Der Landwirt mauert
Immer größer wird die Bedeutung von Nebentätigkeiten, um weiter über die Runden zu kommen. Oft gibt es aber Streit um die Sozialversicherungsbeiträge.
Von JPD-Gritschneder
In Krisenzeiten kann eine Nebentätigkeit fehlendes Einkommen zumindest teilweise ersetzen. Allerdings sind immer wieder Fallstricke zu beachten. So war es auch im folgenden Fall: Der gelernte Maurermeister führt einen landwirtschaftlichen Betrieb, hat aber seit 1996 auch ein Gewerbe als Maurer angemeldet. Nach mündlicher Absprache erfüllte er viele Jahre lang für einen Bauunternehmer Handwerksaufträge: nicht kontinuierlich, aber immer wieder. Bei einer Betriebsprüfung im Bauunternehmen fiel das dem Prüfer auf.
Die Deutsche Rentenversicherung sah die Tätigkeit des Landwirts und Maurers als abhängige Beschäftigung an und forderte nachträglich Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 30.000 Euro. Das Sozialgericht gab ihr Recht, doch das Landessozialgericht (LSG) Stuttgart hob das Urteil der Vorinstanz auf (Az. L 7 BA 3027/18).
Abhängig oder nicht?
Die Deutsche Rentenversicherung habe den Fall ziemlich voreingenommen auf das Ergebnis „sozialversicherungspflichtige Beschäftigung“ hin geprüft, beanstandete das LSG. Zwar würden solche Tätigkeiten auf dem Bau meistens von abhängig Beschäftigten ausgeführt. Das allein reiche aber nicht aus, um die langjährige Zusammenarbeit zwischen dem Maurer und dem Bauunternehmen als abhängige Beschäftigung einzustufen. Vieles spreche hier für eine selbstständige Tätigkeit.
Arbeitnehmer seien in einen fremden Betrieb eingegliedert und an die Weisungen des Arbeitgebers gebunden, was die Zeit, die Dauer, den Ort und die Art der Ausführung ihrer Arbeiten angehe. Arbeitnehmer seien verpflichtet, ihre vertraglich vereinbarten Arbeitsleistungen zu erbringen. Der Maurermeister habe jedoch einzelne Aufträge ablehnen können und das auch vielfach getan, wenn ihn sein landwirtschaftlicher Betrieb beanspruchte. Das sei mit abhängiger Beschäftigung unvereinbar.
Freie Entscheidung
Wenn im Rahmen einer lang andauernden, aber unregelmäßigen Zusammenarbeit ein Ablehnungsrecht des Auftragnehmers bestehe, sei jeder einzelne Auftrag extra zu prüfen. Nach Ansicht des LSG überwogen aber insgesamt die Anhaltspunkte dafür, dass der Maurer selbstständig arbeitete: Er habe immer klar umrissene Spezialaufträge ausgeführt. Abgesehen von Sachzwängen, die durch den Stand des jeweiligen Bauvorhabens entstanden, habe der Auftragnehmer weitgehend frei bestimmt, wann und wie er seine Aufträge erfüllte.