Hack- und Striegeltag: Verschütten und entwurzeln
Mechanische Unkrautbekämpfung ist in aller Munde. Auf dem Hack- und Striegeltag des Bauernverbandes Brandenburg wurde auf dem Acker vorgeführt, berichtet und diskutiert.
Von Julian Delbrügge, ILU
Endlich! Das dachten sich wohl viele der Landwirte, als sie am 6. Mai den Hack- und Striegeltag besuchten. Endlich eine Präsenzveranstaltung in diesen Pandemiezeiten. Ein Hygienekonzept – wie ein Coronatest am Eingang – machte es möglich, dass rund 50 Männer und Frauen auf dem AWO Reha-Gut Kemlitz im Süden Brandenburgs zusammenkamen.
Organisiert wurde diese Fachveranstaltung vom Landesbauernverband Brandenburg (LBV) unter dem Label „Landwirtschaft im Dialog“, eine Kooperation mit der Koordinierungsstelle forschungsbasiertes Versuchswesen mit Sitz im Institut für Lebensmittel- und Umweltforschung (ILU).
Ziel ist, Brandenburger Bauern gezielt Fachwissen anzubieten, wie zum Hacken und Striegeln. Zum Thema informierte eine Posterausstellung mit Beiträgen vom LBV, der Koordinierungsstelle, der Hochschule Eberswalde (HNEE) und dem Julius-Kühn-Institut (JKI). Zudem referierten Karin Krüger vom Landesamt für Ländliche Entwicklung (LELF) und Katrin Ewert vom Thüringer Landesamt (TLL-LR) über Vergleiche von chemischer mit mechanischer Unkrautbekämpfung.
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Beide kamen zu einem ähnlichen Schluss: Die chemische Variante ist oft die erfolgreichere, aber in Trockenjahren verliert sie stark an Wirkung. Das Striegeln kann zum richtigen Zeitpunkt 35 Prozent und mehr der Ackerunkräuter beseitigen, aber die kombinierten Verfahren zeigen teils die überzeugendste Wirkung. Einen generellen Überblick über die Hack- und Striegelwirkung gab Maxie Grüter von der Koordinierungsstelle Versuchswesen (alle Vorträge können beim LBV angefragt werden).
Boden, Witterung und Zeitpunkt
In der ökologischen Landwirtschaft sind Hacken und Striegeln seit jeher Mittel der Unkrautbeseitigung. Da zunehmend Spritzmittel für den konventionellen Ackerbau nicht mehr neu zugelassen werden, muss sich auch diese Branche auf die, noch in den 1950ern erfolgreich angewandten Techniken zurückbesinnen. Das führt zu einem kleinen Nebeneffekt:
Da Biobauern und Konventionelle den Hack- und Striegeltag besuchten, bot sich ein Forum, auf dem sich beide Branchen austauschen konnten. Man kommt sich also näher.
Das Gut hatte seine Flächen für die praktischen Vorführungen zur Verfügung gestellt. Heiko Terno, einer der Guts-Geschäftsführer und LBV-Vizepräsident, steuerte die Gruppe der Interessierten mithilfe eines Megafons über die Ackerflächen.
Der Sinn von Striegeln und Hacken: Keimendes Unkraut wird in erster Linie verschüttet und in Teilen herausgerissen. Ein möglichst krümeliger, also schüttfähiger Boden ist hilfreich, weshalb nicht auf jedem Boden erfolgreich gestriegelt und gehackt werden kann.
Dazu kommt: Nur kleine Unkrautpflänzchen lassen sich gut verschütten oder entwurzeln. Wer striegelt, startet also früh im Jahr. Somit kann das sogenannte Blindstriegeln sinnvoll sein, bei dem noch vor Auflaufen der Kultur die aufkommenden Unkräuter beseitigt werden. Besonders Leguminosen, die länger brauchen, um sich gegen Konkurrenzvegetation durchzusetzen, sind dankbar für diesen Eingriff.
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Hack- und Striegeltag: Im Erdstrom ausschmeißen
Boden, Witterung, Zeitpunkt und Kultur beeinflussen ebenso den Erfolg. Das führt zu einer entscheidenden Erkenntnis, die so auch mehrfach auf der LBV-Veranstaltung gezogen wurde, wie von Robert Winter vom Agrartechnik Vertrieb Sachsen: „Das müssen wir lernen; wir müssen uns bei der mechanischen Arbeit auf jedes Feld einstellen.“ Jeder Betrieb braucht also seine individuelle Lösung, um die eigenen Felder mit den mechanischen Möglichkeiten unkrautarm zu bekommen.
