Servicetechniker für Landmaschinen: Ohne die Spezialisten läuft nichts
Zwischen Geselle und Meister gibt es in Landmaschinenfachbetrieben noch eine spezielle Qualifikation, den Servicetechniker. Wir stellen solch eine Fachkraft aus Südvorpommern vor.
Kevin Drusendahl begann im August 2014 am Standort Rollwitz der damaligen Agram Landtechnik den Beruf Land- und Baumaschinenmechatroniker zu lernen. Nach kurzer Pause schloss sich die Weiterbildung zum Servicetechniker an und er hat sich dann auf das Advanced Farming System (AFS) und die Mähdrescher von Case IH, der Hauptmarke am Standort, spezialisiert. Seine Abschlussurkunde ist von Februar 2018. „Das passte gut, denn der bisherige Spezialist ist jetzt unser Meister. Mir gefällt auch die Kombination von Elektronik, Hydraulik und der Arbeit mit dem Schraubenschlüssel“, so der junge Mann. „Gut fand ich den Mähdrescherkurs am Deutschland-Standort von Case in Heilbronn. Der Austausch mit anderen Teilnehmern dort war auch wichtig.“
Spezielle Weiterbildung muss sein
Nun hängt ein anderes Schild über den 1996 neu gebauten Gebäuden in Rollwitz: Titan Machinery. Niederlassungsleiter Marten Günther erklärt: „Wir haben in der Werkstatt zwei Auszubildende, fünf Servicetechniker, einen versierten Landwirt und den Meister.
Für die viele moderne Technik ist es sinnvoll, wenn sich die Gesellen nach der Berufsausbildung weiter qualifizieren.“ Der 40-Jährige leitet die Filiale seit Mai 2020, vorher war er im Verkauf tätig. Die Qualifikation zum Servicetechniker kostet Geld, zuerst für die Kurse und dann auch bei der Entlohnung. Aber letztendlich zahlt sich das aus, nur mit mehr technischem und mehr produktspezifischem Wissen können die Mitarbeiter:
- die Maschinen beim Kunden erklären und in Betrieb nehmen,
- am Telefon oder vom Rechner im Büro aus bei Problemen Hilfe geben und
- bei Schäden vor Ort oder in der Werkstatt schnell reparieren. Letztendlich sind die Servicetechniker auch Voraussetzung für den Status als A-Händler.
Mit dem richtigen Ersatzteil losfahren
Kevin Drusendahl hat ein Beispiel: „Ein Kunde rief an, dass sich bei vollem Drescherbunker die Schnecke zum Überladen nicht mehr einschalten lässt. Wir haben dann die Sicherung als Fehlerquelle ausgeschlossen. Damit war für mich ziemlich klar, dass ein Magnetventil defekt ist. Mit diesem im Auto bin ich losgefahren und bald konnte der Drescher wieder abbunkern“, so der 23-jährige Servicetechniker stolz.
„Solche Mitarbeiter könnten wir noch zwei gebrauchen“, berichtet Marten Günther. „Auch im Winter haben wir – neben dem Zeitausgleich vom Sommer – gut zu tun. Die Vorbereitung der Technik für die neue Saison läuft, daneben laufen auch weitere Kurse für die Mitarbeiter.“ Aber auch in die neue Technik anderer Hersteller, die in den Titan-Deutschland-Filialen angeboten wird, müssen sich die Mitarbeiter einarbeiten. Die wichtigsten sind: Kuhn, Krone, Merlo, Schäffer, Dalbo, Rauch, Hawe und RMH.
Landwirt Martin Mandelkow aus Bandelow, ganz im Norden von Brandenburg, bewirtschaftet den Hof der Familie, den sie 1991 rückübertragen bekommen hat. Die Zeit von der Enteignung 1953 bis zur Wende verbrachte die Familie in Hessen. Nach dem Start als Ackerbaubetrieb mit heute 650 ha bewirtschafteter Fläche kam ab dem Jahr 2000 die Schweinemast dazu. Es begann mit 1.000 Tierplätzen, heute sind es 4.000 Mastschweine, die in einem modernen Stall im Außenbereich stehen. „Wir haben konsequent auf einen Tierwohlstall gesetzt, das Futter mischen wir selbst mit eigenem Getreide“, so der Landwirt.
