Lernen im Grünen
Praxisluft schnuppern und Führungskompetenzen vervollkommnen – das sind die beiden wesentlichen Lernziele im Fernstudium zum MBA Agrarmanagement an der Hochschule Anhalt in Bernburg.
Von Dr. Thomas Tanneberger
Feeeeernstudium? Nach Feierabend schwierige Lektionen pauken, knifflige Belegarbeiten schreiben und dann auch noch zu irgendwelchen Seminaren und Prüfungen an die Hochschule fahren? Das hört sich nicht nur nach viel Arbeit an, das macht auch viel Arbeit. Und doch gibt es „Verrückte“, die sich das antun: „Jedes Jahr schreiben sich bei uns gut 20 neue Studentinnen und Studenten in den MBA-Fernstudiengang Agrarmanagement ein“, berichtet Studiengangsleiterin Prof. Dr. Ute Höper von der Hochschule Anhalt. „Ja, die Anforderungen an die Studierenden sind hoch, und man muss immer sehen, dass sie ja in ihrem Berufs- leben auch schon genug Herausforderungen zu bewältigen haben. Aber wir lassen die Studierenden ja nicht allein.“
Unterstützung von der Hochschule
„Bei dem MBA-Studiengang handelt es sich um ein angeleitetes Fernstudium“, so Prof. Höper weiter. „Das bedeutet, dass Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner nicht nur während der Präsenzzeiten in Bernburg zur Verfügung stehen, sondern über Studienanleitungen sowie Fernkommunikation ein reger Austausch gelebt wird. Lösungsorientierte Zusammenarbeit ist ein wesentlicher Aspekt des Studiums.“ Und tatsächlich sehen die allermeisten Studierenden vor allem die Chancen der Sache: Der Studiengang gibt ihnen die Möglichkeit, berufsbegleitend innerhalb von nur fünf Semestern einen vollwertigen Abschluss als Master of Business Administration (MBA) im Fach Agrarmanagement zu erwerben. Das ist für alle nützlich, die beruflich in Leitung und Verwaltung landwirtschaftlicher oder landwirtschaftsnaher Unternehmen oder öffentlicher Einrichtungen tätig sind. An die Anforderungen dieser Zielgruppe ist das Ausbildungsprofil angepasst. „Einerseits stehen Führungs-, Kommunikations- und Sozialkompetenz im Mittelpunkt der Ausbildung. Für diese Inhalte ist in der auf Sach- und Methodenkompetenz gerichteten eigentlichen Hochschulausbildung oft zu wenig Platz“, so Prof. Höper. „Andererseits bringen wir die Studierenden im Rahmen des MBA-Kurses bewusst oft mit Menschen zusammen, die voll in der Praxis stehen: Neben Dozenten der Hochschule unterrichten ausgewählte Praktiker aus den Bereichen Banken- und Rechnungswesen, Beratung, Arbeitsrecht sowie Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.“ Ganz wesentlich sei auch die Zusammenarbeit mit der Andreas-Hermes-Akademie, die vor allem in Sachen Führungstraining und Personalorganisation exzellente Ausbildungsbeiträge zuliefert, ergänzt Prof. Höper.
Umfassendes Lehrprogramm
Im Detail haben die MBA-Anwärter während ihrer Studienzeit 14 Module zu absolvieren, wobei diese in drei Säulen eingeteilt werden können: Die erste Säule umfasst die landwirtschaftlichen Kompetenzen unter Beachtung der aktuellen praxisrelevanten Erkenntnisse. Diese Inhalte finden sich unter anderem in den Modulen „Innovation der Tierproduktion“, „Innovation der Pflanzenproduktion“ und „Agrarrecht“.
Die zweite Säule fokussiert die General-Management Kompetenzen und dient der Auseinandersetzung mit typischen Managementfragen aus dem beruflichen Umfeld. Hierunter fallen Module wie „Projektmanagement“, „Finanzierung“ und „Marketing“.
