Herdenmanagerin Iris Merx (l.) und Azubi Friederike Schulz auf der Besucherkanzel über dem Melkkarussel.

Vollautomatische Milcherzeugung

Die Wipperdorfer Landwirte investierten in neue Technologien, aber auch in ihre Zuchtstrategie. Neue Ställe, vollautomatisches Melken, gesextes Sperma und Embryotransfer gehören zum Programm.

Von Bettina Karl (Fotos: Sabine Rübensaat)

Zuerst wollten wir etwas mehr für das Wohlbefinden unserer Kühe tun“, argumentiert Uwe Merx. Darum baute die Wipperdorfer Agrargesellschaft 2016 einen neuen Stall nach modernen Erkenntnissen – mit Gummimatten, Tiefliegeboxen und Stroh-Kalk-Gemisch als Einstreu.

Mit seinen schmucken Holzelementen ist das Gebäude auch etwas fürs Auge. 669 Holstein-Friesian haben darin Platz. Die Tiere sind durch die Einstreu so sauber, dass es richtig auffällt. „Für den vollautomatischen Melkprozess ist das nicht unerheblich“, erklärt der Geschäftsführer des Thüringer Agrarbetriebes und meint, dass somit nicht so viel Dreck an die Kameras und Sensoren spritzt.

Außerdem seien reine Kühe gut für die Öffentlichkeitsarbeit. In den Zeiten vor der Coronapandemie besuchten bis zu 1.000 Menschen am jährlichen Tag der offenen Tür das Unternehmen im Landkreis Nordhausen. Besonders im letzten Jahr, als das Melkkarussel schon lief, staunten nicht wenige Gäste über den mit so viel moderner Technik ausgestatteten Betrieb. Ein weiterer Effekt, der mit der neuen Stallausrüstung einhergehe, seien die relativ wenigen Klauen- und Gliedmaßenerkran- kungen.

Von der ersten Woche an mit Melkrobotern

Uwe Merx ist seit über 30 Jahren Geschäftsführer in dem Thüringer Agrarbetrieb und gleichzeitig Bürgermeister von Kehmstedt, einem Nachbardorf. Sein Steckenpferd ist die Zucht – von Rindern und privat von Italienern, einer Geflügelrassse.

„Das Besondere hier in Wipperdorf ist, dass auch die frisch abgekalbten und die behandelten Kühe mit Sperrmilch in einer separaten vollautomatischen Melkbox, einem VMS V300, gemolken werden. Dieser Roboter steht im Stall“, erklärt Martin Wiedemann, Solution Manager bei der Firma DeLaval. „Warum soll ich die Kühe in der ersten Woche, in der sie am sensibelsten sind, mit einer alten Melktechnik melken?“, fragt Uwe Merx retorisch. Gerade diese Tiere brauchten vom ersten Tag an die beste Melktechnik. Besser gesagt, vom zweiten: Nach der Geburt bleibt das Kalb die ersten 24 Lebensstunden bei seiner Mutter – eine weitere Besonderheit in diesem Unternehmen.

Tiere sind hier nicht nur Nummern

Der rote Knopf dient im Notfall dem sofortigen Stopp des Karussells. Auf dem Display kann der Melkprozess kontrolliert werden.

„In die Melkroboterbox können die Kühe so oft hineingehen wie sie wollen. Sind sie noch nicht wieder dran, werden sie ohnehin vom Roboter hinausgeschickt“, erklärt Friederike Schulz, Auszubildende zur Landwirtin im dritten Lehrjahr. Als Lockfutter bekommt jede Kuh 500 g Kraftfutter am Tag.

„Andersherum gibt es eine Alarmmeldung auf den Computer oder das Handy, sollte eine Kuh zwölf Stunden nicht zum Melken erschienen sein“, ergänzt die Abiturientin. Aber im Allgemeinen funktioniert der Ablauf problemlos. Positiv findet sie, dass in diesem Agrarbetrieb die Kühe nicht nur Nummern seien. Hier werde auf jedes einzelne Tier geachtet.


Die ganze Reportage lesen Sie im ePaper der Bauernzeitung 18/2020 (€)