Landmaschinen: Starke Bindung zu bekannter Marke
Vier Case-Traktoren stehen auf seinem Hof. Die Verbundenheit zu der Marke entstand bei Mandelkows zu einer Zeit, als IHC in den 1970er-Jahren bei Traktoren die Nr. 1 in Deutschland war. Mit vielen Traktoren aus dem 1997 geschlossenen Werk in Neuss (Nordrhein-Westfalen) erreichten die roten Traktoren im Jahr 1975 einen Marktanteil von 22,6 Prozent. So einen großen Marktanteil erreichte 44 Jahre lang kein Hersteller wieder in Deutschland.
Seit 1994 bezieht Mandelkow seine Traktoren vom 20 km entfernten Händler in Rollwitz, Mecklenburg-Vorpommern. „Dort hat nicht nur der Name öfter gewechselt, ich habe viele Filialleiter und Verkäufer erlebt. Jetzt bemerke ich nach bewegten Zeiten wieder Kontinuität“, berichtet Martin Mandelkow.
Fortbildung zum Servicetechniker
Die Fortbildung zum Servicetechniker ist eine Aufstiegsmöglichkeit im Landmaschinenfachbetrieb. Im Gegensatz zum Meister, der sich vor allem um verwaltende Tätigkeiten von Personalführung über Ausbildung bis hin zur Garantieabwicklung kümmert, konzentriert sich der Servicetechniker voll auf die moderne Landtechnik.
Die Ausbildungsdauer beträgt 480 Stunden. Sie erfolgt in modularer Form, vorwiegend in der erntefreien Zeit in Kursstätten des Handwerks. Der Lehrgang schließt mit einer bundesweit anerkannten Prüfung bei der zuständigen Handwerkskammer.
Viele Fabrikate und Hersteller bieten speziell für diese Absolventen konzipierte Zusatzlehrgänge, mit denen man dann für das jeweilige Fabrikat zum Spezialisten wird. Damit bietet die Landtechnik-Branche – als eine der ganz wenigen – einen erweiterten Karriereplan, der das klassische Muster Ausbildung, Geselle, Meister erweitert und eine interessante Alternative für technisch versierte Mechatroniker bietet.
Konzipiert und eingeführt wurde diese Ausbildung vom Bundesverband LandBauTechnik, also dem Interessenverband der Land- und Baumaschinenhändler in Deutschland. Will sich ein Servicetechniker weiter zum Meister qualifizieren, werden die technischen Qualifikationen vom Servicetechniker komplett anerkannt, müssen also nicht mehr belegt werden.
Den Komfort will man nicht mehr missen
Demnächst soll sein nächster Optum geliefert werden. „Automatische Lenkung und Fernzugriff gehören heute dazu. Wenn man sich erst einmal an die automatische Lenkung gewöhnt hat, möchte man sie nicht mehr missen“, so der treue Nutzer von Case-Traktoren. „Damit kann man schon effektiver arbeiten, aber diese höhere Produktivität hat beim Kauf auch ihren Preis. Und man ist auf den Service angewiesen. Gut, dass der Servicetechniker die Lenkautomatik von seinem Rechner im Büro aus kalibrieren kann, da müssen wir keine Anfahrt bezahlen.“ Gut möglich, dass Kevin Drusendahl die Einweisung übernimmt. Gewiss hat der neue Traktor ein paar Neuheiten gegenüber dem jüngsten auf dem Hof des Landwirts.
„Mein Onkel ist Schlosser, wir warten und reparieren also manches selbst. Bei der Elektronik aber sind wir auf die Spezialisten angewiesen.“ Außerdem behält Martin Mandelkow einen Traktor selbst in Reserve. „Es lohnt für beide Seiten, wenn ich eine Durchsicht im Winter etwas vorziehe. Mindestens für den Frühbezug von Ersatzteilen gibt es etwas Rabatt.“ Bei einem defekten Steuergerät hat der Landwirt mit der Reparatur bis in den Winter gewartet. „Wir brauchten es kaum, und für einen kostengünstigeren Werkstattaufenthalt kann man im Sommer auch mal absteigen und einen Hydraulikschlauch umstecken“, sagt Mandelkow abschließend lächelnd.