Landwirtschaft im Nebenerwerb: Grüne Inseln schaffen

Seine kleine Schafherde stellt Volkmar Schwarz gerade von Fleischschafen auf Rhönschafe um. (c) Silvia Kölbel
Nebenerwerb
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Volkmar Schwarz betreibt kleinformatige Landwirtschaft im Nebenerwerb. Der Praktiker aus dem Vogtland sieht sich und alle Kleinerzeuger sowie Hobbygärtner in der Verantwortung, wenn es um Naturschutz vor der Haustür geht.

Von Silvia Kölbel (Text und Fotos)

Mit dem Älterwerden, sagt Volkmar Schwarz aus dem vogtländischen Pfaffengrün (Sachsen), habe er sein Interesse an der Landwirtschaft entdeckt. „Ich habe über vieles nachgedacht, über gesunde Lebensmittel, über meinen Beitrag zum Schutz der Natur, über die Erlebnisse meiner Jugend- und Kinderzeit, als mein Vater noch den Hof bewirtschaftete, und so habe ich 2010, nach dem Tod meines Vaters, begonnen, einen Teil unserer Flächen wieder landwirtschaftlich zu nutzen.“ Vor allem die Selbstversorgung und die Bewirtschaftung im Einklang mit der Natur sind Volkmar Schwarz dabei wichtig. Er sagt: „Wir kleinen Landbewirtschafter sind in erster Linie diejenigen, die etwas für die Natur tun können, weil wir von den Einnahmen nicht unseren Lebensunterhalt bestreiten müssen. Von den Haupterwerbsbetrieben kann ich das nicht verlangen. Sie stehen unter wirtschaftlichem Druck. Ich bin als Metallbauer selbst Unternehmer und kann das nachvollziehen.“

Die Kartoffeln der Sorte Laura liefern dieses Jahr auch ohne Pflanzenschutz eine gute Ernte.

Streuobstwiese und Hecken angelegt

Kleinerzeuger könnten grüne Inseln schaffen, indem sie auf Pflanzenschutzmittel verzichten. Auf derartig bewirtschafteten Flächen fühlten sich auch Wildtiere und Wildpflanzen wohl. Trotzdem wüchsen noch ausreichend Nahrungsmittel für die Familie.

Dieser Philosophie folgend, hat der Vogtländer unter anderem eine Streuobstwiese und eine Hecke angelegt. Er hat eine kleine Allee gepflanzt und der Kommune hochstämmige Obstbäume gesponsert zum Bepflanzen einer extensiv bewirtschafteten Blühfläche. Schwarz baut Obst und Gemüse an, gewinnt auf seinem Grünland Heu für die eigenen Schafe und hält außerdem noch Geflügel und Kaninchen. Sein Konzept zeigt bereits Erfolge. 35 Vogelarten hat Schwarz auf seinen Flächen gezählt. Libellen, die in den nahe gelegenen Teichen und Tümpeln Nahrung finden, gehören zu den ständigen Gästen im Garten. Insekten umschwirren die auch noch im Spätsommer blühenden Flächen.

Bei der Auswahl der Obstbäume setzt Volkmar Schwarz auf alte Obstsorten. Er zählt auf: „Sternrenette, Winterhimbeerapfel, Schöner von Herrnhut. Außerdem habe ich eine Frühzwetschge gepflanzt, eine Reneklode und zuletzt noch eine Birnenquitte.“ Selbst eine Weinrebe rankt im Perückenstrauch völlig ohne Schnittmaßnahmen nach oben und setzt trotzdem regelmäßig wohlschmeckende Früchte an.

In der Hecke wachsen Sanddorn, Wildrosen, Holunder, Kornelkirsche, Felsenbirne, Wildapfel und etliche andere Straucharten. Leider blieb dieses Jahr sowohl bei den Obstbäumen als auch bei den Beerensträuchern die Ernte aus. Starke Spätfröste im Mai ließen die Blüten erfrieren. Lediglich die Kulturheidelbeeren und die Brombeeren tragen Früchte. Alles andere Obst, das Ehefrau Yvonne sonst zu Dutzenden Gläsern Marmelade verarbeitet oder einfrostet, wie Stachelbeeren und Johannisbeeren, fehlen in diesem Jahr. Während das Obst mit dem Witterungsverlauf überhaupt nicht zurechtkam, lagen die Kartoffeln zu diesem Zeitpunkt noch geschützt in der Erde.

