Mit der Hilfe von Luftbildern die Qualität steigern
Düngung und Pflanzenschutz erfordern aufgrund zahlloser Auflagen eine sensibilisierte Planung. Mithilfe von Luftbildern und Fernerkundungsdaten lassen sich Betriebsabläufe optimieren und Betriebsmittel effizienter einsetzen.
Von Brit Weier und Prof. Eike Stefan Dobers
Das Düngungs- und Pflanzenschutzmanagement erfordert aufgrund der wachsenden Auflagen eine sensibilisierte Planung. So können die Bestandesentwicklung gefördert und Betriebsmittel effizient eingesetzt werden. Ein besonderer Fokus liegt auf der bedarfsgerechten Versorgung der Böden mit Makronährstoffen und der pH-Regulierung. Dies erfordert verlässliche Daten über Bodenverhältnisse und Versorgungsstufen der einzelnen Nährstoffe. Die Nutzung von Luftbildern unterstützt gezielt und kostengünstig die Planung der Beprobung und Interpretation der Laborergebnisse.
Neue Einstiegslösungen
Das Forschungsprojekt „AgriSens Demmin 4.0“ ist eines der vom BMEL geförderten Experimentierfelder der Digitalisierung und arbeitet seit März 2020 an niedrigschwelligen Einstiegslösungen für die Nutzung von Fernerkundungsdaten im Pflanzenbau. Acht Partner aus ganz Deutschland entwickeln gemeinsam praxistaugliche Anwendungen für Satelliten-, Luftbild- und Drohnendaten. Die Hochschule Neubrandenburg konzentriert sich speziell auf die Nutzung von einfach zu erstellenden Luftbildern. Weitere Informationen zum Gesamtprojekt sind unter www.agrisens-demmin.de zu finden. Landwirtschaftliche Betriebe sind dazu verpflichtet, alle sechs Jahre ihre Ackerflächen ab einer Größe von einem Hektar auf Grundnährstoffgehalte und den pH-Wert zu beproben.
Wer effizient wirtschaften möchte, sollte auch mit diesem Arbeitsprozess den größtmöglichen Nutzen anstreben. Verlässliche und aussagekräftige Bodenproben ermöglichen ein Monitoring über mehrere Jahre und eine langfristige Nutzung im weiteren Pflanzenbaumanagement.
Das Raster für die Bodenprobenentnahme ist auf vielen Betrieben zu starr eingerichtet und berücksichtigt damit unzureichend die individuellen Feldgegebenheiten. Felder mit stark variierenden Bodenverhältnissen sind eine besondere Herausforderung für die standortangepasste Probenahme. Methoden der Fernerkundung optimieren die Vorbereitung der Beprobung. Bei der zerstörungsfreien und flächenhaften Aufnahme der Felder aus der Distanz gibt es grundsätzlich drei verschiedene Methoden: unbemannte Drohnen, Luftbilder aus bemannten Flugzeugen und Satelliten. Sie ermöglichen zum Beispiel die Ermittlung offensichtlicher Unterschiede von Bodenarten und Humusgehalten auf der gesamten Fläche. Es ist zu beachten, dass vorrangig deutlich differenzierte Areale erfasst werden. Gezielte Einteilungen im Vorfeld vermeiden weitestgehend eine Vermischung von Bodenmaterial sehr unterschiedlicher Standorte. Es steht also die Ableitung und Einordnung von Grenzen im Vordergrund. Die momentanen Möglichkeiten der Fernerkundungsdaten für Praxisbetriebe bestimmen nicht tatsächliche Bodenarten bzw. Nährstoff- oder Humusgehalte.
Drei unterschiedliche Methoden
Charterflüge ermöglichen die einfache und kostengünstige Erstellung von Luftbildern der Betriebsflächen. Diese Bilder sind meist intuitiv, auch ohne weitere Software oder Verarbeitung, interpretierbar. Betriebe mit eigenen Drohnen sind in der Lage, zeitlich flexibel Aufnahmen zu erstellen. Für eine optimierte Beprobung ist die räumliche Auflösung der gewonnenen Daten fast schon zu genau und vergleichsweise kostenintensiv (Erwerb der Drohne, eingesetzte Arbeitszeit). Das komplette Gegenteil stellen die Satellitenbilder dar. Im Internet stehen Aufnahmen der Erdoberfläche kostenlos zur Verfügung, welche alle paar Tage aktualisiert werden. Ein Beispiel hierfür sind die Sentinel-Satellitenbilder aus dem von der ESA betriebenen Copernicus-Programm der EU. Zum Teil werden 100 x 100 km Fläche mit einer Aufnahme abgedeckt. Dadurch liegen oft alle Betriebsflächen auf einer großen Bilddatei. Allerdings beeinträchtigen die grobe Auflösung und potenzielle Bewölkung die weitere Nutzung für diese hier angedachte Aufgabe.
Mit dem Flugzeug in die Luft
Die Luftbilderstellung etablierte sich vor vielen Jahrzehnten für die langfristige Planung und das Monitoring in der Land- und Forstwirtschaft. Beim alltäglichen Management in landwirtschaftlichen Praxisbetrieben ist diese Methode deutlich seltener im Einsatz. Dabei hat sie viele Vorteile aufzuweisen. Eine Fluggeschwindigkeit bis zu 180 km/h und fehlende Verkehrsbehinderungen in der Luft ermöglichen das Abfliegen zahlreicher, großer Flächen und Zurücklegen weiter Strecken innerhalb kürzester Zeit.
Für gewöhnlich werden Pilotendienstleistungen von Flughäfen und -schulen genutzt. Es sind somit keine persönlichen Qualifikationskriterien notwendig oder rechtlichen Auflagen zu erfüllen, was einen Vorteil gegenüber der Drohnennutzung darstellt. Die Daten sind schnell und einfach erhoben und sofort verfügbar.
