Dauergrünland: Gesellschaft wünscht, Politik behindert

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Ist der Acker länger als fünf Jahre begrünt, fällt er laut EU-Festlegung in die Kategorie „Dauergrünland“. Für Landwirte ein Ärgernis – wieder einmal stehen Bürokratie und Automatismus der praktizierenden Landwirtschaft im Weg.

Es kommentiert Ralf Stephan

Wer seinen Acker mit Gras begrünt, muss bekanntlich stets den Kalender im Hinterkopf haben. Denn alle fünf Jahre gilt es, den Pflug anzuspannen und alles schwarz zu machen. Und das, obwohl sich bis dahin unter der Narbe in der Regel ein munteres Bodenleben entwickelt hat, vom „normalen“ Acker verdrängte Arten den grünlandähnlichen Standort in Beschlag nahmen und das Niederwild daran Gefallen fand. Hintergrund für den Irrsinn ist eine EU-Festlegung. Nach ihr wird ein begrünter Acker nach fünf Jahren automatisch zu Dauergrünland erklärt. Um das zu verhindern, muss der Bewirtschafter die grüne Decke zerstören – und kann danach wieder Gras ansäen.

Chefredakteur der  Bauernzeitung Ralf Stephan.

Fehlendes Vertrauen

Bauern bringt das seit Längerem auf die Palme. Zum einen, weil die Regelung unsinnig ist. Sie läuft nicht nur dem Erosions-, Boden- und Artenschutz zuwider, sondern sie erschwert es Landwirten auch, in Wasserschutzgebieten ihre freiwilligen Vereinbarungen mit Wasserbetrieben einzuhalten, Stichwort: stickstoffreduziertes Wirtschaften. Vor allem Betriebe mit wenig Fläche schränkt sie darin ein, dauerhaft Weideaustrieb anbieten zu können. Zum anderen aber regt sie schlichtweg auf, weil Politik hier wie ein Nepper handelt: Wer einmal den Termin verpasst, sitzt in der Falle und wird fortan dafür bestraft, jahrelang weniger intensiv gewirtschaftet zu haben. Vertrauen baut sich so nicht auf.

Es wäre höchste Zeit, diesen Automatismus zu beerdigen. Dabei ist das eigentliche Ziel der EU-Kommission aller Ehren wert: Sie möchte das positiv auf Umwelt, Artenvielfalt und das Klima wirkende Dauergrünland unbedingt schützen. Nicht zu leugnen ist, dass es für den einzelnen Betrieb tatsächlich Anreize geben kann, Dauergrünland in Ackerland umzuwandeln: weil die Kühe abgeschafft wurden, weil Mais für den Biogaserzeuger nebenan mehr abwirft, weil sich Acker teurer verkaufen lässt als Wiese. Es mag auch in unserem großen, schönen Land Regionen geben, wo Dauergrünland stark vom Umbruch bedroht war. Bundesweit aber lässt sich anhand neuer Zahlen der Regierung feststellen: Es ist wieder mehr geworden. Seit 2010 kamen 100.000 ha hinzu, während die landwirtschaftlich genutzte Fläche insgesamt abnimmt. Ein weiterer Grund, den einer Beschlagnahme nahekommenden Umgang mit dem „potenziellen Dauergrünland“, wie es Statistiker nennen, endlich aufzugeben.

Gebrochene Versprechen und neue Pläne

Um so unverständlicher ist es, dass die Bundesregierung nun erklärt, in dieser Frage nicht in Brüssel aktiv werden zu wollen. Auch hat sie nicht vor, betroffene Weidetierhalter zu unterstützen. Nach aktuellem Stand ist für die künftige Gemeinsame Agrarpolitik nämlich keineswegs geplant, an der Regelung etwas zu ändern. Das hatte sich in der Vergangenheit auch schon ganz anders angehört. Dass man in Brüssel verstehe, wie problematisch die Fünf-Jahre-Regel zur – es heißt tatsächlich so – „Dauergrünlandentstehung“ sei, war offenbar vor allem eine Beruhigungspille, die Umweltpolitiker immer wieder gern an verärgerte Bauern verteilten.


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Stattdessen verspricht die Bundesregierung, das neue Instrument der Konditionierung – eine Art Greening-Nachfolger – so zu nutzen, dass ein praktikabler Weg gefunden wird. Der Zwang, begrünte Äcker oder Brachen umzupflügen, soll verschwinden, Acker trotzdem Acker bleiben. Das klingt nach der Quadratur des Kreises. Denn das EU-Recht besagt weiterhin das Gegenteil. Wenn es gelänge, wäre aber auch gegen diesen Umweg nichts einzuwenden. Wenn nicht, würde nicht nur den Landwirten, die sich die Bewirtschaftung solcher Flächen bisher leisten, ein Bärendienst erwiesen. Denn was sie damit erbringen, ist nicht weniger als eine der vielzitierten gesellschaftlich gewünschten Leistungen.


Ausgabe 32 der Bauernzeitung.

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