Den Hackfrüchten bekam der sich anschließende kühle und auch einigermaßen feuchte Juni sehr gut. Riesige Kartoffeln der Sorten Roter Erstling, Laura und Agria sind gewachsen. Erfreulicherweise blieben dieses Jahr auch die Kartoffelkäfer aus. In den beiden zurückliegenden Jahren fiel die Ernte der Knollen eher bescheiden aus, weil es zum einen zu trocken war und zum anderen die Käfer die Pflanzen bis auf die Blattrippen skelettierten. Die Kartoffeln muss Schwarz möglichst schnell aus der Erde holen, denn die Feldmäuse sind im Anmarsch. Ein Problem, vor dem dieses Jahr viele Landwirte im Großen wie im Kleinen nicht verschont bleiben.

„Ich schätze die Erntemenge der Kartoffeln auf ein Zehntel bis ein Zwölftel“, sagt Schwarz. Da er komplett auf Pflanzenschutzmittel verzichtet, breiten sich gern auch die weniger erwünschten Disteln und andere Wildkräuter auf den Gemüsebeeten aus. Dann sind Hacke und Handarbeit gefragt. Ihre Pflanzen und Samen kaufen Schwarz und seine Frau bei biologischen Anbietern. Die voriges Jahr gepflanzte kleine Allee aus Ebereschen, die im Vogtland Vogelbeerbäume heißen, tragen dieses Jahr schon erste Früchte. Deren Ernte überlässt der Landwirt den Vögeln. „Eigentlich wollte ich Linden pflanzen. Es gab aber keine. Weil ich die Pflanzlöcher aber schon ausgehoben hatte, fiel die Wahl auf die Vogelbeerbäume“, sagt er.

Als Ausgleich Blühfläche mit Obstbäumen

Seine Grundstücke grenzen an eine Ausgleichsfläche, die die Stadt Treuen als Ersatz für versiegelte Flächen im Zuge einer Baumaßnahme anlegen musste. Für dieses Areal stellte Schwarz auch die Hochstämme zur Verfügung. „Bei uns im Dorf gibt es einen Montags-Stammtisch. Den Leuten, die sich da treffen, liegt die Natur am Herzen und sie engagieren sich für den Ort“, verweist Schwarz auf eine Gruppe Gleichgesinnter. Er berichtet weiter: „In Pfaffengrün gab es früher eine sehr große und schöne Streuobstwiese, die aber leider nicht mehr existiert. An diese alte Tradition des Streuobstanbaus wollten wir mit dem Anlegen der Blühfläche und den Obstbäumen anknüpfen.“ Einmal wurde diese Fläche in diesem Jahr gemäht. Nachgewachsen sind eine Reihe von Blühpflanzen wie Malven und Wiesenflockenblume, die auch im Spätsommer noch Nahrung für Insekten bieten. Zu Schauzwecken hat die Gruppe auch schon Getreide angebaut, es zu Puppen aufgestellt, an der Luft trocknen lassen und dann mit einer alten Maschine und auch mit Dreschflegeln gedroschen.

Schwarz bewirtschaftet insgesamt 1,2 ha Land. Für die kleinen Flächen hat er sich die passende Technik gekauft: ein kleiner Traktor mit Heuwender, Presse und Mulcher. Bei der Auswahl der Tiere greift er gern auf alte Rassen zurück. Rhönschafe lösen allmählich die Schwarzköpfigen Fleischschafe ab. Im Garten scharren Sachsenhühner nach Würmern.


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Auch wenn Schwarz seine nicht benötigten Erntespitzen an Obst und Gemüse an Freunde und Bekannte weitergibt und so im eigentlichen Sinne kein Direktvermarkter ist, zählt er sich zu den glühenden Verfechtern regionaler Kreisläufe. „Wo immer es sich ergibt, werbe ich für heimische Produkte und fordere die Leute auf, regional zu kaufen. Ich finde es schlimm, dass es hier kaum noch Schlachthöfe gibt und die Landwirte ihre Tiere zum Schlachten viele Kilometer weit transportieren müssen.“ Es mangele generell an Kleinerzeugern, was auch nicht verwunderlich sei. Vom Verkauf ihrer Produkte könnten diese kaum leben, geschweige denn investieren. Schwarz ist davon überzeugt, dass viele Landwirte generell dazu bereit wären, mehr Umweltschutz zu betreiben, wenn sie es vergütet bekämen. „Wenn ein Landwirt einen Blühstreifen anlegt, muss er dafür genauso viel Geld bekommen, als wenn auf der Fläche eine Kulturpflanze wächst“, findet Schwarz.