Maishäckseln mit Jägern im Schlepptau
Auf der Agrofarm eG Lüssow, unserem Praxispartner in Mecklenburg-Vorpommern, läuft die Maisernte auf Hochtouren. Beim Maishäckseln immer dabei sind Jäger aus der Region: Sie haben Wildschweine im Visier.
Von Gerd Rinas
Hier sind welche, ich bin mir ganz sicher.“ Erik Severin spricht von Wildschweinen. Vor einer Stunde hat der Fahrer mit seinem Häcksler begonnen, auf dem Schlag „Mistorf, Flugplatz“ Mais zu ernten. „Ich habe frische Wühlspuren gesehen. Außerdem ist Bewegung im Feld“, sagt der Landwirt, der im zehnten Jahr Mais für die Agrofarm eG Lüssow erntet.
Eigentlich Krankenschwester
Dass die Schweine herauskommen, hofft auch Nancy Karow. Am Feldrand, wo nur noch Maisstoppel aus dem Boden ragen, steht ein kleiner Pkw-Anhänger mit einem Ansitz. Darin hockt Jägerin Nancy Karow und beobachtet die Ränder des Maisbestandes. Zwei weitere Jäger haben Posten bezogen. „Auf diesem Schlag hier habe ich vor drei Jahren mein erstes Schwein geschossen“, erinnert sich die Jägerin, die eigentlich Krankenschwester ist. Sicherheit hat für sie oberste Priorität. „Es muss Kugelfang bestehen, sonst fällt kein Schuss“, sagt die 33-Jährige, während sie weiter aufmerksam die Feldkanten kontrolliert.
Beim Maishäckseln: Fahrer ist voll konzentriert
Unterdessen zieht Erik Severin mit dem Häcksler seine Bahnen. Die Klimaanlage hält die Temperatur in der Fahrerkabine auf angenehmen 23 °C. Aus dem Radio kommt Musik, für die der Fahrer aber gerade kein Ohr hat. Severin ist konzentriert beim Maishäckseln. „Das sieht alles easy aus, aber man muss aufpassen.“ Vor allem beim Anschnitt, wenn der Transportfahrer nicht neben, sondern hinter dem Häcksler fährt und das Häcksel über den Traktor auf den Anhänger gepustet wird. Auch an Feldrändern, in der Nähe von Koppelpfählen und Grenzsteinen oder Böschungskanten von Gräben ist erhöhte Aufmerksamkeit geboten. Wenn Steine in die Messer geraten, ist der Fahrer machtlos: Bevor die Maispflanzen im Häcksler verschwinden, fallen sie um und verdecken die Sicht auf den Boden vor der Maschine.
in 14 Tagen Maishäckseln Erst einmal angehalten
„Bisher ist es sehr gut gelaufen“, sagt Erik Severin. Bis zum Tag 14 der Kampagne musste er die Maschine erst einmal für zwei Stunden anhalten: Ein Kühlwasserschlauch hatte sich gelöst. Ansonsten brummt der Häcksler sieben Tage in der Woche von 7 bis 19 Uhr munter vor sich hin. „Die Maschine ist neu, wir haben sie erst im Frühjahr geholt“, so der 28-jährige, der schon als Auszubildender im dritten Lehrjahr in Lüssow Mais häckseln durfte. Für die 400 ha Anbaufläche rechnet Severin, der schon lange Stammfahrer ist, je nach Witterung und Reife etwa 21 Erntetage.
„Wir planen im Schnitt mit 40 Tonnen Frischmasse pro Hektar, in besseren Jahren mit 48. Dieses Mal kommen wir wohl höchstens auf Mitte 30“, sagt Vorstandsvorsitzender Lars-Peter Loeck. Die Stängel sind relativ schmal, an der Pflanze ist meist nur ein Kolben. „Wir haben ab dem 15. April Mais gelegt. Im Mai braucht die Kultur Feuchtigkeit. Bekommen hat sie Trockenheit“, so Loeck. Damit nicht genug: Eine Herbizidmaßnahme im Drei-Blatt-Stadium ist Standard, damit der Mais ohne Konkurrenz heranwächst. „Wir mussten zwei Maßnahmen gegen den Windenknöterich fahren. Er konkurrierte auf vielen Flächen mit dem Mais um Wasser und Nährstoffe. Bekämpfen wir das Unkraut nicht, fährt es an den Maisstängeln wie in einem Fahrstuhl hoch und verdirbt uns das Silo. Die zweite Pflanzenschutzmaßnahme verursacht aber nicht nur Kosten, die Wirkstoffe kneifen den Mais im Aufwuchs“, erläutert Loeck.
Demnächst mehr Erbsen
Dass die Lüssower in diesem Jahr keinen Spitzenertrag einfahren werden, hat keine gravierenden Fol-gen. „Um unsere Milchkühe zu versorgen, reicht eine durchschnittliche Ernte von 260 bis 280 Hektar. Wenn wir in schlechten Jahren wenig Mais ernten, ernten andere auch weniger, sodass der Zukauf schwierig ist. Deshalb bauen wir eine Sicherheitsreserve an“, erläutert Loeck. Übermengen wurden bisher an die Nawaro BioEnergie AG in Güstrow verkauft. In diesem Jahr hält sich der Abnehmer aber bedeckt. Ab 2021 wollen die Landwirte eine neue Strategie versuchen, statt 50 ha 220 ha Erbsen anbauen und die Maisfläche reduzieren. „Möglich ist das durch finanzielle Anreize aus dem Agrarumweltprogramm Vielfältige Kulturen“, sagt Lars-Peter Loeck. Ermutigt fühlen sich die Lüssower durch den guten Erbsenertrag in diesem Jahr. „Wenn auch noch die Vermarktung funktioniert, wäre das eine Anbaualternative“, so der Vorsitzende.
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