Zurück in einen neuen Alltag?

(c) Sabine Rübensaat
Meinung
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Corona beeinflusst weiter unser Leben. Doch mit ersten Lockerungen der nächsten Wochen, blicken wir auf die Zeit „danach“. Könnte sie für die Landwirtschaft anders werden?

Es kommentiert Ralf Stephan

So fest im Griff hat uns die Coronakrise, dass die ganz normale Rückkehr in den früheren Alltag fast nicht mehr vorstellbar erscheint. Immer wieder hört man Diskussionen, die Gesellschaft möge nun end­lich in sich gehen und den Neustart nach dem Ende der Krise in dieser oder jener Hinsicht für einen ech­ten Neuanfang nutzen. Realis­mus ist dabei mal mehr, mal we­niger im Spiel.

Zwischen zwei Polen pendeln dabei die Argumente. Die Opti­misten unter den Historikern er­innern daran, dass nach dem ersten verheerenden Zug der „Schwarzen Pest“ durch Europa das düstere Mittelalter sein Ende fand und mit der anschließenden Renaissance die Wissenschaft wie auch die Künste zum Erblü­hen kamen. Andere Historiker verweisen darauf, dass die Menschheit noch nie eine Katas­trophe, schon gar nicht eine Krise zum Anlass nahm, ihr Han­deln tatsächlich dauerhaft und gründlich zu ändern.

Forderungen nach Veränderung

Chefredakteur Ralf Stephan, Bauernzeitung
Ralf Stephan, Chefredakteur der Bauernzeitung

Den Versuch aber ist es wert, die Landwirtschaft wieder zum Blühen zu bringen. Das sagt sich auch der Deutsche Bauernverband. Kurz vor Ostern forderte er, die aktuellen Projekte der EU­-Agrarpolitik zu überdenken. Eine Lehre aus der jetzigen Situation ist für ihn eine starke europäi­sche Landwirtschaft, die knapp 450 Millionen EU­-Bürgerinnen und EU­-Bürger auch unter den Bedin­gungen einer weltweiten Krise zuverlässig mit Nah­rung versorgen kann.

Den „Grünen Deal“, den Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu ihrem Programm machte, sehen viele in der Landwirt­schaft kritisch. Nach diversen Erfahrungen der letz­ten Jahrzehnte gibt es gute Gründe, noch einmal genauer nachzufragen, ob Versorgungssicherheit darin eine ausreichend große Rolle spielt.

Die Kehrseite der schwedischen Medaille

Der Blick nach Schweden zeigt, wie nötig dies ist. Dort war man lange stolz darauf, eine der striktesten Tierschutzgesetzgebungen der EU zu haben. Noch im Januar legte das Zentralamt für Landwirtschaft in einem deutschsprachigen Infoblatt penibel dar, war­ um die schwedische Tierhaltung besser sei. Auf die Kehrseite hoher Auflagen verweist jetzt Schwedens Bauernverband aus aktuellem Anlass: Nahezu die Hälfte ihrer Lebensmittel importieren die Skandina­vier inzwischen. Das kann kein Argument gegen mehr Umwelt­ oder Tierschutz sein. Es zeigt aber klar, dass der schwedische Weg längst nicht so segensreich ist, wie er oft darge­stellt wird.

Borchert-Kommission und Ackerbaustrategie 2035

Pläne für die Zukunft der Land­wirtschaft in Deutschland liegen übrigens auf dem Tisch. Sie könnten längst diskutiert wer­den. Dazu muss man nicht das Ende der Coronakrise abwarten. Das anspruchsvollste Projekt ist zweifellos der Umbau der Nutz­tierhaltung. Den Plan dafür legte die Borchert­-Kommission schon Anfang des Jahres vor. Enthalten ist darin ein Kniff, wie ein Ab­sturz à la Schweden verhindert und die Tierhaltung im Land ge­halten werden kann. Seit das Kompetenznetzwerk seinen Vorschlag der Bundesministerin übergeben hat, passierte – nichts. Auch von der ei­genen „Ackerbaustrategie 2035“ ist seit der medien­wirksamen Präsentation kein Wort mehr aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium zu hören.

Überraschende Studie aus dem Umweltbundesamt

Plötzlich zurück in den Kreis ernstzunehmender Diskussionsteilnehmer meldet sich das Umweltbun­desamt. Seine äußerst bemerkenswerte Studie deckt Schwächen des Ökolandbaus wie des konven­tionellen Ackerbaus gleichermaßen auf. Die Lösungsansätze könnten der Debatte um den wissenschaftlich­technischen Fortschritt einen neu­en Schub versetzen. Zu befürchten ist aber, dass ihr dasselbe Schicksal blüht wie anderen Strategien und Konzepten: Sie landen in der Schublade. Da aber gehören Zukunftsdiskussionen nicht hin.