Lebensraum für Puppenräuber

Charlotte Rapp erfasst mit sogenannten Barberfallen den Bestand an bestimmten Zielarten. (c) Karsten Bär
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In der Köllitscher Feldflur fühlen sich auch seltene Insekten wie der Goldpunkt-Puppenräuber wohl. Demnächst stehen auf dem Lehr- und Versuchsgut zwei weitere interessante pflanzenbauliche Maßnahmen an.

Von Karsten Bär

Auch „Raritäten“ aus der Insektenwelt fühlen sich offenbar in der Köllitscher Feldflur wohl: Laufkäfer-Arten wie der Goldpunkt-Puppenräuber etwa, der deutschlandweit als stark gefährdet gilt, oder die ebenfalls recht seltene Art Amara strenua. Nachgewiesen wurden sie unlängst im Rahmen eines Forschungsprojektes des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG), das seit April auf den Flächen des Lehr- und Versuchsgutes (LVG) läuft.

Um das bloße Erfassen von Arten geht es in dem Projekt „Ermittlung von Habitatpotenzialen im Ackerbereich und Ableitung von Artenhilfsmaßnahmen für Ackerwildkräuter, Bodenspinnen und Laufkäfer“ allerdings nicht. Vielmehr sollen Möglichkeiten gesucht und getestet werden, wie sich insbesondere auf großen Ackerschlägen sowohl für Ackerwildkräuter als auch die beiden genannten Artengruppen Nahrungsangebote sowie Lebens- und Rückzugsräume schaffen lassen. Das damit verfolgte Anliegen gehe über den Schutz dieser Zielarten hinaus, sagt LfULG-Referentin Charlotte Rapp, die das Projekt begleitet.

Widerstandsfähigkeit erhöhen

„Ackerwildkräuter, Bodenspinnen und Laufkäfer sind einerseits relativ leicht zu erfassen“, so die Agrarökologin. „Sie sind andererseits als Teil eines ‚Nahrungsnetzwerks‘ zugleich Indikatoren für den Zustand eines Ökosystems.“ Trägt man zu ihrem Schutz bei, fördert man ebenso andere Insekten und Brutvögel. „Darunter auch Antagonisten für Pflanzenschädlinge oder bestimmte Arten, die einen Beitrag zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit leisten“, verdeutlicht Charlotte Rapp. Dies könnte die Widerstandsfähigkeit des pflanzenbaulichen Produktionssystems gegenüber äußeren Einflüssen wie Dürre oder Starkregen erhöhen und die Nachhaltigkeit der Nutzung steigern.

Luzerne-Mulch und „Weite Reihe“

Zwei pflanzenbauliche Maßnahmen, davon eine in zwei Varianten, sollen auf Köllitscher Ackerflächen in dem auf zwei Jahre angelegten Projekt zunächst betrachtet werden. Zum einen wird die Maßnahme „Weite Reihe“ mit 24 cm Reihenabstand im Getreide (in den Varianten Reinsaat und Luzerneuntersaat) erprobt. Der größere Reihenabstand führt zu einer Teilflächen-Extensivierung innerhalb des Ackerschlags, vor allem in Teilbereichen, die ohnehin aufgrund der vorherrschenden Bodenverhältnisse ertragsschwächer sind. Zum anderen wird ein Düngungsversuch mit Luzerne-Mulch auf den ökologisch bewirtschafteten Flächen des LVG durch faunistische und floristische Aufnahmen begleitet, um den Effekt auf die Artenvielfalt zu erfassen. „Wir möchten herausfinden, was für die Landwirte agronomisch praktikabel ist, also vom technischen und zeitlichen Aufwand in die Feldbestellung integriert werden kann, und gleichzeitig möglichst effektiv zur Schaffung von Ackerlebensräumen beiträgt“, erklärt die Agrarökologin.



Das Projekt „Ermittlung von Habitatpotenzialen im Ackerbereich“ wird wie ein Forschungsprojekt zur extensiven Beweidung mit Rindern, an dem das LVG ebenfalls teilnimmt, und dem in Sachsen angebotenen gesamtbetrieblichen Beratungsangebot „Betriebsplan Natur“ im Mittelpunkt der Fachtagung „Landwirtschaft und Naturschutz im Dialog“ stehen, die im September im LVG Köllitsch stattfindet und neben einem Vortragsteil auch eine Exkursion in die Feldflur beinhaltet.