Bundesrat gibt Düngeverordnung grünes Licht

Bis Ende des Jahres müssen die Länder die roten Gebiete neu ausweisen, in denen die Düngung stark einzuschränken ist. (c) Sabine Rübensaat
News
Artikel teilen

Die von der EU-Kommission gefordert Verschärfung des Düngerechts ist beschlossen. Nach monatelangem Streit und gegen heftigen Widerstand aus der Praxis haben die Länder am Freitag der Verordnung zugestimmt.

Nach monatelangen Auseinandersetzungen steht nun fest: Für die Landwirte in Deutschland gilt demnächst ein schärferes Düngerecht. Treckerdemos, politische Appelle und der Nachweis fachlicher Schwächen der neuen Düngeverordnung konnten nicht verhindern, dass der Bundesrat während einer vorgezogenen Sitzung mehrheitlich für den Entwurf der Bundesregierung stimmte.

Thüringens Minister: Wir lassen keinen im Regen stehen

Die Europäische Kommission hatte die Verabschiedung der Novelle bis spätestens Anfang April zur Bedingung gemacht, um von weiteren Schritten gegen die Bundesrepublik abzusehen. Erwartet wird nun, dass Brüssel nicht die nächste Stufe im Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik einleitet. Damit bliebe Deutschland auch von den angedrohten Strafzahlungen in Millionenhöhe verschont. Dem Vernehmen nach hatte sich vor diesem Hintergrund zuletzt auch Bundeskanzlerin Angela Merkel selbst in die Auseinandersetzungen zwischen Bund und Ländern eingeschaltet.

Thüringens Agrarminister Hoff mahnte im Bundesrat Unterstützung für die Landwirtschaft an.
Thüringens Agrarminister Hoff mahnte Unterstützung für die Landwirtschaft an. (c) Screenshot/Stephan

Obwohl Diskussionsbeiträge nicht vorgesehen waren, ergriff Thüringens Landwirtschaftsminister Benjamin-Immanuel Hoff zum Tagesordnungspunkt 21 das Wort. Er erneuerte seinen Vorwurf an die Bundesregierung, zu spät für Klarheit gesorgt zu haben. Es sei aber jetzt falsch, weiter die irrtümliche Hoffnung zu nähren, man könne noch an einer Verschärfung der Düngeverordnung vorbeikommen. Darauf zu setzen, in Brüssel werde man jetzt andere Sorgen haben, nannte der Linken-Politiker „ein merkwürdiges Verständnis von Rechtsstaatlichkeit“. 

Ausdrücklichkeit erwähnte Hoff die Initiative „Land schafft Verbindung“. Er zollte den Landwirtinnen und Landwirten Respekt dafür, wie sie ihren Protest gegen eine fachlich und sachlich unzureichende Verordnung organisiert hätten. Der Thüringer Minister leitete daraus die Verpflichtung ab, die Landwirtschaft mit der neuen Situation nicht allein zu lassen. „Ob Bund oder Länder – wir alle verabschieden derzeit immense Programme, um die Wirtschaft zu unterstützen“, erinnerte Hoff. Daher müsse sich die Landwirtschaft darauf verlassen können, „dass wir keinen im Regen stehen lassen“. Der Politik müsse es endlich gelingen, den „epischen Konflikt zwischen Umwelt und Landwirtschaft“ zu beenden.

Verschärfungen gelten ab Januar 2021

Die EU-Kommission hatte zugestimmt, die den Ländern eingeräumte Umsetzungsfrist, in der sie die roten Gebiete neu auszuweisen haben, bis zum 31. Dezember 2020 zu verlängern. Auch die in der Verordnung vorgesehenen strengeren Vorschriften für die Düngung in den bereits ausgewiesenen roten Gebieten werden auf den 1. Januar 2021 verschoben.

Das betrifft solche Maßnahmen wie

Abstand halten. Jedes Bundesland ließ sich - wie hier während der Sondersitzung am Mittwoch zum Corona-Paket - nur von einer oder einem Abgesandten vertreten. (c) Bundesrat/Bäumer
Abstand halten! Jedes Bundesland ließ sich – wie hier während der Sondersitzung am Mittwoch zum Corona-Paket – nur von einer oder einem Abgesandten vertreten. (c) Bundesrat/Bäumer
  • die Absenkung des Düngebedarfs um 20 % im Betriebsdurchschnitt,
  • die schlagbezogene Grenze von 170 kg Stickstoff pro Hektar aus organischen Düngemitteln,
  • die längeren Sperrfristen für die Grünlanddüngung und von Festmist sowie
  • das Verbot der Herbstdüngung zu Winterraps, Wintergerste und Zwischenfrüchten ohne Futternutzung.

Der Aufschub soll auch für solche Grundwasserkörper oder Flusseinzugsgebiete wirksam werden, die teilweise belastet sind, diese Teile jedoch von den Ländern nicht ausgewiesen wurden.

Das Saarland und Hessen brachten während der Bundesratssitzung einen Plenarantrag ein. Darin waren die mit EU-Kommission vereinbarten Erleichterungen geregelt. Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg traten diesem Antrag bei. Er wurde ebenfalls angenommen. Bayern legte einen Antrag vor, um die Aufzeichnungsfrist für Düngemaßnahmen von zwei Tagen auf zwei Wochen auszuweiten. Der Bund hatte im Vorfeld signalisiert, dass er dies mittragen könne – die Ländermehrheit lehnte jedoch ab.

Widerstand aus der Landwirtschaft

Bis zuletzt gab es aus der Landwirtschaft Widerstand dagegen, die Düngeverordnung in dieser Form und zu diesem Zeitpunkt zu beschließen. „Was im Moment nicht hilft, ist das Durchdrücken einer Verschärfung der Düngeverordnung im Eiltempo“, hatte der Präsident der Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, Anfang der Woche in einer Videobotschaft erklärt. Momentan gelte es, den Fokus auf Versorgungssicherheit zu legen, und dann zu gegebener Zeit die Düngeverordnung nach entsprechender Diskussion auf den Weg zu bringen. 

Die Initiative „Land schafft Verbindung – Deutschland“ hatte sich mit einem Hilferuf an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gewandt. In einem Brief warnten die Verfasser davor, die neuen Vorschriften könnten Bauern dazu zwingen, ihre Höfe aufzugeben oder Betriebszweige einzustellen. Das Magazin „Der Spiegel“ verbreitete daraufhin fälschlicherweise, Bauern würden mit einem Produktionsboykott drohen.

Welche ersten Reaktionen es auf die Entscheidung gab, lesen Sie hier. ste