Versuchsstation Berge: Überflieger und Brückenbauer

Die IASP-Versuchsstation in Berge. (c) Wolfgang Herklotz
Landtechnik
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Auf einem Acker in Brandenburg nehmen Drohnen mit Multispektral-Kameras Hirsepflanzen ins Visier und übermitteln ihre Daten an intelligente Traktorsysteme. Eine Feldbegehung mit spannenden Einblicken in die Arbeit der IASP-Versuchsstation Berge.

Von Wolfgang Herklotz

Die Drohne fliegt in nur wenigen Metern Höhe über dem Versuchsfeld. Mit einer hochauflösenden Multispektral-Kamera und mehreren Sensoren ausgestattet, nimmt sie die Sorghum-Hirsepflanzen unter ihr ins Visier. Wie steht es um deren Vitalität und Wachstum? Wie haben sie den Dünger vom Boden aufgenommen, auf dem verschiedene Gärreste ausgebracht wurden?

Was früher manuell und damit sehr zeitaufwendig untersucht wurde, geschieht nun binnen weniger Minuten dank des „Überfliegers“. Und auf den Zentimeter genau, denn die vom Start-up-Unternehmen Pix4D bereitgestellte Drohne arbeitet auf GPS-Basis und kann die Signale dieses Systems noch präzisieren.

Binnen weniger Minuten vermittelt die Drohne ein präzises Bild vom Zustand der Hirsepflanzen. (c) Wolfgang Herklotz

Die Ergebnisse fließen in eine spezielle Software, die gemeinsam mit dem Team der zum Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte an der Humboldt-Universität zu Berlin (IASP) gehörenden Versuchsstation Berge entwickelt wird. Es ist eine große Herausforderung, die immensen Datenmengen auszuwerten, um sie dann in intelligenten Traktorsystemen zur Anwendung zu bringen.

Noch gehört deren Einsatz nicht zur gängigen Praxis in der Landwirtschaft. Doch schon jetzt liefern die Untersuchungen in Berge wichtige Erkenntnisse für die teilflächenspezifische Versorgung der Pflanzen und den ebenso sparsamen wie effektiven Einsatz von Dünger und für vieles mehr.

Die Versuchsstation in Berge

Stationsleiter Andreas Muskolus. (c) Wolfgang Herklotz

Seit zehn Jahren betreibt das in Berlin ansässige und zur Humboldt-Universität gehörende Institut die Versuchsstation. Diese wurde vor fast sieben Jahrzehnten als Beregnungsversuchsstation gegründet. Da für die Gegend rund um das havelländische Berge eher niedrige Jahresniederschläge von rund 500 mm zu Buche stehen, eignet sich die Region sehr gut für Feldversuche mit Bewässerungsanlagen. In der Station stehen aktuell rund 15 Hektar mit mineralischen Böden zur Verfügung, die ein Spektrum von 20 bis 65 Punkten aufweisen. Sämtliche Felder, auf denen Getreide, Raps und Mais, aber auch Feldfutter, Kartoffeln und Zuckerrüben zu Versuchszwecken angebaut werden, können über Schlagregner, Düsenwagen oder Tropfschläuche bewässert werden. Die Technik zur Aussaat, Pflege und Ernte ist mit GPS-gesteuerten Lenksystemen ausgestattet. Diese ermöglichen ein exaktes Fahren und präzises Arbeiten. Eine selbstfahrende Pflanzenschutzspritze gehört ebenfalls zum Inventar. „Damit können wir selbst in hohen Beständen Dünger und Pflanzenschutzmittel gezielt auf Teilflächen ausbringen“, erläuterte Dr. Andreas Muskolus, Leiter der Versuchsstation.

Der Wissenschaftler gab bei einer Feldbegehung interessante Einblicke in die Arbeit und Erkenntnisse seines Teams, das mit Landwirtschaftsbetrieben in der Region eng kooperiert. So zeigte die Auswertung der Versuche, dass auf den lehmigen Sandböden der Station hohe Stickstoffgaben für Weizen nicht zu den erhofften Mehrerträgen führten. Im Vergleich zu den eher normal gedüngten Beständen fielen diese sogar geringer aus. „Wie die Zwischenergebnisse unseres mehrjährigen Projekts zeigen, gehen die üblichen Stickstoffgaben im Weizen von rund 180 kg pro Hektar in einem trockenen Frühjahr sogar am tatsächlichen Bedarf der Pflanzen vorbei!“.

Mit innovativen Ideen Gegen den Klimawandel

Der Innovative Mähdrescher der Versuchsstation in Berge. (c) Wolfgang Herklotz

Die Veranstaltung in Berge war von der Zuse-Gemeinschaft organisiert worden. Diese vereint zahlreiche Forschungseinrichtungen wie das Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte, die nicht auf umfangreiche staatliche Hilfen zurückgreifen können, sondern ihre Erlöse am Markt generieren. Voraussetzung für erfolgreiches Wirtschaften ist ein enges Miteinander zwischen Forschung, Industrie und Praxis. Denn Klimawandel und schonender Umgang mit Ressourcen erfordern innovative Lösungen mehr denn je. „Wir verstehen uns als Brückenbauer“, hatte IASP-Geschäftsführer Dr. Stefan Köhler eingangs betont. Nach der Feldbegehung mitsamt Drohnenpräsentation wurden weitere Innovationen vorgestellt. Zu ihnen gehört eine am Standort Berge betriebene Pilotanlage zur Verwertung von Gärresten. Mittels einer Vakuumentgasung wird Ammoniumstickstoff entzogen und anschließend in Dünger umgewandelt.

Als vorteilhaft erweist sich, dass ein kompostähnlicher Rückstand und ein Ammonium-Mineraldünger entstehen, die anschließend separat und bedarfsgerecht auf den Feldern ausgebracht werden können. Die Anlage betreibt das Institut gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum Wasser Berlin und dem Unternehmen Pondus Verfahrenstechnik GmbH.

Ein weiteres Beispiel für anwendungsorientierte Bioökonomie Forschung ist das Flüssigdüngerkonzentrat Pflanzovit. Das Besondere daran: Es entsteht aus nicht mehr gebrauchsfähigem ABC-Feuerlöschpulver, das bislang als unverwertbar galt und entsorgt wurde. Dabei enthält es so wichtige Pflanzennährstoffe wie Phosphor, dessen Vorkommen endlich sind, bei steigendem Verbrauch in den letzten Jahrzehnten. Das vom IASP gemeinsam mit der B & B Feuerlöscher-Verwertungs- und Entsorgungs-GmbH entwickelte Produkt trägt somit dazu bei, den Phosphor-Verbrauch zu reduzieren und die Umwelt zu schonen.