Die neue GAP – ein verdeckter Systemwechsel?
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) wird in den nächsten Jahren einen Systemwechsel vollziehen. Doch darüber, wie Umweltleistungen der Landwirte honoriert werden sollen, teilen sich die Meinungen. Das „Rennen“ um den Markt startet.
Für die Agrarpolitik der kommenden Jahre fielen vorige Woche wichtige Entscheidungen. Sowohl der Rat der EU-Agrarminister als auch das Europaparlament bestimmten die Positionen, mit denen sie nun in die Trilog genannten Dreier-Verhandlungen mit der Europäischen Kommission eintreten. Beide Beschlüsse fielen mit klarer Mehrheit, was die Lautstärke der Missfallensbekundungen teils überdeckte.
Systemwechsel oder kein SystemWechsel?
Von einem Systemwechsel spricht Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Ihre Bewertung begründet sie damit, dass mit den Eco-Schemes nun Umweltauflagen in der Ersten Säule für alle Mitgliedsstaaten verpflichtend werden. Und zugleich werde über das Mindestbudget von 20 % der Direktzahlungen ausreichend Geld für solche Ökoleistungen bereitgestellt. Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus teilt Klöckners Einschätzung nicht. Für ihn würde ein echter Systemwechsel darin bestehen, Landwirten die Möglichkeit zu schaffen, mit Umweltleistungen tatsächlich Geld zu verdienen.
So weit will die Mehrheit der EU-Agrarminister nicht gehen. Backhaus‘ Vorwurf, die stärkere Umweltorientierung diene nur als Feigenblatt, um sich wie immer einfach nur einen möglichst großen Anteil vom Budget-Kuchen zu sichern, trifft durchaus den Kern. Allerdings gilt es am Ende zu akzeptieren, dass die Europäische Union aus 27 Staaten besteht. Nicht alle finden gut, was Deutschland gut findet.
Das fast schon überhebliche Getöse gegen den Kompromiss ist aber vielleicht gar kein Nach-, sondern schon ein Vorspiel. Denn die künftige Gemeinsame Agrarpolitik wird tatsächlich einen Systemwechsel vollziehen. Der jedoch besteht nicht darin, dass für ein Fünftel oder – wie das EU-Parlament fordert – für ein knappes Drittel des Budgets Umweltleistungen verbindlich werden. Was dem nervigen Greening mit seinen pingeligen Vorgaben für jeden einzelnen Betrieb in der EU nun folgt, wollte man eigentlich stets verhindern. Denn bald können die Mitgliedsstaaten zwischen vorgegebenen Leitplanken selbst bestimmen, wie sie Umweltleistungen definieren. Zwar müssen sie dafür in Brüssel nationale Strategiepläne vorlegen. Aber letztlich handelt es sich um nichts anderes als die Re-Nationalisierung der Agrarpolitik, zumindest einen großen Schritt dahin.
deutsche Landwirte sollen nicht chancenlos bleiben
Wer mehr Harmonisierung von Wettbewerbsbedingungen auf dem gemeinsamen Binnenmarkt erwartet hatte, kann die Hoffnung endgültig fahren lassen. Es wird bei der Kopplung von Direktzahlungen in 26 von 27 EU-Staaten bleiben, und es werden weitere Verzerrungen hinzukommen. Im Rennen um den Markt werden manche die kurze Innenbahn nehmen, andere von ihrem Rennstall gehalten sein, auf der Außenbahn zu laufen. Die „Team-Order“ ist der nationale Strategieplan.
GAP-Reform: Einigung mit Zugeständnissen
Nach einer langen Verhandlungsnacht haben die EU-Agrarminister am Mittwoch in den frühen Morgenstunden eine Einigung auf eine gemeinsame Verhandlungsposition zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) erreicht. mehr
Je lauter die Lücke zwischen hierzulande geschürten Erwartungen und der real existierenden Gemeinsamen Agrarpolitik beklagt wird, desto mehr wächst der Druck auf die nationale Politik, mit dem deutschen Strategieplan bis an die Grenzen des Erlaubten zu gehen. Von jetzt an wird es also darauf ankommen müssen, Umweltauflagen und -leistungen so auszurichten, dass deutsche Landwirte am Ende nicht chancenlos auf der Außenbahn laufen.