Schafhaltung in Neuseeland: Schafschur im Minutentakt
Während früher in der Schafhaltung Neuseelands viel Wert auf Wolle gelegt wurde, kommt es heute vor allem auf die Erzeugung von hochwertigem Lammfleisch an.
Von Fritz Fleege
Neuseeland ohne Schafe kann man sich kaum vorstellen. Als die Wollpreise in den 1980er-Jahren noch hoch waren, zählte man über 70 Millionen Schafe. Seitdem die Preise in den Keller rutschten, sind es nun kaum mehr als 28 Millionen Tiere.
Dennoch stehen sie weiterhin hoch im Kurs. Schafe werden heute in Neuseeland nicht mehr wegen ihrer Wolle gehalten, sondern vor allem, um hochwertiges Lammfleisch zu erzeugen.
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Schafhaltung in Neuseeland: Farm in Taranaki
Eine solche Farm ist die von Samuel und Laura Werder nahe Stratford auf der Nordinsel Neuseelands in der Region Taranaki. Die Farm verfügt über 370 ha Grasland, wo neben 1.700 Schafen nun noch Herefordrinder – 120 Mutterkühe und 150 Mastbullen – weiden. Neuerdings werden auch Jerseykälber zugekauft und aufgezogen, um sie später als Zuchttiere verkaufen zu können.
Hauptarbeit auf den Flächen sind die Weidepflege und der Zaunbau. Wenn die Schafe geschoren werden, helfen dabei noch Verwandte des Ehepaares, denn Schafschur wird heute noch als regelrechter Volkssport in Neuseeland betrachtet. Dabei gibt es neben der Disziplin der Schur noch das Woll-Handling sowie das Ballenpressen.
Schafe schären: Wolle in einem Stück
Um die Wolle zu gewinnen, bedarf es einiger Fingerfertigkeit. ln Neuseeland schert man nach einer speziellen Methode. Ziel ist es, die Wolle „in einem“, also zusammenhängend, vom Schaf zu lösen, natürlich ohne das Tier oder sich selbst zu verletzen. Es werden sogar mit dem „Golden Shears Championship“ internationale Wettbewerbe ausgetragen. Ein solcher findet alljährlich im März im Wairarapa-District bei Wellington auf der Nordinsel statt. Dort kann man drei Tage lang echte Schafscherer wetteifern sehen. Den Rekord im Schafescheren hält allerdings ein Australier. Jackie Howe schaffte 321 Schafe in sieben Stunden und 40 Minuten. Wahnsinn!
Auch auf der Werder-Farm müssen die Schafe geschoren werden. Einmal im Jahr, meistens im März, sind die Mutterschafe dran. Im November werden die vier Monate alten Lämmer geschoren, damit sie zum Zeitpunkt des Verkaufs ein kurzes Fell tragen. Die Prozedur läuft dabei ähnlich wie bei den Meisterschaften ab. Die Lämmer, die man von der Weide in den Stall holt, werden dann auf einer Bühne geschoren. Vier Scherer, darunter auch Samuel Werder, sind bei der Arbeit.
Jeder holt sich ein Lamm, klemmt es sich zwischen die Beine und schert es mit der Maschine. Am Kopf beginnend, dann über Hals, Bauch, Beine und Rücken bis zum Schwanz ist das Vlies in gut einer Minute vom Tier. Über eine Rutsche gelangen die Lämmer dann nach draußen und laufen gleich auf die Weide, wo sie herkamen. Allerdings befindet sich die Mutter dann schon auf einer anderen Koppel.
Die Schafwolle wird von drei Personen auf der Bühne eingesammelt und maschinell gepresst in Säcken verstaut. Die 1.495 Lämmer auf der Werder-Farm waren an einem Tag geschoren. Pro Tier lieferten sie etwa 1 kg Wolle. Der Preis dafür (4 NZ$/kg bzw. 2,40 €/ kg) lohnt kaum das Scheren.
Lammfleisch als Haupteinnahmequelle
Die Lämmer werden dann noch einige Wochen auf der Koppel gemästet und mit einem Lebendgewicht von etwa 35 kg (17 bis 18 kg Schlachtgewicht) abgeliefert. Lammfleisch ist heute die Haupteinnahmequelle der Schäfer. Ein Tier bringt etwa 130 bis 140 NZ$, was 80 bis 85 € entspricht. Samuel Werder hat sich für die Zucht von Romneyschafen entschieden. Die ursprünglich aus England stammenden Tiere haben sich in den letzten Jahrzehnten in Neuseeland als wichtigste Rasse etabliert.
Sie zeichnet sich unter den verschiedensten klimatischen Bedingungen und Managementsystemen durch ihre Fähigkeit aus, hochwertiges Fleisch und gute Wolle zu produzieren. Die Klauen sind resistent gegen Moderhinke und das Vlies trotzt auch rauem Wetter. Ziel von Farmer Werder ist es, je Hektar Land etwa 1.000 NZ$, bzw. 600 € an Einkünften zu erzielen. Durch gutes Management hat er es in den letzten Jahren gut geschafft.
Einen noch anderen Weg bei der Schafhaltung hat Familie McMillan eingeschlagen. Einst war Heather McMillan als Farmberater tätig. Im höheren Alter wollte er es mit seiner Frau langsamer angehen und entschied sich für die Haltung von Milchschafen auf seiner kleinen Farm. So haben sie sich in Springston auf der Südinsel Neuseelands auf die Haltung von Milchschafen spezialisiert.
Käsespezialitäten aus Schafsmilch
Derzeit werden 170 Schafe gemolken. Man startete mit Tieren der Laucane-Rasse, die ursprünglich aus Frankreich stammten, wo man aus ihrer Milch den bekannten Roquefort-Käse herstellte. Bei dieser Rasse handelt es sich um ein kräftiges, mittelgroßes, widerstands- und anpassungsfähiges Schaf. Es ist frühreif und frohwüchsig, zeichnet sich durch gute Fruchtbarkeit aus und besticht durch seine gute Milchleistung mit sehr hohen Inhaltsstoffen. Immerhin enthält die Milch über 17 % Fett und Eiweiß. Die Schafe erhalten auf der kleinen Farm ganzjährig Weidegang.
Im April kommen Böcke in die Herde. Nach einer etwa fünfmonatigen Tragezeit lammen sie dann im September/Oktober, also im dortigen Frühling ab. Meistens kommen Zwillingslämmer zur Welt. Je Mutterschaf werden im Durchschnitt 1,8 Lämmer geboren. Sie bleiben sechs Wochen bei den Muttertieren und werden dann abgesetzt. Erst danach werden die Schafe gemolken. Der Milchentzug erfolgt in einem speziellen Side-by-Side-Melkstand mit 16 Plätzen und Schnellaustrieb. Die Schafe geben pro Tag durchschnittlich 1,6 l Milch. Die Milch wird von einer Molkerei abgeholt und dort zu Käse verarbeitet. Künftig will man daraus auch noch Joghurt herstellen.
Schafhaltung in Neuseeland: Fazit
Trotz Bestandsabbau hat die Schafhaltung in Neuseeland mit 28 Millionen Tieren große Bedeutung. Vorrang hat aber nicht mehr die Erzeugung von Wolle, sondern die von Lammfleisch, das in alle Welt exportiert wird. Auf einigen Farmen wird auch Schafsmilch erzeugt und daraus Spezialkäse bereitet.