Nachbesserung beim EEG nötig
Im Januar 2021 soll das novellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz in Sack und Tüten sein. Wir sprachen dazu mit Anlagenbetreiber Toralf Müller. Nach wie vor gibt es Forderungen der Biogasbranche, die nicht erfüllt sind.
Das Gespräch führte Birgitt Schunk
Herr Müller, beim EEG steht die nächste Novelle an. Die aktuelle Fassung liegt auf dem Tisch – mit Verbesserungen zum ersten Referentenentwurf. Hat auf die Kritik bereits ein Umdenken in Berlin stattgefunden?
Das Bundeskabinett wollte damit sicher zeigen, dass man bereit ist, auf uns Anlagenbetreiber zuzugehen. Gleichzeitig sollte damit wohl aber auch klar gemacht werden: Das muss jetzt reichen, mehr gibt es nicht – typische Verhandlungsspielereien. Ich denke andererseits aber auch, die Bundesregierung weiß, dass die Klimaziele ohne die Bioenergie nicht erreicht werden können.
In welchen Punkten besteht Ihre Kritik fort?
Beispielsweise bei den Gebotshöchstwerten für Ausschreibungen. Da ging es zunächst um 14,4 Cent je Kilowattstunde bei Neuanlagen und bei Bestandsanlagen in Höhe von 16,4 Cent. Wenn ich das als Anlagenbetreiber nicht erreichen kann, bin ich von vornherein gleich außen vor und beteilige mich gar nicht erst an dem Wettbewerb. Am Ende steht die Stillegung. Eine Bestandsanlage hat mit Nawaro-Bonus in etwa Kosten in Höhe von 19 bis 22 Cent je Kilowattstunde – die 16,4 Cent sind derzeit also kaum erreichbar. Selbst wenn die Anlage abgeschrieben ist, muss immer wieder investiert werden. Die Auflagen steigen. Bei diesen Sätzen wurde wenigstens nachgebessert – zwei Cent kamen hinzu.
Der Biogasbranche genügt das jedoch nicht.
Richtig, für neue Anlagen stehen inzwischen die 16,4 Cent und für bestehende Anlagen die 18,4 Cent im Kabinettsentwurf. Doch damit werden die Kosten auch noch nicht gedeckt. Deshalb bleiben wir bei der Forderung: Bei Neuanlagen muss es 17,4 Cent und bei Bestandsanlagen 19,4 Cent geben.
Die Betriebe könnten und sollten andererseits aber auch versuchen, an den Kostenschrauben zu drehen.
Dies wird auch versucht, denn selbst drei Cent mehr wären nach wie vor nicht kostendeckend. Wir müssen deshalb also auch effizienter werden – beispielsweise indem wir neben dem Strom auch die Wärme verkaufen. Unser Betrieb beispielsweise versorgt derzeit 15 Haushalte in Pfersdorf.
Immer wieder geht es auch um die Flexibilisierung.
Es war ja sogar im Referentenentwurf geplant, dass die Flexiprämie ausläuft. Und das geht gar nicht. Im Kabinettsentwurf ist sie wieder enthalten – sie wurde so
gar von 40 auf 65 Euro je Kilowatt installierte Leistung angehoben. Das ist auch notwendig. Immerhin wird durch die geforderte Flexibilisierung eine doppelte Überbauung verlangt. Das heißt, als Betreiber eines 500-Kilowatt-Blockheizkraftwerkes muss ich die Kapazität von 1.000 Kilowatt vorhalten.
Alternativ könnte ich die Bemessungsleistung auf 250 runterfahren, um mit dem Blockheizkraftwerk die doppelte Kapazität vorhalten zu können – ohne neu zu investieren. Da muss jeder für sich überprüfen, was sich rechnet: nur noch die Hälfte des Stroms zu einzuspeisen oder doppelt zu überbauen. Doch im Detail gesehen, sind die Zahlen der Flexibilisierungspflicht trotz höherer Flexiprämie noch schärfer geworden. So sollen zukünftig neue und neu in Betrieb genommene Biogasanlagen nur noch über eine Bemessungsleistung als Basis verfügen können, die 45 Prozent ihrer installierten Leistung entspricht.
