich auch für Sachsen vertrete.
Wir haben jetzt zum Beispiel zwei neue Ökoregelungen abgelehnt, die in der Diskussion standen, um das System nicht komplizierter zu machen. Wir haben uns, und das war von den ostdeutschen Ländern gut vorbereitet, auch für eine stabile Erste Säule ausgesprochen sowie dafür, dass die Umweltprogramme wieder in die Zweite Säule gehen.
„Grüner Überschwang, alles von Brüssel regeln zu lassen“
Welche Impulse können Sie von Sachsen aus für weniger Regulation und Bürokratie geben?
Thomas Schmidt (2014-2019 Agrarminister in Sachsen – d. Red.) hatte seinerzeit mit dem ELER-Reset einen Ansatz zur Entbürokratisierung der Förderung vorgeschlagen. Dieser Ansatz ist leider gescheitert und wurde vom grünen Überschwang, alles von Brüssel regeln zu lassen, überwölbt. Alles wurde noch komplizierter und schließlich geriet 2023 selbst die pünktliche Auszahlung der Agrarförderung in Gefahr, weil das System kaum noch handlungsfähig ist. Aus dieser Erfahrung in Sachsen heraus kämpfe ich dafür, dass wir einfachere Programme und eine klarere Struktur hinbekommen. Angetippt habe ich in Brüssel auch die Frage, ob es wirklich klug ist, wenn jedes Land selbst die Programmierung der Antrags- und Auszahlungssoftware vornimmt.
Das ist extrem aufwendig, selbst wenn man es im Verbund mit anderen Bundesländern bewerkstelligt. Wir haben für die Neuprogrammierung bis zur nächsten Förderperiode 70 Millionen Euro eingestellt – bei knapp 450 Millionen, die wir im Jahr auszahlen. Zusätzlich ist das hauseigene Personal damit beschäftigt. Besser wäre, die Programmierung würde von Brüssel her mitgedacht oder gleich mitgemacht. Dazu gehören auch andere Fragen, zum Beispiel: Wie wird kontrolliert? Mein Vorschlag ist, dass die Landwirte weiterhin quadratmetergenau messen, aber dass man die Kontrollen auf hundert Quadratmeter genau macht, durch diese Korridore Puffer einbaut und somit Druck herausnimmt.
Ein anderes Thema, bei dem alle hochgradig sensibilisiert sind, ist die TA Luft. Mit den Vorgaben sind wir zu ehrgeizig unterwegs, denn wir machen uns damit die tierhaltenden Betriebe kaputt. Auch Ökobetriebe sind damit überfordert. Bei Versuchen im Lehr- und Versuchsgut Köllitsch hat unser Landesamt ermittelt, dass auch eine Schwimmschicht die nötige Emissionsminderung erreicht. Wir regen jetzt an, dass auch andere Bundesländer Untersuchungen durchführen oder sich eine Universität mit dem Thema befasst, um das zu bestätigen. Die beste Lösung wäre es, bei 80 Prozent zu bleiben. Sonst gibt es bald keinen organischen Dünger mehr im Land. Und auch keine Insekten und keine Schwalben. Es ist also auch ein Thema der Biodiversität.
Sie sprechen die Untersuchungen im Lehr- und Versuchsgut Köllitsch an. Neue Forschungsvorhaben sind im LfULG allerdings laut Haushaltsentwurf nicht mehr vorgesehen. Ist das nicht ein Fehler?
Natürlich haben wir ein Interesse daran, dass unsere Fachleute die aktuellen Probleme der Landwirtschaft begleiten. Aber wir werden uns fokussieren. Damit das weiter passieren kann, ist Kreativität gefragt, zum Beispiel durch Kooperationen mit Praxisbetrieben oder mit der Industrie. Aber wir müssen uns jetzt erst einmal der finanziellen Realität stellen und an dieser Stelle einen Schnitt machen. Wenn wir eine gute Basis erreicht haben, kann man darauf auch wieder etwas aufbauen.
Sächsischer Landwirtschaftsminister will Politik für alle Betriebe machen
Wird das von Ihrem Vorgänger eingeführte Ökokompetenzzentrum Bestand haben?
Nein, das wird normal eingegliedert. Wir haben mit dem LfULG ein Kompetenzzentrum, das der gesamten Landwirtschaft zur Verfügung steht und das konventionelle und ökologische Betriebe gleichermaßen im Blick hat. Ob das Nährstoffkreisläufe sind oder Bodenbearbeitung – die Themen sind die gleichen und werden auch weiterhin bearbeitet. Nur eben nicht in diesem Duktus, der vermittelt, dass es gute und schlechte Bauern gibt. Wir machen in diesem Ministerium Politik für alle Betriebe.
Wird es einen Stellenabbau im Zuständigkeitsbereich des Ministeriums geben?
Es gibt Projektstellen, die planmäßig auslaufen. Bei dauerhaft angelegten Stellen, bei denen in den nächsten Jahren eine Verrentung stattfindet, prüfen wir die Nachbesetzung. Ich habe im Haus ein sehr kluges Personalreferat vorgefunden, das alles daranlegt, dass vernünftige Übergänge stattfinden. Der Wert wird dabei auf die Fachlichkeit gelegt, die das Haus braucht.
Agrarminister von Breitenbuch: Werden AgiL nicht weiterlaufen lassen
Sind Sie im Zuge der Haushaltskürzungen auf Dinge gestoßen, bei denen es leichtfiel, auf sie zu verzichten?
Es gab in den vergangenen Jahren gewisse Anstrengungen, Vernetzung aufzubauen und dafür Personal zu bezahlen, was meines Erachtens die Branche selbst leisten kann und auch muss. Für den politischen Ansatz, von staatlicher Seite mit Steuergeldern Vernetzung zu organisieren, stehen uns einfach keine Mittel mehr zur Verfügung. Das heißt unter anderem, wir werden die Agentur AgiL nicht weiterlaufen lassen. Im Baumanagement gab es Bestrebungen, die Fahrradinfrastruktur an den Liegenschaften zu verbessern und durch Sachsenforst etliche neue Fahrradständer bauen zu lassen, was man machen konnte, als das Geld dafür noch da war. Wir straffen auch im Haus selbst, haben zum Beispiel die bisher getrennten Referate für Presse- und für Öffentlichkeitsarbeit zusammengeführt. Bei der Grünen Woche wird es nächstes Jahr keine Sachsenhalle und keinen Sachsenabend geben. Das hat, glaube ich, auch Symbolcharakter, dass es uns ernst mit dem Sparen ist. Und ich habe auch nur noch einen Staatssekretär, nicht zwei.

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