Landnutzer-Verbände sind raus
Mehrere mitgliederstarke Verbände im ländlichen Raum zeigen klare Kante: Sie treten aus allen Gremien des Brandenburger Wolfsmanagements aus – ab sofort.
Die Vorstände der Verbände des ländlichen Raumes Brandenburgs haben heute in Potsdam ihr weitere Vorgehen im Wolfsmanagements zu beraten. Anlass war eine Sitzung der „Grundsatz Arbeitsgruppe Wolf“ im brandenburgischen Agrar- und Umweltministerium in der vorigen Woche. Im Ergebnis dieser Beratung gaben die Verbände geschlossen bekannt, sich mit sofortiger Wirkung aus allen Gremien des brandenburgischen Wolfsmanagements zurückzuziehen.
Wendorff: LBV Kann Brandenburger Wolfspolitik nicht länger Verantworten
„Von nun an übernimmt die brandenburgische Landesverwaltung und die sie darin unterstützenden Organisationen die alleinige und volle Verantwortung für das Wolfsmanagement“, so Henrik Wendorff, Präsident des Landesbauernverbandes und Vorstand im Forum Natur Brandenburg. „Wir können es unseren Mitgliedern und auch den Brandenburgerinnen und Brandenburgern gegenüber nicht mehr verantworten, die völlig unrealistische Politik des Landes Brandenburgs bezüglich der weiteren Ausbreitung der Wolfsbestände mitzutragen!“
Hintergrund für die Entscheidung sei, dass die u. a. in der letzten Legislatur eingerichteten Gremien des Wolfsmanagements, zu einer reinen Alibiveranstaltung verkommen seien. „Mit der Einladung zur Sitzung in der letzten Woche wurde den Verbänden eine von Minister Vogel bereits unterschriebene Richtlinie für die Schadensprävention vorgelegt, in die lediglich noch das Datum einzutragen war“, macht auch Dr. Dirk-Henner Wellershoff, Präsident des Landesjagdverbandes und ebenfalls Vorstand im Forum Natur, deutlich.
Verbände kritisieren Alibibeteiligungen
Gleichsam wurde die dringend notwendige Debatte um die Novelle der brandenburgischen Wolfsverordnung vom zuständigen Referatsleiter damit eingeleitet, dass über keine von den Verbänden angeregt Neuregelung auch nur nachgedacht werden könne. Es dürfe lediglich darum gehen, die neue Wolfsverordnung sprachlich an die Neuregelung des Bundesnaturschutzgesetzes anzugleichen. Dabei haben anwesende Vertreter der Landesverwaltung selbst eingeräumt, dass die Regelungen des Bundes ungenügend und insgesamt eher problematisch seien. Aus Sicht der Verbände sei zunehmen ein Verfahren der Alibibeteiligungen zu beobachten. Hier wäre Minister Vogel in der Pflicht, damit Partizipation in seinem Hause nicht zur lästigen Pflichtveranstaltung verkommt.
Die Verbände haben immer wieder substanzielle Vorschläge, so zur Wolfsverordnung und zur Überarbeitung des Managementplanes, in die verschiedenen Debatten eingebracht und dabei auch deutlich gemacht, dass sie sich zu einer Wiederkehr von Wölfen auch in die brandenburgische Kulturlandschaft bekennen. Darüber hinaus wurde mit dem „Handlungsvorschlag für ein praxisorientiertes Wolfsmanagement in der Kulturlandschaft Deutschlands“, ein umfassender Vorschlag für die Lösung bestehender Probleme angeregt.
Wenn sich die Politik des brandenburgischen Wolfsmanagements jedoch trotz der Tatsache, dass nirgendwo auf der Welt die Bestandsdichte von Wölfen so hoch ist wie in Brandenburg, weiterhin jeglicher Frage nach einer zukünftigen Bestandsregulation verweigere, so könne dies von Seiten der Verbände nicht mehr unterstützt werden.
„Landesregierung muss Verantwortung für WolfsPolitik selbst tragen“
„Wenn die Verwaltung diesbezüglich weiterhin nach dem Grundsatz verfährt, was interessieren uns die Nöte der Landnutzer, gleichwohl annähernd jedes Land in dieser Welt mit Wolfvorkommen ganz andere und teils deutlich konfliktfreiere Wege geht, so muss die Landesregierung für diese Politik die Verantwortung selbst übernehmen“, stellt auch Thomas Weber, der Vorsitzenden des Waldbesitzerverbandes und Vorstand im Forum Natur, klar. Mit großen Waldgebieten, Truppenübungsplätzen und anderen von den Verbänden als „Wolfsschutzareale“ vorgeschlagenen Bereichen, hätte Brandenburg eigentlich alle Voraussetzungen, um die Koexistenz mit dem Wolf in der Kulturlandschaft beispielhaft vorzuleben. „Momentan riskieren wir diese einmalige Chance zu verspielen und verursachen selbst das deutliche Schwinden der Akzeptanz für den Wolf“, so Weber.
Die Verbände haben gleichzeitig deutlich gemacht, dass wenn die Verwaltung wieder an der Expertise der Betroffenen interessiert ist, die Kontaktdaten der entsprechenden Vertreter bekannt sind. Bis dahin gelte der Grundsatz des aktuellen brandenburgischen Wolfsmanagementplanes, der für den Fall der Feststellung des günstigen Erhaltungszustandes der Wolfsbestände, ein „aktives Management“ vorsieht. Dass dieser Zustand längst, und nicht nur für das Bundesland Brandenburg gegeben ist, könne außer Frage stehen. Wenn die brandenburgische Landesregierung wieder auf dem Boden der Tatsachen und damit dort, wo sie hingehört, nämlich nah bei den Menschen, angekommen ist, dann sehe man sich wieder.
auch Freie Bauern verlassen die Arbeitsgruppe Wolf
Bereits in der vergangenen Woche hatten die „Freien Bauern“ (Bauernbund Brandenburg) ihre Mitarbeit an der vom Ministerium einberufenen „Arbeitsgruppe Wolf“ eingestellt. „Wenn wir in der höchst umstrittenen Frage des Herdenschutzes eine neue Präventionsrichtlinie präsentiert bekommen, die bereits vom Minister unterschrieben ist, können wir uns die Diskussion auch sparen“, wurde Vorstandsmitglied Frank Michelchen, Biobauer aus Leibsch im Spreewald am Freitag in einer Pressemitteilung zitiert. „Wir sind nach wie vor bereit zum konstruktiven Gespräch über den Umgang mit Wölfen, aber wir sind uns zu schade, einen vorher von Nabu, BUND und Ministerialbürokratie ausgekungelten Text lediglich abzunicken.“
Minister bedauert den Rückzug der Verbände und verspricht Geld
Landesumweltminister Axel Vogel nannte den Rückzug der Verbände am Donnerstag laut rbb „bedauerlich“. „Wir wollen den Dialog fortsetzen und gemeinsam tragfähige rechtssichere Lösungen für den Herdenschutz finden“, wird der Grünen-Politiker zitiert. Die Landesregierung unterstütze die Forderung einiger Landnutzerverbände – gemeint sein dürften der Landesschafzuchtverband und der Ökologische Jagdverband (ÖJV) – nach Finanzierung etwa von Hunden und Zäunen zur Wolfsabwehr. Bund und Land könnten zahlen. Eine entsprechende Richtlinie sei schon ausgearbeitet und könne „zeitnah an den Start gehen“. red