Zeit für eine Auszeit: Kneipp-Kurort Buckow
Zur Ruhe kommen, abschalten, Kraft schöpfen – Buckow, die Kleinstadt in der Märkischen Schweiz, ist der einzig anerkannte Kneipp-Kurort in Brandenburg. Lassen Sie uns dort auf den Kneippschen Spuren wandeln.
Von Heidrun Lange
Seit der Leibarzt Friedrich Wilhelm IV. 1854 bei einem Besuch begeistert ausrief: „Majestät, in Buckow geht die Lunge auf Samt!“, wurde der kleine Ort, der nur 50 Kilometer von Berlin entfernt liegt, berühmt. Seither pilgern Erholungssuchende aufs Land und suchen die Sommerfrische, freuen sich über hübsche Fachwerkhäuser, Kopfsteinpflaster, reichlich Bäume und See – und über die Möglichkeit, auf Kneippschen Spuren zu wandeln. Denn die Ideen des Allgäuer Naturdoktors hat sich die Stadt zu eigen gemacht und ist seit November 1995 der einzig anerkannte Kneipp-Kurort in Brandenburg.
Eine gemütlichere Anfahrt sollte es schon sein. Uns so brachte die Buckower Kleinbahn Gäste ab Müncheberg zum Ziel. Und heute? Die Großstädter kommen noch immer, vor allem wegen der Gesundheit. Die Bahn ist jetzt elektrisch und fährt am Wochenende und an Feiertagen. Es gibt sogar einen Schaffner, der Fahrkarten verkauft und die Kelle hebt. An jedem Bahnübergang ertönt ein kräftiges Pfeifen. Die ersten Hügel der Märkischen Schweiz ziehen vorbei. Ein Bauer mit seinem Traktor müht sich neben den Schienen und ist bald außer Sichtweite. Zwölf Minuten braucht die elektrische Museumsbahn für die fünf Kilometer von Müncheberg zum Kneipp-Kurort Buckow.
In der Ankunftshalle gibt es ein Eisenbahnmuseum mit vielen Erinnerungsstücken, die ein Verein von Eisenbahnenthusiasten zusammengetragen hat. Es sind nur ein paar Schritte und man steht mitten auf dem Marktplatz vor dem sprudelnden Brunnen. Etwas weiter weg plätschert ein Bach mit Mühlrad. Durch Lücken schimmert der Schermützelsee. Grüne Weiden lassen ihre Äste ins Wasser baumeln, in dem ein Schwan einsam seine Runden dreht. Das ist das Reich der Langsamkeit und der frischen Luft, das Fußgänger, Radler und Paddler ganz für sich allein haben. Eine Ruhe, so hatte es sich Sebastian Kneipp ebenfalls vorgestellt.
Wassertherapie in Buckow
Am Eingang zum Schlosspark ist die Touristeninformation. Im angrenzenden Kräutergarten blühen viele bekannte und auch seltene Heilpflanzen. Es gibt eine Kneipp-Wassertretstelle und ein Kneipp-Armtauchbecken. Am Rand des Gartens sind auf Granitsteinen die fünf von Kneipp entwickelten Elemente der ganzheitlichen Therapie eingemeißelt: Innere Balance, Heilkräuter, Bewegung, Ernährung, Wasser. Nach Kneipp sollen durch diese Therapie die Menschen gesunden und ihre innere Ruhe finden. Im Ort ist alles beschildert und erklärt. Es gibt eine „Kalorienpromenade“, ein „Kurterrainwegenetz“ und im knapp fünf Hektar großen Schlosspark stehen Tafeln mit Empfehlungen des Allgäuer Bäderarztes und Pfarrers Sebastian Kneipp.
Er beschreibt, dass die Wassertherapie der Stärkung des Immunsystems dient: „Lassen Sie einen kalten Wasserstrahl gleichmäßig über das Gesicht laufen, beginnend von rechts über die Stirn nach links. Und das öfter wiederholen. Bei regelmäßiger Anwendung aktiviert das mit 16 bis 17 Grad Celsius sehr kühle Nass den Stoffwechsel, stabilisiert den Kreislauf und regt das Immunsystem an.“ Neben den Gesichtsgüssen kann man die klassischen Kneipp-Anwendungen auch selbst durchführen. Zum Beispiel in einer Wassertretanlage. Die kalten Reize in Beinen oder an den Unterarmen fördern die Abwehrkräfte. Drei bis maximal fünf Minuten pro Anwendung genügen. Dann sofort aufwärmen, um den Organismus nicht zu schwächen.
