Studie zeigt: Ferkel mögen Balkone

Junge Schweine sind von Natur aus neugierig und wollen ihre Umgebung erkunden. Eingebaute erhöhte Ebenen bieten dazu ideale Gelegenheiten. (c) Sabine Rübensaat
Tierhaltung
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In Ferkelställen ist die Fläche häufig auf die Mindestanforderung beschränkt. Eine wissenschaftliche Studie untersuchte eine Lösung in einem Praxisbetrieb, die für Platz und mehr Tierwohl sorgen könnte.

Von Dr. Michaela Fels, Tierärztliche Hochschule Hannover

Eine Möglichkeit zur Flächenvergrößerung und zur Strukturierung der Buchten ist die Installation erhöhter Ebenen (Anm. d. Red.: Folgend auch Balkone genannt), die für die Ferkel über Rampen erreichbar sind. In der vorliegenden Studie wurden dafür folgende Aspekte untersucht:

  • die Nutzung verschiedener Buchtenbereiche durch die Tiere, insbesondere die Nutzung der erhöhten Ebene,
  • das Auftreten von Haut- und Gliedmaßenverletzungen,
  • die Tageszunahmen der Tiere,
  • die Buchtenhygiene und
  • das Stallklima (Mikroklima).

Wie Nutzen Ferkel die Balkone?

Abbildung 1

In der ersten Woche wurden mit durchschnittlich 24,1 % schon knapp ein Viertel der Tiere einer Gruppe zeitgleich auf der Ebene beobachtet. In Woche zwei erfolgte ein Anstieg auf 31,1 %, in den Folgewochen blieb die Nutzungsintensität relativ konstant. Ab der fünften Woche fiel der Anteil der sich zeitgleich auf der Ebene befindenden Tiere wieder. Auch der Bereich unter der Ebene wurde im Laufe der sechs Wochen kontinuierlich von den Tieren genutzt. Allerdings befanden sich fast durchweg weniger Tiere unter der Ebene als auf der Ebene. Erst in der sechsten Woche glichen sich die mittleren Tierzahlen auf und unter der erhöhten Ebene an. Den Fressbereich suchten während der gesamten Haltungsphase ähnlich viele Tiere zeitgleich auf (13 % bis 16 % einer Gruppe).

Abbildung 2

Der Laufbereich wurde zu Anfang der Haltungsperiode (32 % einer Gruppe) am intensivsten genutzt. In der Folge kam es zu einem Absinken der Nutzung des Laufbereiches zugunsten der Bereiche auf und unter der Ebene. Die Ergebnisse der direkten Verhaltensbeobachtungen im Stall zeigten, dass 98,9 % aller beobachteten Ferkel wenigstens einmal auf der erhöhten Ebene gesehen wurden (Abb. 2). Das Geschlecht eines Ferkels hatte keinen Einfluss auf die Nutzung der erhöhten Ebene.

Je schwerer die Ferkel wurden, umso öfter befanden sie sich auf der erhöhten Ebene und umso weniger unter der Rampe. Die erhöhte Ebene förderte die Bewegung und verringerte aber gleichzeitig die Rangkämpfe. Dabei gab es keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern.

Hautverletzungen

Abbildung 3

Die Häufigkeit der Hautverletzungen unterschied sich zur Einstallung nicht signifikant zwischen Ferkeln in Buchten mit erhöhter Ebene (Buchten für Ferkel mit Balkonen) und den Ferkeln in der Kontrollbucht. Erst in der sechsten Woche wurde jedoch ein signifikanter Unterschied zwischen den Haltungssystemen offensichtlich. So zeigten Tiere in Buchten mit erhöhter Ebene zu diesem Zeitpunkt weniger Hautverletzungen als Tiere in Buchten ohne erhöhte Ebene (Abb. 3). Bei Gliedmaßenverletzungen bestand zu keinem Zeitpunkt ein signifikanter Unterschied.

Tägliche Zunahmen

Abbildung 4

Während der ersten 21 Tage der Haltungsperiode beeinflussten erhöhte Ebenen die täglichen Zunahmen der Ferkel nicht. In der zweiten Hälfte der Haltungsperiode (21. – 41. Tag) zeigte sich dagegen ein positiver Einfluss auf die Zunahmen. Sie nahmen mehr an Gewicht zu als in der Kontrollbucht. Über die gesamte Haltungsperiode betrachtet, hatten Tiere in Buchten mit erhöhter Ebene höhere Tageszunahmen als in den Kontrollbuchten (Abb. 4).