Die Auflösung hängt von der genutzten Digitalkamera ab. Selbst das Smartphone kann genutzt werden, wenn sonst kein anderes Gerät zur Hand ist. Abhängig von der Flughöhe liegt die Auflösung meist im Bereich von wenigen Dezimetern je Pixel. Nicht jeder Getreidehalm ist dadurch sichtbar, aber die Qualität ist für die Optimierung der Bodenbeprobung vollkommen ausreichend. Eine Abhängigkeit von Dritten herrscht durch die Entfernung zum jeweiligen Flughafen und dessen vorliegender Terminplanung. Die Witterungsabhängigkeit besteht bei allen drei Methoden der Fernerkundung.
Schnell und einfach nutzbar
Bei einer standortspezifischen Bodenansprache haben Mischproben verschiedener Standortverhältnisse wenig Aussagekraft für die jeweiligen Nährstoffgehalte und pH-Werte. Die Beprobungspunkte oder -transecte müssen gezielt ausgewählt und mithilfe von Analysen genau beurteilt werden.
Durch den Blick von oben erscheinen Zusammenhänge des Standorts und Pflanzenwachstums oft klarer. Schon mit einer einfachen Bilddatei wird ein guter Überblick über die gesamte Fläche mit ihren spezifischen Phänomenen geliefert. Dabei ist der Zeitpunkt der Aufnahme entscheidend. Um Bodenunterschiede am besten zu erkennen, sollte das Feld nach der Ernte oder der Bearbeitung fotografiert werden. Das Luftbild vom September 2020 zeigt eine abgeerntete Fläche mit freiliegendem Boden. Auf den ersten Blick fallen die verschiedenen, bräunlichen Verfärbungen auf. Anhand von markanten Punkten in der Landschaft wie Bäumen oder Söllen (sog. landmarks) ist bereits eine grobe Orientierung für die Feldbegehung und -beprobung möglich. Somit ist die Luftbildauswertung direkt umsetzbar, kann aber durch weiterführende Computerarbeit vertieft werden.
Ein Beispiel zur Veranschaulichung
Die Projektion der originalen Aufnahme in ihren realen Standort mit dessen Koordinaten wird Georeferenzierung genannt. Die Luftbilder können mit einem Geoinformationssystem (kurz GIS) georeferenziert und dann auch in eine Ackerschlagkartei importiert werden. Der Winkel der Aufnahme und Reliefunterschiede bestimmen die Genauigkeit und Qualität der Georeferenzierung. Bei der computergestützten Verarbeitung von Luftbildern muss daher daran gedacht werden, dass es sich um Schrägaufnahmen handelt. Auf dem georeferenzierten Bild sind Phänomene besser verortbar und direkt über GPS nutzbar. Bereits einem außenstehenden Betrachter fallen die unterschiedlichen, bräunlichen Verfärbungen auf der Fläche deutlich auf.
Das geschulte Auge identifiziert diese Phänomene als voneinander abweichende Bodenarten und Humusgehalte und erkennt darüber hinaus standortspezifische Strukturen. Vor allem um die Landschaftselemente herum finden sich dunklere Bereiche. Sie sind sehr wahrscheinlich von einem höheren Humusgehalt und abweichende Bodenfeuchteregime geprägt. Der linke Teil des Feldes erscheint homogen. In der Mitte sind bräunliche Flecken verteilt, die durch heterogene Bodenarten entstehen. Ganz rechts befinden sich helle, gelbliche Stellen, welche auf einen eher sandig- lehmigen Boden hindeuten.
Die Interpretation der Phänomene sollte am besten mit Fachpersonal durchgeführt werden, welches die Fläche gut kennt und gesammelte Erfahrungen auf dem Luftbild identifiziert. Allein durch diese visuelle Beobachtung können Bereiche abgegrenzt und Beganglinien für eine anschließende Überprüfung erkannter Phänomene vor Ort festgelegt werden (sog. Ground Truthing).
In unserem Beispiel müssen aufgrund der Flächengröße mindestens 16 Bodenproben genommen werden. Je genauer die Punkte auf die Phänomene abgestimmt sind, desto exakter wird das Feld analysiert. Da mit zunehmender Probenanzahl auch die Kosten für die Laboranalyse steigen, muss die Relevanz erkannter Phänomene für das Flächenmanagement abgeschätzt werden. Zum Beispiel bleibt der dunkle Bereich bei Punkt 2 und 5 unberücksichtigt. Im Vergleich zur Gesamtfläche sind es kleinstrukturierte Erscheinungen, welche die Mischprobe verfälschen würden, flächenmäßig aber nicht ins Gewicht fallen. Punkt 9 und 14 fokussieren dafür die größeren, humosen Flächen. Durch die Georeferenzierung sind die festgelegten Punkte auf ein GPS-fähiges Gerät übertragbar. Die eingezeichneten Beganglinien bilden die Vorlage für die anschließende gezielte Bodenprobenentnahme. Die Ergebnisse der Laboranalyse sind sehr wahrscheinlich standortspezifischer und für das weitere Flächenmanagement nutzbar.
FAZIT
Die Erstellung von Luftbildern ist eine Digitalisierungsstrategie mit einem breit gefächerten Wirkungspotenzial. Die Bodenprobenoptimierung ist dabei nur ein Aspekt der großen Anwendungspalette. Im Rahmen des Forschungsprojektes AgriSens werden Umsetzungsbeispiele und Schulungsangebote für die landwirtschaftliche Praxis im Bereich der Luftbildarbeit und Georeferenzierung entwickelt. Im Laufe der Zeit berichten wir in Artikeln der Bauernzeitung über weitere Arbeitsziele und Ergebnisse.