Die Wassertretstellen sind leicht zu finden und im flachen Fluss Stobber aufgestellt. Im Storchenschritt geht es um eine Haltestange herum. Es ist keine Kraft zum Treten erforderlich. Doch die kalten Güsse bringen den Körper in Schwung und machen warm. Sofort stellt sich dabei ein erfrischend wohliges Gefühl ein. Der Kneipp- und Heimatverein empfiehlt, das Leben zu genießen, sich gesund zu ernähren, sich ausreichend zu bewegen und die in der Natur vorkommenden Heilpflanzen zu nutzen. Seit 2002 gibt es eine Kneipp-Kita. Die Kinder des Kindergartens im Kurort Buckow treten täglich im Becken, damit sie zur Mittagsschlafenszeit erschöpft in ihre Betten fallen. Als Nachtisch gibt es statt Pudding mehr frisches Gemüse mit einem leckeren Dip.
Physiotherapeuten und Heilpraktiker arbeiten nach Kneipps Methoden. Es werden Kneippsche Güsse und Massagen mit besonderen Aromaölen verabreicht. Auf entspannte, angenehme Weise kann man hier viel über eine gesunde und gesund erhaltende Lebensweise lernen, was man problemlos auch in den Alltag integrieren kann, damit ein dauerhaft positiver Effekt erzielt wird.
Die Kneipp-Schule steht im Grünen und bietet gute Voraussetzungen für Ruhe und Konzentration, Bewegung und Spiel. In der Nähe des Buckowsees befindet sich der familiengeführte Bäckerladen Behrendt. Über 200 Brote sowie Brötchen, Kuchen und Torten gehen täglich über den Ladentisch in Buckow und dem Behrendtschen Backshop in Müncheberg. Begehrt sind die Brote mit Thymian, Rosmarin, aus Buchweizen, Linsen und Bier. Kein Wunder, denn alles wird per Hand gemacht. Dafür legen die Angestellten nachts um ein Uhr los. Es ist eben uralte Tradition, sagt René Behrendt, der das Geschäft in dritter Generation führt und schon von Kindesbeinen an mit in der Backstube steht. Die Produkte schätzen auch die beiden örtlichen Kliniken, die ebenfalls mit Backwaren beliefert werden.
Himmlisch schlafen im Kurort Buckow
Inmitten des Naturparkes Märkische Schweiz soll man himmlisch schlafen. Die Gastgeber empfehlen Kneipp-Güsse. Sie sollen gegen Schlafstörungen helfen. Die Güsse mit kaltem Wasser verringern die Körpertemperatur und das hilft beim Einschlafen. Und einen schönen Ausblick auf die Stadt und ihre Umgebung gibt es gratis dazu. Restaurants setzen auf frische, saisonale und regionale Produkte. Die Speisepläne halten sich an Kneipps Devise: Der Weg zur Gesundheit führt durch die Küche. Natürliches und Bekömmliches wie Kräuter, Fisch, heimisches Obst und Gemüse.
Dass Buckow und Umgebung gesund sind, wussten bereits viele Prominente. Bertolt Brecht, der dieser Idylle nicht widerstehen konnte, kaufte sich 1952 mit Helene Weigel ein Haus am See. Wie eh und je blickt das heutige Museum mit seinen hohen Fenstern direkt auf den Schermützelsee, und im Garten stehen noch immer die Silberpappeln, die Brecht in den Buckower Elegien verewigt hat. Im Sommer kommen die Gäste zu den Literaturveranstaltungen oder besuchen das Sommerhaus des Fotomontagekünstlers John Heartfield in Waldsieversdorf, das ein Museum ist. Und außerhalb der Stadt geht es auf zahlreichen Wanderwegen in die Natur, wo man ganz sicher Arnika und Scharfgarbe, die Lieblingspflanzen des Allgäuer Naturdoktors, findet.