In der dritten Säule befassen sich die Studierenden mit Fragen wie „Selbstorganisation und Persönlichkeit“, „Kommunikation und Verhandlung“ sowie „Mitarbeiterführung“. Ergänzt wird das Studium durch die Wahlpflichtmodule „Public Relations“ und „Qualitätssicherung und -management“. Mit der Abgabe und Verteidigung der Masterarbeit wird das Studium abgeschlossen. Für neue Impulse im Berufsalltag sorgen teambasierte Untersuchungen praktischer Fragestellungen aus Unternehmen der Teilnehmer. Zusätzlich werden für die Teilnehmer nationale und internationale Fachexkursionen angeboten.
Abwechslung mit System
Allen Modulen gemeinsam ist, dass sich Präsenz- und Selbststudium abwechseln. „Das ist als Lernstrategie sinnvoll und macht auch einfach mehr Spaß als die ausschließliche Fernausbildung, die an anderen Hochschulen üblich ist“, sagt Studiengangskoordinatorin Petra Kühne dazu. „Zudem fördert dieser Wechsel auch den fachlichen Austausch. Einerseits hilft das direkt und schnell bei aktuellen Fragestellungen im Studium, andererseits entstehen dadurch Netzwerke, die überaus nützlich sind und mitunter ein ganzes Berufsleben halten.“ Kühne weiß, wovon sie da spricht, laufen doch die Anliegen der „Studis“ seit Jahren bei ihr zusammen.
Die bis zu 200 Stunden pro Semester umfassenden Präsenzphasen an den Wochenenden dienen der Wissensvermittlung, Projektarbeiten, Fachdiskussionen und der Besprechung komplexer Zusammenhänge. Dazwischen absolvieren die Studierenden Phasen der selbstständigen Aneignung von Fachwissen nach Studienanleitungen und Literaturhinweisen der Lehrkräfte. Die Kommunikation zwischen den Studierenden und den Dozenten erfolgt dabei durch verschiedene Medien. Zentrales Instrument dafür ist die E-Learning-Plattform Moodle, aber auch Telefon, E-Mail und persönliche Besuche ergänzen den Bernburger Medienmix. Dass diese Art von Bildung über das normale Maß einer staatlichen Hochschule hinausgeht, hat bisher jedem eingeleuchtet. „Ja, wir nehmen eine Studiengebühr für diese Mehrarbeit“, berichtet Petra Kühne. 1.200 € fallen pro Studienplatz und Semester an. Da die meisten MBA-Anwärterinnen und -anwärter schon eigenes Einkommen haben, fällt das allerdings nicht so stark ins Gewicht. Zudem, so Kühne, gibt es auch viele Arbeitgeber, die junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Eigeninteresse „auf Schule“ schicken und daher die Studiengebühren übernehmen. „Eine lohnende Investition nicht nur für Handelsfirmen und Behörden“, sagt Kühne bestimmt, „sondern in erster Linie für größere Agrarunternehmen. Ob Familienbetrieb, Genossenschaft oder Gesellschaft, überall werden junge Leute mit Führungsstärke und anwendbarem Verwaltungswissen gesucht.“
Blick über den Tellerrand
Geht das Fernstudium dann dem Ende entgegen, nehmen die praktischen Aktivitäten zu. „Mit der Teilnahme an Exkursionen in die heimische Agrarwirtschaft, dem Moderieren oder Referieren der Studenten auf wissenschaftlichen Tagungen oder auch der Ausrichtung des jährlichen Eiweißpflanzen-Workshops stellen unsere Studenten unter Beweis, dass sie sich immer wieder neuen Herausforderungen stellen und gut gefestigt in die Zukunft blicken können“, so Prof. Dr. Heiko Scholz, ebenfalls seit Jahren im MBA-Studiengang engagiert. Ein echter Geheimtipp sind die Fachexkursionen ins Ausland, die Prof. Scholz jährlich organisiert. Sie dienen dazu, internationale Strukturen und alternative Wertschöpfungsketten in der Landwirtschaft und dem Agribusiness hautnah zu erleben. Argentinien und Südafrika waren schon Ziele, auch China, Kanada und Kasachstan. Über eine Fahrt nach Chile berichtete die Bauernzeitung in Ausgabe 5/2019, über die jüngste Exkursion nach Neuseeland in Ausgabe