KBV Havelland: Kritisch und kontrovers

Trotz Corona fand die alljährliche Zusammenkunft des Kreisbauernverbandes Havelland traditionell im MAFZ Erlebnispark statt, diesmal aber unter speziellen Vorkehrungen. (c) Wolfgang Herklotz
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Die Mitgliederversammlung des Kreisbauernverbandes Havelland fand traditionell in Paaren statt – mit begrenzter Zahl an Teilnehmern vor Ort und einem umso größeren Kreis an Online-Nutzern.

Von Wolfgang Herklotz

Ein Blick zurück und nach vorn: Im Havelland lagen die Ernteergebnisse 2020 deutlich über denen der Dürrejahre 2018 und 2019. Die Niederschlagssumme war von den langjährigen Durchschnittswerten aber noch weit entfernt. „Deshalb müssen wir unsere Gräben und Wehre weiterhin gut pflegen, denn es wird auch wieder nasse Jahre geben“, mahnte Dirk Peters, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes (KBV) Havelland, auf der Mitgliederversammlung des Verbandes am Donnerstag vergangener Woche in Paaren. Trotz Corona fand die alljährliche Zusammenkunft traditionell im MAFZ Erlebnispark statt, diesmal aber unter speziellen Vorkehrungen. Lediglich 50 Mitglieder und Gäste waren nach vorheriger Anmeldung zugelassen, die an separaten Tischen mit dem Mindestabstand Platz nahmen. Sobald dieser verlassen wurde, war Mundschutz zu tragen. Woran sich alle Beteiligten hielten.

per Livestream dabei

Die Zahl der Versammlungsteilnehmer lag jedoch weitaus höher. Denn via Computer, Tablet oder Smartphone konnte das Geschehen im Saal mitverfolgt werden. Ein in Potsdam ansässiges und auf Veranstaltungstechnik spezialisiertes Unternehmen organisierte den sogenannten Livestream. Dieser bot die Möglichkeit, sich auch außerhalb des Raumes an der Diskussion zu beteiligen und über den Geschäfts- sowie Finanzbericht mit abzustimmen. „Dieses neue Format machte es möglich, trotz Pandemie durchzusetzen, was uns die Satzung vorgibt“, so Johannes Funke, Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes. Zum Veranstaltungskonzept gehörten zahlreiche Mikrofone im Podium und im Saal, die nach jedem Gebrauch desinfiziert wurden.


(c) Wolfgang Herklotz

Großer Aufwand in Corona-Zeiten

Der KBV hatte an seine Mitglieder einen Link verschickt, der einen Zugang zum Livestream ermöglichte. Für die technische Umsetzung sorgten vor Ort Mitarbeiter der Agentur Olé Eventtechnik. Sie registrierten mehr als 200 Klicks. Fragen und Kommentare kamen während der Versammlung über eine eigens eingerichtete WhatsApp-Gruppe. Die Aufzeichnung ist auf www.kbv-havelland.de zu sehen.


Im Bericht des KBV Havellands ging es um aktuelle Sorgen der Landwirte, so die vorgesehenen Abstandsregelungen beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Wenn bei Gewässern 1. und 2. Ordnung jeweils links und rechts ein Streifen von zehn Metern stillgelegt werden soll, dann fallen allein im Landkreis 4.400 Hektar aus der Bewirtschaftung komplett raus, rechnete Dirk Peters vor. „Anders gesagt: Fünf Prozent unserer Flächen dürften dann keinen Ertrag und keinen Umsatz mehr liefern!“

Deutliches Unverständnis äußerte der Verbandsvorsitzende ebenso über die Insektenschutzverordnung und den in Brandenburg erfolgten Dialog. Über Inhalte könne und müsse man diskutieren, so Peters. „Was mich aber maßlos ärgert, sind die teilweise praxisfremden Formulierungen. Zweifellos können Pflanzenschutzmittel bei unsachgemäßer Anwendung viel Schaden anrichten, aber warum haben denn unsere Landwirte Sachkundenachweise, die noch dazu periodisch erneuert werden müssen?“

Verleihung Ehrenmedaille des KBV Havelland überreichte LBV-Präsident Henrik Wendorff (r.) an Uwe Bublitz und Detlef Wacker (nicht im Bild).
Die Ehrenmedaille des Verbandes überreichte LBV-Präsident Henrik Wendorff (r.) an Uwe Bublitz und Detlef Wacker (nicht im Bild). (c) Wolfgang Herklotz