Buchtenhygiene

Die Auswertung der Buchtenverschmutzung bezieht sich auf den 23. und den 42. Tag der Haltungsperiode. An Tag 23 stellten sich die Bereiche unter der Rampe, vor der Rampe sowie der Lauf- und Fressbereich weitgehend sauber dar. Am stärksten verschmutzt waren die Bereiche auf und unter der Ebene. Auch an Tag 42 erwiesen sich der Laufbereich sowie der Bereich unter der Rampe als überwiegend sauber. Vor allem die Verschmutzung des Bereiches vor der Rampe war jedoch zu diesem Zeitpunkt deutlich angestiegen. Den höchsten Verschmutzungsgrad wiesen immer noch die Flächen auf und unter der Ebene auf, wobei die Fläche auf der Ebene nun verschmutzter war als die Fläche unter der Ebene.

Da die Ermittlung der Buchtenverschmutzung aufgrund der unterschiedlichen Struktur keinen direkten Vergleich zwischen Buchten mit und ohne erhöhte Ebene ermöglichte, wurde zum Vergleich zwischen den beiden Systemen die Verschmutzung der darin gehaltenen Tiere herangezogen. Das Ergebnis: Buchten mit erhöhten Ebenen waren mit schlechteren hygienischen Bedingungen verbunden, was sich in einem höheren Verschmutzungsgrad der Tiere äußerte, als in der Kontrollbucht.

Auswirkungen der Balkone für Ferkel auf das Stallklima

Zur Beurteilung der Auswirkungen des Einbaus einer erhöhten Ebene auf das Stallklima (Mikroklima) wurden die Daten der Kontrollbuchten ohne erhöhte Ebene mit denjenigen der jeweiligen Nachbarbucht mit erhöhter Ebene in demselben Stallabteil verglichen. Hierbei wurde deutlich, dass die Errichtung einer erhöhten Ebene keine negativen Einflüsse auf das Mikroklima in den Buchten zeigte.

Schlussfolgerungen

Die Ferkel suchten nicht nur den Bereich auf der Ebene auf, sondern nutzen auch die Fläche darunter häufig als Ruhebereich. Somit kann damit das Anlegen von Funktionsbereichen unterstützt werden. Außerdem verringerte sich die Gefahr von Zweikämpfen und die Ferkel waren im Allgemeinen aktiver. Die geringeren Hautverletzungen und die höheren Tageszunahmen können als tierwohlrechtliche beziehungsweise wirtschaftliche Effekte gewertet werden. Die Buchtenverschmutzung war auf und unter der Ebene vergleichsweise hoch. Dies waren jedoch gerade die Bereiche, wo sich die Tiere häufig aufhielten. Daher wurden diese auch als Kotplätze genutzt. Durch den Spaltenboden der erhöhten Ebene konnte Kot auf die sich unter der Ebene befindenden Tiere fallen, was wiederum zur Tierverschmutzung führte. Beim Einbau erhöhter Ebenen sollte dieser Aspekt zukünftig unbedingt berücksichtigt werden.


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FAZIT: Die wissenschaftliche Studie bestätigt: Ferkel nutzen die erhöhte Ebene intensiv. Hauptsächlich gehen damit positive Effekte für die Tiere, das Tierwohl, aber auch für die Wirtschaftlichkeit einher. Somit liefert diese Untersuchung wichtige Argumente für den Einbau erhöhter Ebenen in Ferkelaufzuchtställen. Hier vergrößerte sich das Flächenangebot in der Bucht um 3,75 m2. Um diese Ergebnisse abzusichern und eine repräsentative Aussage treffen zu können, sollten unbedingt weitere Untersuchungen auf unterschiedlichen Betrieben mit verschiedenen baulichen Gegebenheiten durchgeführt werden. Auch steht die Beantwortung der Frage, inwieweit eine (zumindest teilweise) Anrechnung der Fläche einer erhöhten Ebene auf Mindestflächenvorgaben nach der TierSchNutztV erfolgen könnte, derzeit noch aus.