Unterm Strich tragen die Anlagenbetreiber also die Flexibilisierung mit, wenn die Bedingungen passen?
Ja, denn wir haben einen entscheidenden Vorzug bei der Stromerzeugung gegenüber Wind oder Sonne. Wir sind grundlastfähig und flexibel – doch das muss
finanziell auch untersetzt werden, damit es funktioniert. Die Flexibilisierung ist aber auch eine Art Druck, denn die Verbraucher sollen nicht immer mehr für den Strom löhnen. Ziel ist es, bedarfsgerecht zu produzieren. Die Landwirte sollen die Anlagen rauf- und runterfahren können– je nachdem, wie viel Strom verbraucht wird. 20 Jahre lang konnten die Anlagen durchweg auf Volllast gefahren werden. Seit 2014 gibt es Anreize, das nur dann zu tun, wenn der Strom im großen Stil gebraucht wird – dafür gab es die Flexiprämie. Und die wird weiterhin gebraucht, wenn wir die Stromproduktion flexibel gestalten sollen. Sich darauf einzustellen, kostet schließlich ebenso Geld: Im Agrarunternehmen Pfersdorf waren das 900.000 Euro.
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Die Biogasbranche fordert vehement, das Ausschreibungsvolumen zu erhöhen, obwohl es gar nicht ausgeschöpft wurde: Woher rührt der Widerspruch?
In der Tat wurde in der Vergangenheit das Volumen nicht ausgeschöpft. Dies aber, weil Betriebe bei den Ausschreibungen nicht mithalten konnten – 16,4 Cent waren zu wenig. Die Folge: Anlagen wurden stillgelegt – sechs allein in Thüringen, bis 2022 droht weiteren 30 das Aus. Bundesweit gingen in diesem Jahr bereits deutlich mehr Biogasanlagen vom Netz als zugebaut wurden. Künftig muss mehr Volumen im Angebot sein, damit alle Bestandsanlagen, die effektiv arbeiten, überhaupt eine Chance haben, Strom zu verkaufen. Wird die Stromerzeugung aus Biogasanlagen gedrosselt, drohen weitere Stillegungen – und das kann nicht gewollt sein. Ohne den Biomassestrom wird es eine wirkliche Energiewende nicht geben. Wir wissen, dass die Lobby für Strom aus Sonne, Wind und Kohle groß ist. Und der sind wir ein Dorn im Auge.
Was bietet der EEG-Entwurf den standortangepassten Biogasanlagen, die auch Gülle als Substrat einsetzen?
Hier sind 23 Cent je Kilowattstunde avisiert. Problematisch ist, dass die Bemessungsleistung gedeckelt werden soll. Erst hieß es auf 75 kW, was wiederum nur in kleinen Betrieben umsetzbar gewesen wäre. Im Kabinettsentwurf ging es dann rauf auf 150 kW – aber mit entsprechender Flexibilisierung, sodass am Ende auch nur die Anlage eine Bemessungsleistung von 75 kW hat. Deshalb fordern wir 300 kW, um 150 auslasten zu können. Trotz des Anreizes von 23 Cent wird der Erfolg mäßig sein, denn reine Gülleanlagen gibt es nur wenige. Sie benötigen bei einem Anteil von 90 Prozent Wasser und 10 Prozent Feststoffen die größten Behältervolumen – das kostet Geld. Und die Wärme geht meist komplett fürs Heizen der Fermenter drauf. Verändert werden müssen auch die Regelungen zu den 150 Tagen, an denen das Gärsubstrat gasdicht verweilen muss. Das treibt die Kosten in die Höhe. Wir fordern, dass es als Alternative reichen muss, wenn wir per Messung ein Restgaspotenzial von weniger als 1,5 Prozent nachweisen und so die Umweltverträglichkeit belegen.