KBV Havelland: Ärger über Kompromisse

Zu den besonders betroffenen Betrieben, die im Naturschutzgebiet Westhavelland schon unter eingeschränkten Bedingungen wirtschaften, gehört die Agrargenossenschaft Gülpe. „Nun werden wir noch mehr beschnitten, dürfen auf 800 Hektar weder düngen noch spritzen. Das ist ein Fußtritt für uns Landwirte und ein Fußtritt für die Eigentümer der Flächen, die damit entwertet werden!“

Es sind Kompromisse, die beim Insektendialog beider Initiativen erzielt wurden, warb Henrik Wendorff, Präsident des Landesbauernverbandes, um Verständnis. „Unser gemeinsames Ziel war es, ein Volksbegehren zu verhindern, das zu noch heftigeren Brüchen zwischen den Landnutzern und den Naturschützern geführt hätte.“ Nun brauche es vernünftige Ausgleichsregelungen. „Dafür müssen Gelder bereitgestellt werden.“ Für Gregor Beyer vom Forum Natur Brandenburg geht es jetzt in die „Niederungen der Umsetzung“. „Wir haben mehr erreicht als alle bisherigen Initiativen. Ich jedenfalls vertraue all jenen, die ihre Unterschrift unter die Vereinbarung gesetzt haben!“

Lebendig, weil kritisch wie kontrovers, war die Diskussion. Zur Milchpreismisere gab Sven Balmer, Vorstand des Wasser- und Bodenverbandes, zu bedenken, dass einfach zu viel Milch produziert werde. „Wo soll da ein höherer Preis herkommen? Man kann doch ökonomische Gesetze nicht einfach außer Kraft setzen!“ Für Uwe Bublitz vom Wachower Agrar betrieb wird auch ein intensiverer Dialog mit dem Verbraucher nicht dazu führen, dass dieser mehr Geld für die Milch ausgibt. „Wir brauchen ein regulierendes Lieferrecht, das flexibel auf Angebot und Nachfrage reagiert!“

Blühendes Grünland

Zu Wort meldete sich ebenso Bei-geordneter Dr. Henning Kellner, in dessen Verantwortungsbereich Landwirtschaft und Umwelt fallen. Er glaube nicht, dass es im Havelland auch nur einen Landwirt gebe, der „aus Jux und Dallerei“ Pflanzenschutzmittel einsetze. Kellner erneuerte seinen Vorschlag: „Statt kostbares Ackerland zu beanspruchen, sollte das reichlich vorhandene Grünland für Blühstreifen genutzt werden. Leider ging da bisher kein Weg rein.“ LBV-Ehrenpräsident Udo Folgart und die Kreistagsabgeordnete Stefanie Peters würdigten das Engagement des langjährigen Dezernatsleiters, der kurz vor dem Ruhestand steht und vom Kreisbauernverband geehrt wurde. Mehr denn je brauchen die Betriebe Planungssicherheit. Können sie weiter mit Beihilfen rechnen, um ihr Einkommen zu stabilisieren? Die Grundmechanik der Agrarförderung wird bleiben, aber verstärkt an Umweltmaßnahmen gebunden, versicherte Udo Hemmerling, stellvertretender Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes. Er gab Einblicke in den Diskussionsstand um die Gemeinsame Agrarpolitik der EU. Am Vortag hatten sich die Agrarminister der Länder ergebnislos vertagt. „Aus meiner Sicht ist eine Einigung greifbar nahe“, erklärte Sylvia Bender, Staatssekretärin im Agrarministerium. Im Fokus der Landesregierung stehe, einen Abfluss der Mittel aus Brandenburg zu verhindern. Wichtig sei, Akzeptanz für Agrarpolitik in der Gesellschaft zu finden. „Wir müssen wie beim Insekten-Dialog mehr aufeinander zugehen.“ Seine Sorgen seien nach diesen Auskünften nicht kleiner geworden, betonte Verbandsvorsitzen-der Dirk Peters abschließend. „Wir nehmen Sie beim Wort, Frau Bender, dass es bei den Fördergeldern für Brandenburg bleibt!“