Dabei kann die Strategie für jedes Feld eine andere sein, wie die beim Hafer, der ersten Station der praktischen Vorführung: Dort wurden im Winter die Maisstoppeln gemulcht, später gegrubbert, der Hafer gedrillt und nun erstmals gestriegelt. Das Getreide stand mindestens in Dreiblattstadium auf dem Feld und überstand derart robust das Striegeln, auch wenn es selbst etwas verschüttet wurde.
Striegelsysteme
Fünf Striegelsysteme wurden vorgeführt: Das Gut Kemlitz striegelte mit dem betriebseigenen Einböck-Saatstriegel an einem John Deere 6155M. Maschine Nummer zwei kam vom Landmaschinenhändler Technische Werkstätten Langengrassau, ein Claas 650 Arion mit der CFS-Rollhacke Rotary Hoe. Für ein möglichst gutes Arbeitsergebnis gab Verkaufsberater Markus Kaiser direkt vom Start weg Gas. Bei 22 km/h ließen sich die „Unkräuter im Erdstrom ausschmeißen“, wie Kaiser erklärte.
Bis zu 25 km/h sind möglich, was eine gute Flächenleistung auch mit kleineren Geräten erlaubt. Relativ viele Beikräuter lagen nach dem Einsatz entwurzelt auf der Seite beziehungsweise waren verschüttet, einige standen jedoch unbeirrt in der Brandenburger Erde. Dieses Problem hatten alle. Auch die dritte Maschine, ein New Holland vom Händler Agrartechnik Vertrieb Sachsen, ließ mit den sechs Reihen Striegelzinken am Saatstriegel Horsch Cura 12 ST einige der bereits zu großen Kräuter stehen. Wie Heiko Terno mehrfach erwähnte, war man hier etwas zu spät dran.
Ein weiterer John Deere zog einen Einböck-Rollstriegel über das Feld. Die Striegel hatte Sebastian Kalff von der verantwortlichen Schlieper Landmaschinen GmbH aggressiver eingestellt und fuhr sie mit bis zu 12 km/h. Zinkendruck und Fahrgeschwindigkeit passend zu den Gegebenheiten einzustellen, bedarf Übung und Fingerspitzengefühl. Wichtig ist, dass die Kulturpflanze ausreichend etabliert ist, um die Beanspruchung durch den Striegel größtenteils wegzustecken. Einzelne Verluste gibt es immer. Es folgte abschließend ein Fendt 313 Vario mit einem Spike Rotoweeder 810.
Durch den Mais und die Erbsen ging es blind
Alle fünf Gespanne zeigten ihr Können auch beim Blindstriegeln im Mais und bei den Erbsen. Der Mais war aufgrund des kühlen Frühjahrs noch nicht aufgelaufen, weshalb dort leider die mechanische Regulierung in einer klassischen „Hackfrucht“ entfiel. In der Erbse sammelt das Gut gerade eigene Erfahrungen und lässt einen Streifen im Feld ohne jegliche Behandlung, setzt auf einem weiteren chemischen Mittel und auf einem dritten nur den Striegel ein.
Am Vorführtag stand der erste Striegelgang an, für die Erbsen zum richtigen Zeitpunkt: Sie waren fest verwurzelt, hatten sich noch nicht verrankt, und die Unkräuter waren klein genug, um gut ausgerissen zu werden. Einen Erfahrungswert aus der Vorführung zog Heiko Terno: Es sei besser, die Erbse nachmittags bei hohen Tagestemperaturen zu striegeln, wenn die Kultur schlaffer und elastischer gegen Beschädigung sei.
Fragte man Besucher der Veranstaltung, zeigten sich alle der mechanischen Technik aufgeschlossen. Doch manch einer fühlt sich auch unter Druck gesetzt, angesichts wegfallender chemischer Lösungen: Man werde dadurch etwas gezwungen, mechanische Varianten zu kaufen, was eben immer Geld koste, so Besucher. Natürlich gibt es Fördermöglichkeiten, doch die Branche freut sich sicher über mehr fachliche Fortbildung. Der Hack- und Striegeltag zeigte es. Das ist womöglich wertvoller als Finanzmittel.