ASP: Zaunbau muss schneller gehen
Wir sprachen Mitte November mit Henrik Wendorff über die Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Brandenburg und Folgen für Landwirte.
Die Fragen stellte Heike Mildner
Herr Wendorff, Sie haben sowohl auf Landes-, als auch auf Kreisebene Einblick in das ASP-Krisenmanagement, stehen nach dem ASP-Fall in Sachsen auch in Austausch mit den Kollegen dort. Wie schätzen Sie die Lage ein?
Die unterschiedliche Herangehensweise der Länder ist interessant und lässt die Frage aufkommen: Machen wir in Brandenburg wirklich alles richtig bei der Seuchenbekämpfung? In Sachsen hat das Land die Seuchenbekämpfung übernommen, den Landkreisen die Zuständigkeit dafür entzogen. Und das geht: Das Bundesgesetz schreibt nicht vor, wer zuständig ist, sondern was zu tun ist. Was für uns Landwirte entscheidend ist: Dort wurde kein generelles Bewirtschaftungsverbot ausgesprochen. Es kann diese Verbote geben, aber eben nicht pauschal. Dafür gibt es dort ein generelles Aufstallungsgebot für die Auslauf- und Freilandhaltung. Das haben in Brandenburg bisher nur die Landkreise Spree-Neiße und Märkisch-Oderland erlassen.
Was macht Sie so unzufrieden mit der Lage hier?
Das generelle Bewirtschaftungsverbot halte ich für nicht abgewogen und im Rahmen der Seuchenbekämpfung für nicht erforderlich, das habe ich von Anfang an gesagt. Man muss differenzieren! Warum beispielsweise Pflanzenschutzarbeiten einem generellen Verbot unterliegen, konnte mir bisher niemand erklären.
Dabei sind die Landwirte doch zumindest in Märkisch-Oderland (MOL) im Krisenstab …
In der ersten Zeit war es ein großer Vorteil, dass wir zeitnah integriert wurden. Aber mit dem Bewirtschaftungsverbot waren auch hier die Rahmenbedingungen von vornherein nicht richtig gesetzt. Trotzdem: In der ersten Phase haben wir gut kommuniziert. Jetzt sind die Phasen weit auseinandergerückt. Seit der letzten Krisensitzung sind 14 Tage vergangen. Ich kann nicht sagen, wie weit die Bemühungen um den Zaunbau und die Fallwildsuche vorangeschritten sind. Jäger rufen mich an, weil sie wissen, dass ich im Krisenstab bin. Aber ich kann ihnen nicht viel sagen, und sie fühlen sich ungenügend einbezogen.
Das bezieht sich auf den Landkreis – und was Brandenburg gesamt betrifft?
Da fehlt uns komplett der Überblick. Wir wissen, wie viele Tiere gefunden wurden, aber es wäre nötig zu quantifizieren: Was ist noch offen, wie lange wird der Prozess noch dauern, wie viel Aufwand muss noch betrieben werden?
Wie stellen Sie sich ein optimales Krisenmanagement vor?
Wir haben zu viele Krisenstäbe: die kreislichen um die drei ASP-Krisenherde, ein technisches Einsatzzentrum bei Eisenhüttenstadt, den Krisenstab in Potsdam. Aber welche Durchgriffsrechte haben diese Krisenstäbe? Die Landeskrisenstäbe können weder anordnende noch andere zentrale Maßnahmen treffen. Sie können nur empfehlen. Mit der Einrichtung von Krisenstäben muss auch ihre Zuständigkeit geklärt sein, und das ist sie nicht. Und so werden wir wohl noch ewig auf den Zaunbau an der deutsch-polnischen Grenze warten. Die Aufgaben sollten aufteilt werden, zum Beispiel sollte das Land den Zaunbau an der Deutsch-Polnischen Grenze vollumfänglich übernehmen.
Wie schätzen Sie die Krisenkommunikation des Landes ein?
Zu Anfang war sie schlecht, dann ist sie besser geworden, jetzt ist es wieder mehr ein Verkündigungskrisenstab mit informativem Charakter. Unsere Erwartungshaltung ist begrenzt, was die Beantwortung unserer Fragen betrifft.
Was muss besser werden?
Wir müssen unbedingt das Tempo erhöhen. Die Eingrenzung der Krisengebiete mit doppeltem Zaun um Kerngebiet und Weiße Zone ist zwingend erforderlich, auch wenn die Fallwildsuche noch nicht abgeschlossen ist und eine Restrisiko bleibt, dass man vielleicht in der Weißen Zone noch ein Tier findet. Wissen wir, ob der Fund bei Friedland ein abgewandertes Schwein aus dem Kerngebiet bei Neuzelle ist? Ein Gentest würde Klarheit bringen.
Wir müssen schneller werden! Wenn wir in MOL die Ackerzone nicht abgrenzen, wandert das Wild in die große Waldgebiete ab, und das müssen wir verhindern! Und ich will gar nicht das Szenario ausmalen, wenn wir einen harten Winter bekämen und die Oder zufriert … Und wir brauchen geschlossene Systeme: Warum gibt es keine Karte, in der eingezeichnet ist, wo Zäune stehen und wo noch nicht? Warum arbeitet man hier so intransparent, lässt so viel Raum für Spekulation?
Wie sieht es mit der Schadensregulierung für die Landwirte aus. Gibt es da Klarheit?
Die Entschädigung ist geregelt: Landwirte können Verluste, die sie durch die Verbote hinzunehmen haben, beim Landkreis geltend machen. Jeder hat einen Anspruch auf Entschädigung, das heißt, er muss keinen Antrag stellen, über den dann jemand entscheidet. Nein, wir haben einen Entschädigungsanspruch, den wir geltend machen müssen. Das ist ein Unterschied! Und die Folgen des Bewirtschaftungsverbotes sind noch gar nicht absehbar: Normalerweise machen wir jetzt Vorverträge. Aber wie, wenn ich noch gar nicht weiß, was ich auf den Feldern im Frühjahr machen darf? Ohne Vorverträge bekomme ich dann aber auch vielleicht nicht das nötige Saatgut mehr. Viel prekärer sieht die Situation bei den schweinehaltenden Betrieben aus. Hier ist die Frage der Entschädigung in großen Teilen noch unklar. Eines steht jedoch fest: Es muss alles dafür getan werden, die jetzt schon geringen Schweinebestände in Brandenburg zu erhalten.